Berufsgeheimnisschutz für Unternehmensjuristinnen in greifbarer Nähe
Nach jahrelangen, erfolglosen Versuchen ist die Einführung eines Berufsgeheimnisschutzes für Unternehmensjuristen im Rahmen der Revision der Zivilprozessordnung heute so weit fortgeschritten wie noch nie. Die Wirtschaft steht geschlossen hinter diesem Anliegen und bevorzugt die Fassung des Nationalrats.
Ein wichtiges Element der laufenden Revision der Zivilprozessrechtsordnung ist ein prozessualer Geheimnisschutz für Unternehmensjuristinnen (Legal Professional Privilege). Heute fehlt ein solcher Schutz in der Schweiz. Das macht unsere Unternehmen angreifbar und stellt einen grossen Standortnachteil für die Schweiz dar. In ausländischen Gerichtsverfahren können Schweizer Unternehmen aktuell vom ausländischen Gericht noch gezwungen werden, Geheimnisse preiszugeben. Sie können sogar missbräuchlich dazu gezwungen werden.
Das Parlament hat daher zu Recht erkannt, dass es einen gesetzlichen Geheimnisschutz braucht, um unsere Unternehmen zu schützen. Eine Einführung ist überfällig, zumal zahlreiche andere Länder, darunter Deutschland, die Niederlande, Belgien und Spanien diesen schon längst eingeführt haben.
In der aktuellen Beratung im Ständerat war die grundsätzliche Einführung des Berufsgeheimnisschutzes denn auch nicht umstritten. Der Ständerat hat aber an der Version seiner vorberatenden Kommission festgehalten, welche unnötig komplizierte Sonderregeln im Zivilprozess vorsieht, wenn ein Unternehmen das Berufsgeheimnis seiner Unternehmensjuristen geltend machen will.
Version Nationalrat bringt mehr Rechtsklarheit
Die am 12. September 2022 im Ständerat im Rahmen der Differenzbereinigung beratene Regelung stellte somit bereits einen Kompromiss dar. Der Ständerat hatte dem Nationalrat ursprünglich eine Alternative zur Fassung des Bundesrats vorgeschlagen und der Nationalrat ist dieser im Grundsatz gefolgt. Er hat aber seinerseits Verbesserungen vorgenommen und unter anderem die vom Ständerat vorgeschlagenen Sonderregeln bei der Geltendmachung des Geheimnisschutzes gestrichen. Auch wenn der Ständerat weiterhin solche Regeln in die Prozessordnung einbauen will, sollten die Rechtskommission des Nationalrats und das Plenum an ihren Verbesserungen umfassend festhalten und insbesondere auf verwirrliche Sonderregeln verzichten.
Die Vorlage wird voraussichtlich schon bald wieder in der Rechtskommission des Nationalrats beraten werden. Die Revision der eidgenössischen Zivilprozessordnung nähert sich damit ihrem Abschluss und die Einführung eines Berufsgeheimnisschutzes für Unternehmensjuristinnen und -juristen in die schweizerische Rechtsordnung rückt in greifbare Nähe. Es bleibt im Sinne der Rechtssicherheit unserer Unternehmen zu hoffen, dass der Nationalrat an seiner Version festhält und sich diese am Ende durchsetzen wird.