Beziehungen Schweiz-EU: Es ist Zeit, jetzt zu handeln
- Einleitung Das Wichtigste in Kürze | Position economiesuisse
- Kapitel 1 Strategische Ausgangslage der Schweiz in der Europapolitik
- Kapitel 2 Europapolitische Blockade schadet der Wirtschaft
- Kapitel 3 Gemeinsame wirtschaftliche Interessen der Schweiz und der EU
- Kapitel 4 Massnahmen der Schweiz zur Minimierung des wirtschaftlichen Schadens
- Kapitel 5 Nach dem Verhandlungsabbruch: Konkrete Forderungen der Wirtschaft
Massnahmen der Schweiz zur Minimierung des wirtschaftlichen Schadens
Börsenäquivalenz
Da die EU die Schweizer Börsenregulierung noch immer nicht als gleichwertig anerkennt und die Notverordnung zum Schutz der Schweizer Börseninfrastruktur auf Ende Jahr 2022 ausläuft, hat der Bundesrat am 17. November 2021 beschlossen, diese um ein halbes Jahr zu verlängern und in ein ordentliches Gesetz zu überführen.
Mit der Schutzmassnahme hat der Bundesrat das gesteckte Ziel einer Wahrung der Funktionsweise des Schweizer Kapitalmarktes bislang erreicht. Die Wirtschaft unterstützte dieses Vorgehen. Aus Sicht der Finanzwirtschaft muss das strategische Ziel allerdings weiterhin die unbefristete Äquivalenzanerkennung der Schweizer Börsenregulierung durch die EU-Kommission sein. Die Schweiz erfüllt diesbezüglich alle technischen Voraussetzungen.
Medizinprodukte
Als Gegenmassnahme zum Beschluss der EU-Kommission vom 26. Mai 2021, Schweizer Medizinprodukte fortan nicht mehr als gleichwertig anzuerkennen (Drittstaatenregelung), hat der Bundesrat seinerseits die Schweizer Medizinprodukteverordnung MepV geändert. Damit sollte die Versorgungssicherheit und Marktüberwachung im Bereich der Medizinprodukte in der Schweiz gewährleistet werden. Der Bundesrat hatte jedoch das von der EU übernommene Recht (MDR) noch zusätzlich verschärft (Swiss Finish). Dadurch wurden hohe Importhürden für ausländische Hersteller aufgestellt.
Die Wirtschaft lehnte dies klar ab: Die Ersatzmassnahmen im Bereich der Medizinprodukte und insbesondere der Swiss Finish verstossen gegen das MRA, sind nicht zielführend und teilweise gar kontraproduktiv. Ende 2021 konnte mit der Branche eine pragmatische Lösung gefunden werden. Dies hilft nicht nur der einheimischen Medtech-Industrie, sondern auch der Gesundheitsversorgung in der Schweiz.
Kohäsionsbeitrag
Die Freigabe des zweiten Kohäsionsbeitrags wurde seitens der EU-Kommission als Voraussetzung für eine Aufnahme von Verhandlungen über eine Teilnahme der Schweiz an Horizon Europe genannt. Durch die Freigabe des bereits 2019 verabschiedeten Kohäsionsbeitrags ohne Auflagen hat die Schweiz die Spirale der Verknüpfung sachfremder Themen in der Europapolitik zu durchbrechen versucht. Der Bundesrat hat das dazugehörige Memorandum of Understanding mit der EU am 24. November 2021 genehmigt. Die Wirtschaft unterstützt dieses Vorgehen.
Die erhoffte Deblockierung der Schweizer Assoziierung am europäischen Forschungsrahmenprogramm Horizon Europe ist bisher jedoch ausgeblieben.
Horizon Europe
Der Bundesrat hat am 17. September 2021 beschlossen, Übergangsmassnahmen bis zur angestrebten Assoziierung der Schweiz einzuleiten. Sie involvieren den Schweizer Nationalfonds, Innosuisse, die Europäische Weltraumorganisation ESA und weitere Akteure. Die geplanten Übergangsmassnahmen wurden dem Parlament mit einer Nachmeldung zum Voranschlag 2022 in der Wintersession 2021 unterbreitet. Zudem hat der Bundesrat am 20. Oktober 2021 das Eidgenössische Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung beauftragt, die Finanzierung von Schweizer Teilnehmenden an den ihnen offenstehenden Teilen von Horizon Europe sicherzustellen. Weitere Ergänzungs- und Ersatzmassnahmen werden bis 2023 geprüft. Diese sollen dann greifen, wenn es der Schweiz nicht gelingen sollte, sich als Vollmitglied an Horizon Europe zu beteiligen.
Der Massnahmenplan und die zeitliche Abfolge werden von der Wirtschaft unterstützt. Die Massnahmen können aber Möglichkeiten, welche die Vollassoziierung den Forschenden und Unternehmen eines Landes vorbehält, nicht vollständig wettmachen. Deshalb bleibt die Assoziierung weiterhin das oberste Ziel.
Stromkrisenvorsorge
Am 1. Dezember 2021 haben die Penta-Länder (Belgien, Deutschland, Frankreich, Luxemburg, Niederlande, Österreich) mit der Schweiz ein Memorandum of Understanding zur Stromkrisenvorsorge unterzeichnet. Dadurch befindet sich die Schweiz in einer besseren Ausgangslage, um bei Lieferengpässen mit den Nachbarländern zusammenzuarbeiten, was positiv gewertet wird. Die Teilnahme am europäischen Strommarkt kann diese auf Krisensituationen beschränkte Zusammenarbeit aber nicht ersetzen.