Zwei Wege

Schweiz muss bei Nachhaltigkeitsregulierung mehr Eigenständigkeit zeigen

Das Wichtigste in Kürze:

  • Die Schweizer Wirtschaft unterstützt die Vorlage des Bundesrates zur Nachhaltigkeitsberichterstattung im Grundsatz, benötigt aber mehr Flexibilität.
  • Dies ist aktuell nicht der Fall, da der Entwurf des Bundesrats sich unnötigerweise zu stark an der EU orientiert, ohne die spezifischen Bedürfnisse der global tätigen Schweizer Wirtschaft zu berücksichtigen.
  • Es braucht daher eine international besser abgestimmte und flexible Regulierung, um die Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz zu sichern.

Nachhaltigkeit und deren Berichterstattung sind zentrale Themen für Schweizer Unternehmen. In einer globalisierten Welt steigen ökologische und soziale Anforderungen, wodurch unsere Unternehmen zunehmend nachhaltige Praktiken integrieren. Investoren und Konsumenten verlangen mehr Transparenz und Engagement, wodurch die Nachhaltigkeitsberichterstattung nicht nur gesetzlich erforderlich, sondern auch entscheidend für Reputation und Wettbewerbsfähigkeit ist.

Echte internationale Orientierung ist zwingend

Die Schweizer Wirtschaft braucht dafür eine eigenständige und gleichzeitig international abgestimmte Regulierung der Nachhaltigkeitsberichterstattung. Der Entwurf des Bundesrats zum Ausbau der bestehenden Regeln orientiert sich dabei zu stark an der formalistischen EU-Richtlinie zur Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD). Er berücksichtigt die spezifischen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen der Schweiz und die globale Ausrichtung vieler Schweizer Unternehmen unzureichend und stösst daher auf breite Ablehnung.

Unser Land darf seinen Spielraum im Bereich der Nachhaltigkeitsregulierung nicht dahingehend einschränken, dass es sich ausschliesslich an den EU-Vorgaben orientiert, zumal wir dazu auch nicht verpflichtet sind. Dies erfordert daher eine deutliche Überarbeitung des bundesrätlichen Entwurfs. Die Schweiz muss ihren regulatorischen Spielraum nutzen und sich an globalen Entwicklungen orientieren. Nur so können die besten Rahmenbedingungen für die global tätigen Unternehmen geschaffen werden.

Die Schweizer Wirtschaft ist stark global vernetzt. Viele Unternehmen sind weltweit tätig und müssen sich daher an internationale Standards halten können. Der Vorschlag des Bundesrates bringt hier nur eine scheinbare Flexibilität mit sich. Zwar soll es Unternehmen möglich sein, zwischen verschiedenen internationalen Standards zu wählen, doch die vorgeschlagene Verknüpfung des IFRS-Standards (vom International Sustainability Standards Board) mit den GRI-Vorgaben (Global Reporting Initiative) führt de facto zu einer Berichterstattung, die den EU-Standards (ESRS) wieder sehr nahekommt. Damit wird gleichzeitig ein international einzigartiges Swiss Finish geschaffen.

Die Entwicklungen der Nachhaltigkeitsregulierung erfolgen global

In den letzten Jahren hat die Nachhaltigkeitsregulierung weltweit an Bedeutung gewonnen. Länder wie das Vereinigte Königreich, Japan, Südkorea und die USA haben Rahmenwerke implementiert, die vor allem auf den internationalen Standards des International Sustainability Standards Board (ISSB) und den Empfehlungen der Task Force on Climate-related Financial Disclosures (TCFD) basieren. Diese Ansätze zeichnen sich durch ihre Flexibilität und Fokussierung auf die für Unternehmen wesentlichen Risiken und Chancen aus. Sie bieten den Unternehmen Wahlmöglichkeiten und zielen darauf ab, praxisnahe Lösungen für eine bessere Transparenz zu schaffen, ohne übermässigen regulatorischen Druck aufzubauen.

Es gibt einen Kern in der Nachhaltigkeitsregulierung, der allen genannten Ländern gemeinsam ist – wie die Berücksichtigung klimabezogener Risiken und die Förderung von Transparenz in den Lieferketten –, doch die Art und Weise, wie dieser Kern umgesetzt wird, variiert erheblich.

Die Schweiz ist keineswegs verpflichtet, dem formalistischen Weg der EU zu folgen und Regulierungen wie die Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD) zu übernehmen. Daran werden auch die Bilateralen III nichts ändern, weil die dynamische Rechtsübernahme klar limitiert ist. Vielmehr hat die Schweiz den Spielraum, einen flexibleren und praxisnäheren Ansatz zu wählen, der den Bedürfnissen ihrer global tätigen Wirtschaft gerecht wird und unnötige Bürokratie vermeidet. Diesen Spielraum muss sie aber auch nutzen.