Keine Kom­mer­zia­li­sie­rung des Schwei­zer Rechts

Der Bun­des­rat hat er­freu­li­cher­wei­se An­fang die­ses Jah­res die In­stru­men­te zum kol­lek­ti­ven Rechts­schutz aus dem Ent­wurf der Re­vi­si­on zur Zi­vil­pro­zess­ord­nung raus­ge­löst. Im No­vem­ber gab er nun be­kannt, einen se­pa­ra­ten Ge­set­zes­ent­wurf zu sol­chen «Sam­mel­kla­gen» bis Ende 2021 vor­stel­len zu wol­len. Dies wäre für das Er­folgs­mo­dell Schweiz gleich aus meh­re­ren Grün­den äus­serst schäd­lich.

An­fang De­zem­ber 2020 lud die Eid­ge­nös­si­sche Kom­mis­si­on für Kon­su­men­ten­fra­gen (EKK) zu einem run­den Tisch zum Thema kol­lek­ti­ver Rechts­schutz ein, bes­ser be­kannt unter dem Be­griff «Sam­mel­kla­gen». Dis­ku­tiert wurde über die Be­deu­tung des kol­lek­ti­ven Rechts­schut­zes und die Sinn­haf­tig­keit, in der Schweiz eine ent­spre­chen­de neue Re­ge­lung zu schaf­fen (EKK-Me­di­en­mit­tei­lung). Die Wirt­schaft hatte die bun­des­rät­li­chen Vor­schlä­ge zur Ein­füh­rung von In­stru­men­ten des kol­lek­ti­ven Rechts­schut­zes be­kämpft und hatte daher er­freut zur Kennt­nis ge­nom­men, dass diese aus dem Ent­wurf der Re­vi­si­on zur Zi­vil­pro­zess­ord­nung her­aus­ge­löst wor­den waren. 

Sam­mel­kla­gen dro­hen er­neut

Ge­mäss einem «NZZ»-Ar­ti­kel vom 7. No­vem­ber 2020 wird der Bun­des­rat bis Ende 2021 nun aber eine se­pa­ra­te Vor­la­ge zum kol­lek­ti­ven Rechts­schutz un­ter­brei­ten. Die Wirt­schaft lehnt eine sol­che Ein­füh­rung von In­stru­men­ten des kol­lek­ti­ven Rechts­schut­zes aus nach­fol­gen­den Grün­den ge­schlos­sen und ve­he­ment ab.

Das «Er­folgs­mo­dell Schweiz» hat Wohl­stand für das ganze Land ge­bracht. Ohne er­folg­rei­che Wirt­schaft gibt es keine Ar­beits­plät­ze, keine Steu­ern, keine funk­tio­nie­ren­de In­fra­struk­tur, keine So­zi­al­wer­ke und auch kei­nen Um­welt­schutz. Daher ist die­sem Er­folgs­mo­dell Sorge zu tra­gen. Teil die­ses Er­folgs­mo­dells ist auch eine aus­ge­wo­ge­ne Ge­setz­ge­bung, ge­ra­de im Pro­zess­recht. Diese soll grif­fi­ge In­stru­men­te für den Rechts­schutz aller an­bie­ten, aber nicht mit Feind­bil­dern und Ver­zer­run­gen ope­rie­ren. 

Es wäre daher falsch, Ge­set­ze wegen ein paar we­ni­gen schwei­ze­ri­schen Un­ter­neh­men zu er­las­sen, die sich un­kor­rekt ver­hal­ten. «Schwar­ze Scha­fe» gibt es nicht nur bei den Tie­ren, auch bei den Men­schen und den Un­ter­neh­men. Für die «schwar­zen Scha­fe» in der Schweiz gibt es eine straf­recht­li­che Hand­ha­be. Im Un­ter­schied zu an­de­ren Län­dern kennt die Schweiz näm­lich auch ein Un­ter­neh­mens­straf­recht. Hinzu kommt in zahl­rei­chen  Bran­chen das Auf­sichts­recht, um Miss­stän­de prä­ven­tiv zu ver­hin­dern. Nicht zu ver­ges­sen ist, dass die Schweiz ein sehr gut aus­ge­bau­tes Om­buds­sys­tem hat. Die­ses er­mög­licht, Strei­tig­kei­ten schnell, pro­fes­sio­nell und kos­ten­güns­tig zu re­geln. 

Kon­su­men­ten sit­zen oft am län­ge­ren Hebel

Am Wich­tigs­ten ist die För­de­rung der Ei­gen­ver­ant­wor­tung der Wirt­schafts­teil­neh­mer. Der Kon­su­ment hat viel mehr Macht, als uns von­sei­ten der Or­ga­ni­sa­tio­nen, die ve­he­ment In­stru­men­te des kol­lek­ti­ven Rechts­schut­zes for­dern, Glau­ben ma­chen ver­sucht wird. Un­ter­neh­men sind heute mehr denn je auf eine gute Re­pu­ta­ti­on an­ge­wie­sen. Man­che Bran­chen haben sich auch er­folg­reich in Selbst­re­gu­lie­rung or­ga­ni­siert. Kon­su­men­ten haben heute einen enor­men Wir­kungs­he­bel, indem sie Fehl­ver­hal­ten von Un­ter­neh­men öf­fent­lich ma­chen kön­nen. Man denke hier bei­spiels­wei­se an In­ter­net­platt­for­men, die Be­wer­tun­gen er­mög­li­chen, bei denen bis­wei­len eher die Un­ter­neh­men denn die Kon­su­men­ten zu schüt­zen sind.

Durch die Ein­füh­rung von In­stru­men­ten des kol­lek­ti­ven Rechts­schut­zes ins schwei­ze­ri­sche Rechts­sys­tem wür­den aber alle Un­ter­neh­men ins Vi­sier ge­nom­men und sähen sich mas­si­ven Haf­tungs­ri­si­ken ge­gen­über. Die dar­aus re­sul­tie­ren­den gra­vie­ren­den Nach­tei­le, wie die ge­ne­rel­le Er­hö­hung der Prei­se und das Miss­brauch­s­po­ten­zi­al zu­las­ten aller un­se­rer Un­ter­neh­men, wären für unser Wirt­schafts­sys­tem und unser Er­folgs­mo­dell Schweiz gra­vie­rend. Die Wirt­schaft setzt sich daher auch wei­ter­hin gegen die Ein­füh­rung un­er­prob­ter und art­frem­der Pro­zess­in­stru­men­te in unser Rechts­sys­tem und damit für die Ver­hin­de­rung der Kom­mer­zia­li­sie­rung un­se­res schwei­ze­ri­schen Rechts­sys­tems ein.