
EU entschlackt Nachhaltigkeitsregulierung – ein Wendepunkt auch für die Schweiz
Das Wichtigste in Kürze:
- Die EU-Kommission will mit dem Omnibus-Paket die Nachhaltigkeitsregulierung massiv verschlanken.
- Sie zeigt damit ihren Willen, pragmatische Lösungen für Unternehmen zu finden, ohne die Nachhaltigkeitsziele aufzugeben.
- Die Zukunft liegt auch in der Schweiz in einem ausgewogenen Verhältnis zwischen wirtschaftlicher Machbarkeit und verantwortungsvollem Handeln.
Im Rahmen des «European Green Deal» verfolgt die EU zahlreiche Nachhaltigkeitsziele. Die Stimmen nach weniger Bürokratie in der Umsetzung wurden aber immer lauter. Die Europäische Kommission hat diesen Ball nun aufgenommen und diesen Mittwoch mit dem sogenannten «Omnibus»-Paket ein klares Signal gesendet: Unternehmen sollen von übermässiger Bürokratie im Bereich Nachhaltigkeitsregulierung entlastet werden. Mit diesem Schritt zeigt die EU, dass sie die Zeichen der Zeit erkannt hat und in einem bisher von Überregulierung und politischem Wunschdenken geprägten Bereich eine Kurskorrektur vornimmt. Die Reformen bei der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) und der Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) haben weitreichende Folgen – nicht nur für europäische Unternehmen, sondern auch für die direkt oder indirekt betroffenen Unternehmen in der Schweiz und insbesondere die laufenden oder geplanten Gesetzesvorhaben in der Schweiz.
Weniger Bürokratie, mehr Effizienz – die Kernpunkte des EU-Omnibus-Vorschlags
Die neuen Massnahmen zielen darauf ab, Nachhaltigkeitsvorgaben wirtschaftsfreundlicher zu gestalten, ohne das ursprüngliche Ziel – den Schutz von Umwelt und Menschenrechten – zu gefährden. Zu den wichtigsten Erleichterungen gehört unter anderem ein stark reduzierter Anwendungsbereich: Rund 80 % der Unternehmen werden von der CSRD ausgenommen.
Wichtig ist auch die vorgesehen Vereinfachung der Sorgfaltspflichten, welche massiv ausfällt. Solche Pflichten sollen nur noch auf die direkten Geschäftspartner fokussieren und KMU und kleinere Unternehmen sollen dadurch entlastet werden, dass eine Begrenzung der von ihnen geforderten Informationen zur Lieferkettenanalyse vorgesehen wird.
Besonders bemerkenswert ist, dass die kontrovers diskutierten Haftungsbedingungen entfallen sollen und die Bussenhöhe stark angepasst wurde.
Abgerundet wird das Paket durch wesentliche Vereinfachungen beim CO₂-Grenzausgleichsmechanismus (CBAM).
Auswirkungen für die Nachhaltigkeitsberichterstattung in der Schweiz
Auch in der Schweiz sind umfangreiche Vorschriften zur Nachhaltigkeitsberichterstattung und Sorgfaltspflichten für Unternehmen in Arbeit. Der Bundesrat plant eine Anpassung der nicht-finanziellen Berichterstattung, die sich stark an der bisherigen EU-CSRD orientierte. Die entsprechende Vernehmlassung wurde im letzten Herbst abgeschlossen. economiesuisse hatte sich in einer umfangreichen Stellungnahme kritisch geäussert, da damals bereits feststand, dass die Regeln in der EU so nicht funktionierten.
Ein Wendepunkt in der Nachhaltigkeitsregulierung
Mit den neuen Omnibus-Vereinfachungen wird die Diskussion in der EU nochmals geöffnet und auch die Schweiz muss damit zwingend nochmals über die Bücher. Unsere Wirtschaft braucht eine global abgestimmte und gleichzeitig mit der EU kompatible Regulierung. Durch Überregulierung geschaffene Wettbewerbsnachteile müssen wir zwingend vermeiden. Die Diskussion in der EU hat mit der Präsentation der Omnibus-Regeln erst begonnen. Die Schweiz ist gut beraten einerseits innezuhalten, bis sich konkret zeigt, wie weit die Anpassungen auf Stufe EU effektiv gehen, andererseits aber ihre bestehende Regulierung kritisch zu hinterfragen.
Ein besonders kontroverses Thema dabei ist die neue Schweizer Konzernverantwortungsinitiative (neue KOVI), die für sich beansprucht, sich eng an die CSDDD der EU anzulehnen. Nun aber zeigt sich: die Initiative ist bereits vor ihrer Einreichung überholt.