Kosten

Sechs Rezepte gegen hohe Gesundheitskosten

Um den steigenden Gesundheitskosten und Prämien entgegenzuwirken, braucht es sinnvolle Reformen. Dabei gibt es eine Reihe wirksamer Rezepte, um die Kostenentwicklung einzudämmen, die Qualität der Leistungen zu fördern und gleichzeitig die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung sicherzustellen. Jetzt heisst es: anpacken!

Am 9. Juni 2024 haben Volk und Stände die Prämienentlastungsinitiative und die Kostenbremsen-Initiative abgelehnt. Die Botschaft der Stimmbürgerinnen und Stimmbürger ist klar: Nein zu Reformen, welche die Gesundheitsversorgung gefährden und zu noch mehr Umverteilung führen. Mit der Ablehnung der Initiativen können nun die indirekten Gegenvorschläge umgesetzt werden. «Reformen ja, aber ausgewogen», so könnte man den Abstimmungstag zusammenfassen.

Nur: Der Problemdruck der hohen Prämien bleibt bestehen. Wie können wir also Gesundheitskosten reduzieren? Sechs Rezepte, die wirken:

Erstens: Einheitliche Finanzierung der Leistungen

Die Finanzierung der Leistungen hat einen grossen Einfluss, nicht nur auf die Kostenbelastung, sondern auch auf die Kostenentwicklung. Deshalb sind Reformen bei der Finanzierung der Gesundheitsleistungen erfolgsversprechend. Im Herbst stimmen wir über die einheitliche Finanzierung von ambulanten und stationären Leistungen (EFAS) ab. Mit dieser Reform wird der Finanzierungsmechanismus verbessert. Es wird keine Fehlanreize mehr bei der Wahl zwischen ambulanter und stationärer Behandlung geben, allein die medizinische Notwendigkeit wird ausschlaggebend sein. Es ist ein wichtiger Schritt, doch es braucht mehr.

Zweitens: Kostensenkung Ja, aber nicht zulasten der Qualität

Heute wissen wir zwar genau, was uns das Krankenversicherungsgesetz (KVG) kostet. Aber was wir dafür bekommen, wissen wir viel zu ungenau. Es macht keinen Sinn, die Kosten zu senken ohne bei den gelieferten Leistungen genau hinzusehen. Denn bei den Leistungen ist die Qualität entscheidend. Grundsätzlich ist sie gut; aber das Niveau beispielsweise vom Jahr 1970 würde heute nicht mehr ausreichen. Wir brauchen deshalb eine konstante Entwicklung, um den Standard weiterzuentwickeln. Dazu braucht es erstens mehr Transparenz und zweitens Anreize in Form von höheren Tarifen für besonders gute Qualität. So können die Versicherten gute Leistungserbringer wählen und sorgen durch den Wettbewerb für eine bessere Leistung zu tieferen Kosten. Digitale Instrumente können dabei helfen, dass die geforderte Qualitätstransparenz nicht zu mehr Bürokratie führt.

Drittens: Höhere Kostenbeteiligung der Versicherten

Die Kostenbeteiligung wurde seit 2004 nicht mehr angepasst. Hier sind die Anreize zur Kosteneinsparung auf Seiten der Versicherten gesunken. Welcher Preis ist noch der gleiche wie vor 20 Jahren? Eine Erhöhung der Kostenbeteiligung ist längst überfällig. Da sich die Politik aber mit einer Erhöhung immer schwertut, muss ein Automatismus eingeführt werden. Die Koppelung der Kostenbeteiligung an die Kosten würde zumindest die Anreize zum Kostensparen konstant halten.

Viertens: Bessere Anreize zur integrierten Versorgung

Das Gesundheitssystem ist stark fragmentiert. Anreize zur Koordination bestehen vor allem bei den alternativen Versicherungsmodellen (AVM). Hier entfällt die freie Arztwahl. Die Krankenkassen wählen ihre Leistungserbringer (Ärzte) selber aus und können damit Kosten reduzieren. Die Versicherten hätten einen Anreiz ein AVM zu wählen, da diese von deutlich tieferen Prämien profitieren können. Zudem sollten Mehrjahresverträge im KVG generell zugelassen werden. Dies hilft nicht nur den Versicherungen Kosten zu sparen, sondern stärkt auch die Prävention und verbessert die Anreize bei den Wahlfranchisen.

Fünftens: Effizientere Spitalversorgung

Trotz grossem Strukturumbruch hin zur ambulanten Versorgung ist unsere stationäre Versorgung im internationalen Vergleich immer noch zu gross. Zusätzlich werden die stationären Leistungen an zu vielen Orten erbracht. Folge davon sind kostspielige Redundanzen in der Infrastruktur. In erster Linie behindern die Kantone die Strukturbereinigung, die mit der neuen Spitalfinanzierung angestrebt wurde. Das schwächt auch die gut aufgestellten Institutionen, weil Skaleneffekte nicht realisiert werden können. Neben einer Neuordnung der Verantwortlichkeiten zwischen Bund und Kantonen müssen auch die Spiesse zwischen privaten und öffentlichen Institutionen gleich lang sein. Die Tarife müssen so angepasst werden, dass sich die kostengünstigeren ambulanten Leistungen lohnen.

Sechstens: Leistungswettbewerb weiterentwickeln

Man muss nicht immer auf Reformen warten: Das Gesetz (KVG) bietet viel Spielraum für ein günstigeres, innovatives und transparentes Versorgungssystem: Qualitätsmassnahmen und Zielvereinbarungen sind möglich, innovative Tarifmodelle bei Alternativen Versicherungsmodellen (AVM) etc. Voraussetzung ist aber der Wille aller Beteiligten, das heutige System in Richtung Leistungswettbewerb weiterzuentwickeln und z.B. den teuren Kantönligeist zu überwinden. Nur so kann eine qualitativ gute Gesundheitsversorgung bezahlbar bleiben.

Vor diesem Hintergrund ist das Liebäugeln von SP und Mitte mit einer Einheitskasse unverständlich. Denn alles ist teuer, wenn es im Monopol erbracht wird. Die Einheitskasse führt zu hohen Kosten und schlechter Versorgung. Ein qualitätsorientierter Leistungswettbewerb hingegen kann genau das bringen, was wir vom Gesundheitswesen erwarten, nämlich gute Qualität zu vernünftigen Kosten.