Schwei­zer Wirt­schaft nimmt Fahrt auf

Ge­trie­ben von einer so­li­den Ent­wick­lung der aus­län­di­schen Märk­te und einer Ab­schwä­chung des Schwei­zer Fran­kens legt die Schwei­zer In­dus­trie deut­lich zu und zieht die Kon­junk­tur mit. Die Ent­wick­lung des Bin­nen­mark­tes hin­ge­gen ver­läuft nicht par­al­lel: Wäh­rend etwa die Ver­si­che­rungs­wirt­schaft und das Ge­sund­heits­we­sen wei­ter­hin auf Wachs­tums­kurs sind, er­reicht das Bau­ge­wer­be den Zenit. eco­no­mie­su­is­se pro­gnos­ti­ziert ein Wachs­tum des Brut­to­in­land­pro­dukts (BIP) um 1,0 Pro­zent im lau­fen­den Jahr und ein Plus von 2,2 Pro­zent für 2018, wie Chef­öko­nom Ru­dolf Minsch heute vor den Me­di­en er­läu­ter­te.

Das An­zie­hen der Welt­kon­junk­tur ist der wich­tigs­te Wachs­tums­trei­ber für die Schwei­zer Wirt­schaft. Dies be­trifft vor allem das Wachs­tum in Eu­ro­pa, wo Deutsch­land wei­ter­hin als Lo­ko­mo­ti­ve wirkt und end­lich auch Län­der wie Frank­reich und Ita­li­en auf den Er­ho­lungs­kurs ein­ge­schwenkt sind. Die Er­ho­lung des Euros habe zwar auch po­si­ti­ve Men­gen­ef­fek­te, vor allem für den Schwei­zer Tou­ris­mus, er­klär­te Ru­dolf Minsch an der heu­ti­gen Kon­junk­tur­me­di­en­kon­fe­renz des Wirt­schafts­dach­ver­bands. «Noch wich­ti­ger je­doch ist, dass sich die Marge im Ex­port auf brei­ter Basis er­holt und vie­len Un­ter­neh­men wie­der eine hö­he­re In­ves­ti­ti­ons­tä­tig­keit er­laubt.» Der Schwei­zer Fran­ken sei ge­gen­über dem Euro zwar immer noch über­be­wer­tet, je­doch auf einem Ni­veau, mit dem die wert­schöp­fungs­in­ten­si­ve Schwei­zer Wirt­schaft um­ge­hen könne.

Ge­mäss Ru­dolf Minsch be­gin­nen sich die struk­tu­rel­len An­pas­sun­gen in der ge­sam­ten Wert­schöp­fungs­ket­te der Schwei­zer Ex­port­in­dus­trie nun aus­zu­zah­len: Ef­fi­zi­en­te­re Pro­zes­se, der Fokus auf wert­schöp­fungs­in­ten­si­ve Tä­tig­kei­ten und ein ri­gi­des Kos­ten­ma­nage­ment er­lau­ben es, von der wirt­schaft­li­chen Er­ho­lung zu pro­fi­tie­ren und gleich­zei­tig die In­no­va­ti­on wei­ter vor­an­zu­trei­ben. Ge­ra­de in der Ma­schi­nen­in­dus­trie, in der die Trend­wen­de be­reits im ers­ten Quar­tal 2017 ein­ge­setzt hat, ver­stärkt sich der Auf­schwung deut­lich. Auch die Uh­ren­in­dus­trie wächst in die­sem Jahr kräf­tig und ist vor­sich­tig op­ti­mis­tisch für 2018. In der Tex­til­in­dus­trie ver­zö­gert sich der Auf­schwung etwas und wird erst im nächs­ten Jahr ein­set­zen. Schliess­lich kann die Ho­tel­le­rie nach zwei sehr schwie­ri­gen Jah­ren wie­der deut­lich zu­le­gen und blickt auch po­si­tiv ins nächs­te Jahr. Die wich­tigs­te Wachs­tums­bran­che der Schweiz der ver­gan­ge­nen Jahre, die che­misch-phar­ma­zeu­ti­sche In­dus­trie, wird re­la­tiv un­be­ein­druckt von Wech­sel­kurs­än­de­run­gen wei­ter zu­le­gen.

Bin­nen­wirt­schaft: Bau hat den Zenit über­schrit­ten

Un­ter­schied­li­che Trends do­mi­nie­ren in den mehr­heit­lich bin­nen­wirt­schaft­lich ori­en­tier­ten Bran­chen: Wei­ter­hin mit einem ne­ga­ti­ven Trend kämp­fen Bran­chen wie der En­er­gie­sek­tor, die Te­le­kom­mu­ni­ka­ti­ons­in­dus­trie oder die Druck­in­dus­trie, deren Wert­schöp­fung struk­tu­rell be­dingt zu­rück­geht. Zwar hel­fen auch die­sen Bran­chen die po­si­ti­ven Kon­junk­tur­sti­mu­li, doch kön­nen diese den Trend nicht um­keh­ren. Dem­ge­gen­über pro­fi­tie­ren das Ge­sund­heits­we­sen und der Ver­sand­han­del von einem an­hal­tend po­si­ti­ven Trend. Eine sta­bi­le, aber mo­dera­te­re Ent­wick­lung ver­zeich­net die Fi­nanz­in­dus­trie, wobei die Ver­si­che­rungs­wirt­schaft 2018 etwas kräf­ti­ger als die Ban­ken­in­dus­trie zu­le­gen dürf­te. Wäh­rend sich das lau­fen­de Jahr für das Bau­haupt­ge­wer­be po­si­tiv ent­wi­ckelt, er­war­tet die Bran­che für 2018 einen leich­ten Wert­schöp­fungs­rück­gang, auch wenn das Bau­vo­lu­men im his­to­ri­schen Ver­gleich hoch bleibt. Dies wirkt sich erst ver­zö­gert auf das Bau­ne­ben­ge­wer­be aus. Die sin­ken­de Zu­wan­de­rung und stei­gen­de Leer­stands­zah­len be­las­ten die Preis­ent­wick­lung und sor­gen für eine Ab­schwä­chung der Wohn­bau­tä­tig­keit in der Schweiz. Dem­ge­gen­über wirkt sich die Be­le­bung der Kon­junk­tur po­si­tiv auf den ge­werb­li­chen Bau aus.

Ins­ge­samt ent­wi­ckelt sich die Bin­nen­wirt­schaft solid. No­mi­nal­lohn­zu­wäch­se in der Grös­sen­ord­nung von 0,8 Pro­zent, sin­ken­de Ar­beits­lo­sen­zah­len und all­ge­mein po­si­ti­ve­re Zu­kunfts­aus­sich­ten sti­mu­lie­ren den pri­va­ten Kon­sum, der etwas stär­ker zu­le­gen wird als in den Vor­jah­ren. Die auf­ge­hell­ten Kon­junk­tur­aus­sich­ten füh­ren auch zu hö­he­ren Aus­rüs­tungs­in­ves­ti­tio­nen.

Teue­rung im po­si­ti­ven Be­reich, sin­ken­de Ar­beits­lo­sig­keit

Nach zwei Jah­ren mit ne­ga­ti­ven In­fla­ti­ons­ra­ten er­hö­hen sich die Prei­se nun in die­sem (+0,5 Pro­zent) und nächs­ten Jahr (+0,4 Pro­zent) wie­der leicht. Der schwä­che­re Fran­ken lässt die Im­port­prei­se wie­der etwas an­stei­gen. Die Tiefst­zins­po­li­tik der Schwei­ze­ri­schen Na­tio­nal­bank führt aber bis auf Wei­te­res nicht zu in­fla­tio­nä­ren Ent­wick­lun­gen. eco­no­mie­su­is­se geht davon aus, dass die kurz­fris­ti­gen Zin­sen 2018 im ne­ga­ti­ven Be­reich ver­blei­ben und die Zins­wen­de erst 2019 ein­set­zen wird. Dank der guten kon­junk­tu­rel­len Lage wird die Ar­beits­lo­sig­keit im Jah­res­durch­schnitt 2018 erst­mals seit 2012 wie­der unter die Drei-Pro­zent-Marke sin­ken.

Ab­wärts­ri­si­ken auf­grund von Bla­sen­bil­dun­gen

Die von den gros­sen Zen­tral­ban­ken in den letz­ten Jah­ren be­trie­be­ne ultra-ex­pan­si­ve Geld­po­li­tik hat Ne­ben­wir­kun­gen in Form von Bla­sen­bil­dun­gen auf ver­schie­de­nen Märk­ten, die un­er­war­tet plat­zen und die Welt­kon­junk­tur in Mit­lei­den­schaft zie­hen könn­ten. So sind die Preis­stei­ge­run­gen der letz­ten Mo­na­te an den Ak­ti­en- und An­lei­hen­märk­ten kaum nach­hal­tig. Be­son­ders auf­se­hen­er­re­gend ist die Ent­wick­lung bei den di­gi­ta­len Wäh­run­gen, allen voran von Bit­co­in. Bei einer Trend­um­kehr wird sich zei­gen, in­wie­weit Non-bank- oder Near-Bank-In­sti­tu­tio­nen in der Lage sind, auch grös­se­re Ver­lus­te zu ab­sor­bie­ren und ob Ket­ten­re­ak­tio­nen im Fi­nanz­sys­tem aus­blei­ben. Die Tiefst­zins­po­li­tik hat auch die Ver­schul­dung von Un­ter­neh­men und der öf­fent­li­chen Hand wei­ter an­stei­gen las­sen. Im Kon­junk­tur­auf­schwung müss­te nun end­lich mit dem Abbau der Schul­den be­gon­nen wer­den, an­sons­ten sind die Ak­teu­re bei einem all­fäl­li­gen har­ten Ab­schwung nicht mehr hand­lungs­fä­hig. Schliess­lich ist auch der Schwei­zer Im­mo­bi­li­en­markt der­art hoch be­wer­tet, dass eine Zins­wen­de wei­te­re und grös­se­re Preis­kor­rek­tu­ren aus­lö­sen könn­te. In der ak­tu­el­len Pro­gno­se von eco­no­mie­su­is­se sind diese Ab­wärts­ri­si­ken je­doch nicht ein­ge­rech­net, da der Zeit­punkt eines Ein­tritts nicht vor­aus­ge­sagt wer­den kann. Auf­grund der wei­ter­hin ex­pan­si­ven Geld­po­li­tik und dem an­hal­ten­den An­la­ge­not­stand kön­nen sich die Un­gleich­ge­wich­te sogar noch wei­ter auf­bau­en.

tabelle