Der Dollar als Weltleitwährung: Das Spiel mit dem Feuer
Das Wichtigste in Kürze:
- Der Dollar ist als Weltleitwährung ein Privileg der USA – er senkt Zinsen und bringt Milliarden an Gratiseinnahmen.
- Das Weisse Haus möchte ausländische Gläubiger zur Kasse bitten, um den Dollar zu schwächen.
- Eine Nutzungsgebühr für US-Staatsanleihen wäre ein fataler Vertrauensbruch mit globalen Folgen.
Wir sind daran gewöhnt, fast täglich Nachrichten zu lesen, welchen ökonomischen Schabernack sich die Regierung Trump wieder ausgedacht hat. Am Anfang waren es Zölle. Als Drohmittel haben sie kurzfristig Wirkung, auch wenn sie langfristig allen schaden (Link). Nun aber spielt die Regierung Trump mit dem Feuer: Der Dollar soll schwächer werden. Gemäss dem Chefökonomen des Weissen Hauses soll dies dadurch erreicht werden, dass ausländische Gläubiger zur Kasse gebeten werden. Das ist gar keine gute Idee.
Die USA haben das ungeheure Privileg, dass der Dollar die Weltleitwährung ist.
Erstens weil der Dollar weltweit als Wertaufbewahrungsmittel verwendet wird. Weil ausländische Gläubiger im grossen Stile US-Staatsanleihen und andere Wertschriften kaufen, steigt deren Preis und die Zinslast sinkt.
Die USA profitieren:
- Tiefere Zinsen für Staatsanleihen
- Tiefere Zinsen für Unternehmensanleihen
- Höhere Aktienpreise
Zweitens wird der Dollar, sei dies als Papiergeld, als elektronisches Geld oder als Stable-coin, häufig zu Zahlungszwecken auch ausserhalb der USA verwendet. Dies schafft grosse Einnahmen. Seignorage nennen Ökonomen das. Jede Dollarnote, die in Lateinamerika eingesetzt wird, ist ein zinsloses Darlehen an die USA. Wenn diese noch verloren geht, ist sie ein Geschenk an die USA. Konkret: Die Hälfte der 2’300 Mia. Dollar Banknoten (Stand 2024) befinden sich nach Schätzungen im Ausland. Beim derzeitigen Zinssatz «schenken» die Ausländer den USA rund 50 Mia. Dollar pro Jahr, weil sie die Noten halten, ohne dafür einen Zins zu erhalten. Wächst die Weltwirtschaft, werden stetig mehr Dollarnoten nachgefragt. Sagen wir die Weltwirtschaft wächst mit 3 Prozent pro Jahr, dann bedeutet dies neue Noten in einer Grössenordnung von über 30 Mia. Dollar. Gratiseinnahmen für die USA.
Und ja, diese beiden Effekte führen zu einem stärkeren Dollar. Aber das muss kein Nachteil sein, wie das Beispiel der Schweiz zeigt. Mit einer starken Währung muss man weniger für Importe zahlen und kann im Export dennoch erfolgreich sein.
Und nein, es ist nicht ökonomischer Schabernack, wenn die USA ausländische Gläubiger mit einer Nutzungsgebühr für US-Staatsanleihen zur Kasse bitten würde. Das wäre vielmehr brandgefährlich. Die Welt würde verstehen, dass ihr Geld in den USA nicht mehr sicher ist und politische Willkür zu einer (Teil-) enteignung führen kann. Man kann sich kaum ausrechnen, was dann passieren würde. Börsencrash, Herabstufung der Kreditwürdigkeit der USA, Währungsturbulenzen, Umgehungsgeschäfte oder Verlagerungen in andere Märkte. Am Schluss müsste die USA viel mehr für ihre hohen Schulden bezahlen. Dies hätte womöglich sogar das Potenzial, das bis vor kurzem noch völlig unrealistische Ende der Weltleitwährung Dollar einzuläuten.
Soweit wird es wohl nicht kommen, zu viel steht auf dem Spiel. Aber es ist nicht davon auszugehen, dass das Weisse Haus die Zielsetzung aufgibt, den Dollar zu schwächen. Allenfalls denkt die Administration Trump an eine Art Neuauflage des Plaza-Abkommens aus dem Jahr 1985. Damals einigten sich Deutschland, Japan, Frankreich, die USA und Grossbritannien in New York darauf, den Dollar zu schwächen.