Schuldenkrise: Entzugskur unumgänglich
Anlässlich der Jahrestagung des Internationalen Währungsfonds und der Weltbank in Washington übten insbesondere die USA Druck auf die EU aus: Sie möge in der kritischen Frage der Verschuldungskrise mit entschlossenen Massnahmen den Rettungsschirm stärken und dabei enger mit der Europäischen Zentralbank (EZB) zusammenarbeiten.
Dies würde das auf die Inflationsbekämpfung fokussierte Mandat der EZB sprengen und ihre Funktion in Richtung der FED im amerikanischen System bewegen. So sind in der EU denn auch Diskussionen im Gang, wie die Wirkung des Rettungsschirms mit «Hebelwirkungen» ausgebaut und die EZB stärker in die Pflicht genommen werden könnte. Doch wäre die finanzpolitische Anreizstruktur für die Eurozone strukturell richtig gesetzt, wenn noch mehr Schulden gemacht werden und der Rettungsschirm letztlich mit Geld aus der Notenpresse der EZB finanziert wird?
Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble sagte in Washington treffend, dass man einen Alkoholiker nicht kuriere, indem man ihm noch mehr Alkohol verabreiche. Die Aussage bringt es auf den Punkt: Die Schuldenkrise kann nur dann nachhaltig gemeistert werden, wenn diszipliniert Defizite reduziert, Ausgabendisziplin wiederhergestellt und Schulden abgebaut werden.
Die diskutierten Varianten einer stärkeren Einbindung der EZB hingegen sind äusserst gefährliche Rezepte. Sie unterhöhlen die Glaubwürdigkeit der Institution und laufen auf eine monetäre Staatsfinanzierung hinaus. Längerfristig wäre dies für die EU verheerend, weil es den Zwang zu strukturellen Reformen in den Problemländern reduziert und das Schuldenmachen belohnt.
Eine weiter drehende Schuldenspirale wird früher oder später auch wirtschaftlich gut aufgestellte Staaten wie Deutschland überfordern. Die Schweiz – mit ihrer äusserst starken wirtschaftlichen Verflechtung mit der EU – käme auch nicht ungeschoren davon.