Nationalrat gibt einen wichtigen Trumpf des Wirtschaftsstandorts Schweiz aus der Hand
economiesuisse bedauert zutiefst, dass sich der Nationalrat für die Einführung einer umfassenden gesetzlichen Subunternehmerhaftung ausgesprochen hat. Diese verletzt die Grundelemente des liberalen Schweizer Arbeitsvertrags-, Auftrags- und Werkvertragsrechts massiv. Die nun beschlossene Kettenhaftung verhindert die Arbeitsteilung und bedroht die volkswirtschaftliche Effizienz. Die Wirtschaft hat Hand geboten zu einer gezielten Verbesserung der flankierenden Massnahmen. Bedauerlicherweise hat der Nationalrat dieser sinnvollen Lösung eine Absage erteilt.
Der Nationalrat hat am Mittwoch im Rahmen der flankierenden Massnahmen zur Personenfreizügigkeit mit 115 zu 74 Stimmen einer Vorlage zugestimmt, die die Erstunternehmer im Bauhaupt- und Baunebengewerbe für die gesamte Kette ihrer Subunternehmer gesetzlich solidarisch verpflichtet. In der vergangenen Herbstsession hat sich bereits der Ständerat für eine solche umfassende «Kettenhaftung» ausgesprochen.
economiesuisse bedauert, dass sich zahlreiche bürgerliche Politiker von den linken Parteien und den Gewerkschaften haben erpressen lassen und sich für die Einführung einer umfassenden gesetzlichen Subunternehmerhaftung im schweizerischen Arbeitsrecht ausgesprochen haben. Diese verletzt die Grundelemente des liberalen schweizerischen Arbeitsvertrags-, Auftrags- und Werkvertragsrechts. Die Schweiz gibt damit einen wichtigen Trumpf des Wirtschaftsstandorts aus der Hand.
Kettenhaftung verhindert Arbeitsteilung und bedroht
die volkswirtschaftliche Effizienz
Neben grundsätzlichen ordnungspolitischen Gründen sprechen auch gravierende Umsetzungsprobleme für das Baugewerbe – das zwingend auf das Subunternehmertum angewiesen ist – gegen diese Einführung: Die Kettenhaftung ist nicht auf ausländische Subunternehmer beschränkt, sie umfasst auch sämtliche inländische Subunternehmer. Die für die Haftungsbefreiung erforderliche Wahrnehmung der «gebotenen Sorgfalt» ist oft nur theoretisch möglich. Der Erstunternehmer muss folglich bei der Unterauftragsvergabe häufig unkontrollierbare Risiken übernehmen. Zudem führt die nun beschlossene Kettenhaftung sowohl für den Erstunternehmer als auch für sämtliche seiner Subunternehmer zu einem gewaltigen bürokratischen Aufwand. Weil Unternehmen die unkontrollierbaren Risiken und/oder den grossen administrativen Aufwand nicht übernehmen wollen, werden viele Unternehmen unter dem Regime einer gesetzlichen Kettenhaftung auf Unterauftragsvergaben verzichten. Die Kettenhaftung behindert so die Arbeitsteilung und bedroht zudem die volkswirtschaftliche Effizienz. Diese negativen Effekte werden vor allem die kleinen und mittleren Unternehmen (sowohl als Erst- wie als Subunternehmer) treffen.
Flankierende Massnahmen konsequent anwenden und gezielt verbessern
Die Wirtschaft steht zu den flankierenden Massnahmen. Diese sind dazu da, Missbräuche zu bekämpfen – nicht aber, um den Arbeitsmarkt stärker zu regulieren. Die flankierenden Massnahmen haben sich weitgehend bewährt und müssen weiterhin konsequent angewandt werden. Gezielte Verbesserungen sind sinnvoll, wenn es darum geht, Lohn- und Sozialdumping zu verhindern und schwarze Schafe unter den Arbeitgebern zu büssen. Die Wirtschaft hat daher Hand zu einer gezielten Verbesserung der flankierenden Massnahmen geboten. Diese hätte von den Erstunternehmern verlangt, ihre direkten Subunternehmer mittels eines schriftlichen Vertrags zu verpflichten, die Schweizer Lohn- und Arbeitsbedingungen einzuhalten. Würde kein solcher Vertrag unterzeichnet, haftet der Erstunternehmer bei einer allfälligen Missachtung der Lohn- und Arbeitsbedingungen durch den Subunternehmer zivilrechtlich. Bedauerlicherweise hat der Nationalrat dieser sinnvollen Lösung mit 104 zu 82 Stimmen eine Absage erteilt. Zudem liegt das eigentliche Verbesserungspotenzial nicht bei der Gesetzgebung, sondern beim Vollzug und der Vollstreckung der flankierenden Massnahmen.