Ingenieurmangel in der Schweiz ist hausgemacht

In einer Umfrage bei 3300 Ingenieurinnen und Ingenieuren sind economiesuisse und der Berufsverband Swiss Engineering STV dem Mangel an Fachkräften im Ingenieurbereich auf den Grund gegangen. Denn trotz eines Anstiegs der Studierendenzahlen in Ingenieurwissenschaften kann das inländische Angebot die Nachfrage weiterhin nur ungenügend decken. Zudem passen die Kompetenzen der Stellensuchenden oft nicht zu den ausgeschriebenen Jobprofilen. Zur Entschärfung des Problems können sowohl die Politik als auch die Unternehmen und die Arbeitnehmer beitragen.

Zum dossierpolitik Ingenieurmangel

Die Nachfrage nach Ingenieurinnen und Ingenieuren ist in der Schweiz in den letzten Jahren weiter gestiegen – in keiner anderen Berufsgruppe ist der Mangel an gut ausgebildeten Fachkräften grösser. Zudem wird sich der Fachkräftemangel aufgrund der demografischen Entwicklung künftig weiter verschärfen. economiesuisse und Swiss Engineering STV haben 3300 Ingenieurinnen und Ingenieure aus allen Branchen nach ihrem Berufsumfeld befragt, rund ein Drittel davon auch Führungskräfte. Die heute in Zürich präsentierte Auswertung zeigt, dass es nahezu allen Betrieben schwerfällt, geeignete Kandidaten für offene Stellen zu finden. Besonders schwierig ist dies in der Baubranche: 94 Prozent der befragten Führungspersonen gaben an, es sei für sie eher oder sehr schwierig, Ingenieurstellen neu zu besetzen. In Betrieben der MEM-Industrie sieht es mit 84 Prozent nicht viel besser aus.

Die Gründe für diese Situation sind vielfältig und strukturell bedingt. Wichtigster Faktor ist der Mangel an inländischem Nachwuchs. Obwohl heute in der Schweiz wieder etwas mehr Jugendliche Ingenieurwissenschaften studieren, reicht dies bei Weitem nicht aus, um die Zahl der offenen Stellen zu besetzen. In ihrer Entscheidung für oder gegen eine Ausbildung lassen sich Jugendliche in der Schweiz offenbar kaum von Knappheitsverhältnissen auf dem Arbeitsmarkt leiten. Weil Ingenieure zudem als Führungskräfte sehr gefragt sind, müssten deutlich mehr Personen ausgebildet werden, damit der Bedarf auch gedeckt werden kann.

Eigenschaften der Kandidaten passen oft nicht zur Stelle

Die befragten Führungskräfte sind mit der Qualität der im Inland ausgebildeten Ingenieure insgesamt sehr zufrieden. Dennoch bestehen erhebliche Differenzen zwischen den geforderten und den tatsächlichen Eigenschaften der Job-Kandidaten. Sehr häufig mangelt es diesen an Weiterbildungen, ausgewiesenen Erfolgen oder an sozialen Kompetenzen. Gerade Letzteres wird jedoch, zusammen mit einer hohen Leistungsbereitschaft, als wichtigste Voraussetzung für eine erfolgreiche Karriere als Ingenieur oder Ingenieurin betrachtet. Die Umfrage zeigt auch, dass viele der betroffenen Unternehmen erwarten, dass Stellensuchende sehr genau dem gewünschten Jobprofil entsprechen.

Der unbefriedigenden Situation kann aus Sicht von economiesuisse und Swiss Engineering auf drei verschiedenen Ebenen begegnet werden. Für die Politik sehen Chefökonom Rudolf Minsch und der Vizepräsident von Swiss Engineering, Daniel Löhr, vor allem im Bildungsbereich Handlungsmöglichkeiten: «Das Verständnis für die MINT-Fächer muss in der Schule schon früh ganzheitlich angepackt und gefördert werden. Der Lehrplan 21 bildet dafür eine gute Grundlage.»

Arbeitgeber sind hingegen aufgefordert, in die Weiterbildung ihrer Mitarbeiter zu investieren, ältere Mitarbeiter stärker einzubeziehen und flexiblere Karrieremöglichkeiten zu schaffen. Die Arbeitnehmer können ihrerseits zur Verbesserung der Situation beitragen, indem sie sich konstant weiterbilden, sich in der Branche gut vernetzen und ihre sozialen Kompetenzen erhöhen.

Rückfragen:

Medienstelle economiesuisse, Telefon: 044 421 35 55

Medienstelle Swiss Engineering, Telefon: 044 268 37 49