Einigung über das nächste europäische Forschungsrahmenprogramm Horizon Europe
Der Rat und das Europäische Parlament haben sich letzte Woche über den Rechtsrahmen für das künftige europäische Rahmenprogramm für Forschung und Innovation geeinigt. Von einer Einigung über das institutionelle Abkommen Schweiz–EU hängt nun ab, ob die Schweiz ab 2021 ohne Einschränkungen und Verzögerungen am neuen Forschungsprogramm teilnehmen kann.
Letzte Woche haben sich der Rat der EU und das Europäische Parlament auf einen Rechtsrahmen für das europäische Forschungs- und Innovationsprogramm Horizon Europe (2021 bis 2027) geeinigt. Das Nachfolgeprogramm von Horizon 2020 ist das bisher ehrgeizigste Rahmenprogramm für Forschung und Innovation der EU. Es wird voraussichtlich über ein Budget von 94,1 Milliarden Euro verfügen.
Ein Programm zur Stärkung der industriellen Wettbewerbsfähigkeit Europas
Horizon Europe beruht auf drei Pfeilern: Im ersten Pfeiler «Exzellente Wissenschaft» werden Pionierprojekte im Bereich der Grundlagenforschung unterstützt, die von den Forschern selbst definiert und gesteuert werden sollen. Der zweite Pfeiler widmet sich den «Globalen Herausforderungen» und will die industrielle Wettbewerbsfähigkeit Europas stärken. Im Rahmen des dritten Pfeilers «Innovatives Europa» gibt es mit dem Europäischen Innovationsrat (EIC) neu eine zentrale Anlaufstelle. Sie hilft den Start-ups und KMU, Innovationen auf den Markt zu bringen und das sogenannte «Valley of death» – die Zeit, welche es vom Forschungsergebnis bis zur Marktreife eines Produktes braucht – zu überbrücken.
Teilnahme der Schweiz im Schatten von Brexit
Die Schweiz wird aber am weltweit grössten Forschungsprogramm nicht vollassoziiert dabei sein. Einen gleichwertigen Zugang sollen die EWR-Staaten Norwegen, Island und Liechtenstein erhalten. Sogar Israel wird bevorzugt behandelt. Die Schweiz wird aber lediglich als Drittstaat teilnehmen können. Geschuldet ist diese Einteilung zwei Sachverhalten: Zum einen dem Brexit und zum anderen dem institutionellen Abkommen. Sowohl Grossbritannien als auch die Schweiz waren in der Vergangenheit sehr erfolgreich, wenn es um die Vergabe von europäischem Forschungsgeld ging. Beide Länder haben starke Universitäten, die sich rege an den Forschungsprogrammen beteiligten. In den aktuellen Verhandlungen um die Neugestaltung des Forschungsprogramms wollte die EU wohl verhindern, dass Grossbritannien in Sachen Forschung trotz des Brexits weiterhin wie ein EU-Mitglied behandelt wird. Dies hat sich auch auf die Schweiz ausgewirkt. Sie argumentierte zwar, dass der Zugang zum Forschungsprogramm nichts mit dem institutionellen Abkommen zu tun hätte. Dieses würde ja lediglich die Abkommen betreffen, welche den Zugang zum europäischen Binnenmarkt regeln. Dennoch hat die EU der Schweiz lediglich den Zugang als Drittstaat zugestanden. Ein Schelm, welcher einen Konnex zur bisherigen Nichtunterzeichnung des institutionellen Abkommens vermutet.
Immerhin konnte erreicht werden, dass die Teilnahmebedingungen für Drittstaaten nicht weiter verschlechtert werden. Doch die genauen Bedingungen für die Assoziierung der Schweiz werden voraussichtlich erst nach Abschluss der Verhandlungen zum mehrjährigen Finanzrahmen der EU und wenn Klarheit bezüglich des Brexits besteht zwischen Parlament und Rat ausgehandelt. Damit sind auch gewisse Vorschläge des Europäischen Parlaments, die eine Teilnahme von Drittstaaten am Programm zu vergleichbaren Bedingungen erschweren würden, weiterhin hängig.
Institutionelles Abkommen als Voraussetzung für eine rechtzeitige Teilnahme
Anschliessend müssen in einem separaten Abkommen die konkrete Assoziierung der Schweiz an das Horizon Europe-Programm und der dafür notwendige finanzielle Beitrag ausgehandelt werden. Voraussetzung dafür ist jedoch der erfolgreiche Abschluss des institutionellen Abkommens zwischen der EU und der Schweiz. Sollte dieses vom Bundesrat nicht vor Herbst unterzeichnet werden, riskiert die Schweiz, wie schon nach der MEI-Abstimmung, nicht rechtzeitig am europäischen Rahmenforschungsprogramm teilnehmen zu können und damit Gelegenheiten für die Teilnahme an wichtigen Forschungsprojekten zu verpassen – mit längerfristigen Nachteilen für den Forschungsplatz Schweiz.