Corona heisst Nothilfe, nicht «Schleusen auf»

Der Staat hat die Aufgabe, seine Bürger zu schützen. Es ist aber nicht seine Aufgabe, mit Steuergeldern zu experimentieren. Dass zur Krisenbewältigung enorme Mittel erforderlich sind, darf nicht zur Einstellung führen, dass jetzt alle Geldschleusen geöffnet werden können. 

Anlässlich der Budgetberatung im letzten Dezember stritten die Eidgenössischen Räte bis zum Schluss um eine Aufstockung des Kredits für die Berufungskammer am Bundesstrafgericht. Kostenpunkt: 709‘300 Franken. 

Solche Diskussionen ringen einem derzeit ein Lächeln ab. Das Bundesparlament, das sich nächste Woche zur ausserordentlichen Corona-Session treffen wird, wird Nachtragskredite für über 15 Milliarden Franken beschliessen. Dazu kommen Liquiditätshilfen für weitere 40 Milliarden Franken. Allein die vier geplanten Sessionstage in der umgebauten BEA-Halle kosten über 3 Millionen Franken. Beträge wie diese hätten vor Kurzem noch zu einem Streit über die Verwendung von Steuergeldern geführt. Angesichts des sich turmhoch aufbauenden Corona-Schuldenbergs verschwinden sie wie Kieselsteine vor dem Matterhorn.  

Eine Ausweitung der Nothilfe erachtet die Wirtschaft als nicht verhältnismässig.

Die Wirtschaft hat die Notmassnahmen des Bundesrats bislang vollumfänglich unterstützt in der Auffassung, dass damit die schlimmsten Folgen der Corona-Pandemie und des staatlich verfügten Lockdowns gelindert werden können. Eine Ausweitung der Nothilfe erachtet die Wirtschaft als nicht verhältnismässig. Wichtig ist, dass das Wirtschaftsleben möglichst rasch wieder Tritt fassen kann. Die Neuverschuldung, die die Hilfe bisher ausgelöst hat, ist immens genug, und sie wird weiter steigen, weil Notmassnahmen auch nach der schrittweisen Öffnung weiterlaufen und die Corona-Folgen noch lange nicht bewältigt sein werden.

An der Kompensation der ausserordentlichen Neuverschuldung, die der Bund tätigen muss, führt kein Weg vorbei – notfalls hat sie über einen längeren Zeitraum zu erfolgen. Die Schweiz ist für die aktuelle Krise finanziell gewappnet. Die Aufnahme von Schulden bereitet dem Bund keine Mühe; der Bund ist ein guter Schuldner. Er ist dies aber nur, weil er sein Haus in den letzten 15 Jahren finanzpolitisch in Ordnung gebracht hat. Das Instrument der Solidität war und ist die Schuldenbremse. Sie muss es auch in Zukunft sein – gerade mit Blick auf kommende Krisen.

Weil die Schulden kompensiert werden müssen, ist es wichtig, dass die Verhältnismässigkeit auch im Parlament gewahrt bleibt.

Weil die Schulden kompensiert werden müssen, ist es wichtig, dass die Verhältnismässigkeit auch im Parlament gewahrt bleibt. Die Corona-Krise mag in vielerlei Hinsicht präzedenzlos sein. Das heisst aber nicht, dass es die Massnahmen dagegen auch sein müssen. Mit der Erweiterung der Kurzarbeit und der Entschädigung für Selbstständigerwerbende hat der Bundesrat Neuland beschritten. Insgesamt hat man sich aber bislang in bekannten Strukturen bewegt, von denen man ungefähr weiss, dass sie wirken. Das gilt nicht für die vielen neuen Ideen zur Krisenbewältigung, die gegenwärtig aus allen Richtungen ins Spiel gebracht werden. Ob Impulsprogramme, Staatsfonds, Steuerverzichte oder -zuschläge: Wo der Nutzen im besten Fall zweifelhaft ist, die Kosten aber hoch, muss von solchen Ideen Abstand genommen werden. 

Irgendwann wird «Corona» überwunden sein und die Politik muss zum alten «Buchhalterdenken» in Franken und Rappen zurückfinden.

Der Staat hat die Aufgabe, seine Bürger zu schützen, gesundheitlich und auch wirtschaftlich. Es ist aber nicht seine Aufgabe, mit Steuergeldern zu experimentieren. Dass zur Krisenbewältigung gegenwärtig enorme Mittel erforderlich sind, darf nicht zur Einstellung führen, dass jetzt alle Geldschleusen geöffnet werden können. Irgendwann wird «Corona» überwunden sein und die Politik muss zum alten «Buchhalterdenken» in Franken und Rappen zurückfinden. Solches Denken ist wenig spektakulär, zeugt aber von politischer Verantwortung. Nach der Verabschiedung der Notmassnahmen ist es Zeit, den «Weg zurück» einzuschlagen.