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Auf­ga­ben­tei­lung zwi­schen Bund und Kan­to­nen: Start­schuss zur Über­prü­fung ist ge­fal­len

Die Auf­ga­ben­tei­lung im Bun­des­staat soll er­neut über­prüft wer­den – das haben Bund und Kan­to­ne be­schlos­sen. Klare, ver­bes­ser­te Zu­stän­dig­kei­ten bei ver­schie­de­nen gros­sen Auf­ga­ben wie den Er­gän­zungs­leis­tun­gen sind das Ziel. So un­ter­stüt­zens­wert und not­wen­dig das Pro­jekt ist, so wenig am­bi­tio­niert ist der Zeit­plan. Mit Ent­schei­den ist erst in der über­nächs­ten Le­gis­la­tur zu rech­nen.

Wenig be­ach­tet von der Öf­fent­lich­keit haben Bund und Kan­to­ne be­schlos­sen, die Auf­ga­ben­tei­lung zwi­schen ihren Staats­ebe­nen zu über­prü­fen. Bis 2022 sol­len vier gros­se Auf­ga­ben­ge­bie­te, für die der Bund und die Kan­to­ne ge­mein­sam zu­stän­dig sind, auf Ent­flech­tungs­mög­lich­kei­ten un­ter­sucht wer­den. Un­ge­teil­te, in­te­gra­le Zu­stän­dig­kei­ten sind das Ziel. Sie sind eine wich­ti­ge Vor­aus­set­zung für einen le­ben­di­gen, ef­fi­zi­en­ten und bür­ger­na­hen Fö­de­ra­lis­mus. eco­no­mie­su­is­se un­ter­stützt das Vor­ha­ben klar.

Neue Ver­flech­tun­gen und Zen­tra­li­sie­run­gen …

Die Auf­ga­ben­tei­lung war ein zen­tra­ler Pfei­ler der gros­sen Fö­de­ra­lis­mus­re­form NFA von 2008 («Neu­ge­stal­tung des Fi­nanz­aus­gleichs und der Auf­ga­ben­tei­lung zwi­schen Bund und Kan­to­nen»). Eine grös­se­re Zahl von Auf­ga­ben mit ge­mein­sa­mer Zu­stän­dig­keit von Bund und Kan­to­nen («Ver­bund­auf­ga­ben») wurde da­mals er­folg­reich ent­floch­ten. Zahl­rei­che Ver­bund­auf­ga­ben blie­ben je­doch be­ste­hen und seit dem In­kraft­tre­ten der NFA ist es auf­grund von Par­la­ments­ent­schei­den, aber auch wegen Volks­in­itia­ti­ven, zu er­neu­ten Ver­flech­tun­gen und Zen­tra­li­sie­run­gen ge­kom­men. Die Ent­wick­lung steht im Wi­der­spruch zu den zen­tra­len Grund­sät­zen des Schwei­zer Fö­de­ra­lis­mus. In Form der «Sub­si­dia­ri­tät» (grösst­mög­li­che Bür­ger­nä­he) und der «fis­ka­li­schen Äqui­va­lenz» («wer zahlt, be­fiehlt») sind sie in der Bun­des­ver­fas­sung ver­an­kert. Die Kan­to­ne, un­ter­stützt durch das Bun­des­par­la­ment, for­dern des­halb seit Jah­ren eine Neu­über­prü­fung und Fort­set­zung der Auf­ga­ben­tei­lung.

… ma­chen «Auf­ga­ben­tei­lung 2» er­for­der­lich

Nach Vor­ge­sprä­chen haben sich der Bund und die Kan­to­ne nun auf die Mo­da­li­tä­ten ge­ei­nigt. Wie schon bei der NFA soll wie­der­um eine ge­mein­sa­me Pro­jekt­orga­ni­sa­ti­on ge­bil­det wer­den. Diese wird Re­for­men vor­schla­gen, über deren «all­fäl­li­ge» Kon­kre­ti­sie­rung in einem zwei­ten Schritt ent­schie­den wer­den soll. Das ge­mein­sa­me, stu­fen­wei­se Vor­ge­hen ist ver­nünf­tig und wich­tig für den Pro­jekt­er­folg. Wenig am­bi­tio­niert ist je­doch der Zeit­plan. Er­geb­nis­se der Ab­klä­run­gen sol­len erst Ende 2022 vor­lie­gen müs­sen. So­fern es an­schlies­send zu einer par­la­ments­rei­fen Vor­la­ge käme, wäre mit Ent­schei­den nicht vor 2024/2025 zu rech­nen.

Stoss­rich­tung der Re­for­men klar

Un­ver­ständ­lich ist ins­be­son­de­re, warum für die Pro­jekt­pha­se drei Jahre (2020 bis 2022) ver­an­schlagt wer­den. Die Stoss­rich­tung der Re­form­vor­schlä­ge scheint für die vier haupt­säch­lich an­vi­sier­ten Auf­ga­ben­ge­bie­te ziem­lich klar:

  • Er­gän­zungs­leis­tun­gen: Der Bund über­nimmt in­te­gral die Exis­tenz­si­che­rung, der Pfle­ge­be­reich bleibt bei den Kan­to­nen, zu prü­fen ist der Abbau von Bun­des­vor­ga­ben im Pfle­ge­be­reich.
  • In­di­vi­du­el­le Prä­mi­en­ver­güns­ti­gung: Sie wird den Kan­to­nen zu­ge­teilt, aus po­li­ti­schen Grün­den wer­den wohl Min­dest­vor­ga­ben ge­prüft wer­den.
  • Re­gio­na­ler Per­so­nen­ver­kehr: Er­wei­te­rung der kan­to­na­len Zu­stän­dig­kei­ten (z.B. Be­stell­ver­fah­ren) bis hin zu um­fas­sen­den (Teil-)Ent­flech­tun­gen (z.B. Post­au­to).
  • Aus­bau Bahn­in­fra­struk­tur: In­te­gra­le Zu­stän­dig­keit des Bun­des, das heisst der Bund über­nimmt den Bei­trag der Kan­to­ne an den Bahn­in­fra­struk­tur­fonds.

Zei­gen, dass man es ernst meint – kon­tro­ver­se Dis­kus­sio­nen sind nicht zu ver­mei­den

Ein gutes Pro­jekt mit einer aus­ge­gli­che­nen neuen Auf­ga­ben-/Las­ten­ver­tei­lung ist wich­tig für die an­schlies­sen­de po­li­ti­sche Dis­kus­si­on. Dass diese kon­tro­vers ge­führt wer­den wird, ist ab­seh­bar. Ver­mei­den wird sie sich nicht las­sen, auch nicht durch eine noch so aus­ge­reif­te Vor­la­ge. Um zu zei­gen, dass Bund und Kan­to­ne es mit der «Auf­ga­be­tei­lung 2» ernst mei­nen, soll­ten Re­form­vor­schlä­ge zeit­nah vor­ge­legt wer­den und nicht erst Jahre spä­ter. Be­reits das neue Bun­des­par­la­ment, das kom­men­den Ok­to­ber ge­wählt wird, soll­te sich mit der guten Ord­nung un­se­res Staa­tes be­schäf­ti­gen müs­sen.