99%-Initiative: Katzenbabys hütet Euch
Die 99%-Initiative wirbt damit, nicht extrem zu sein. Das Gegenteil ist richtig. Die Initiative ist extrem. Auch die Intransparenz der Initiantinnen und Initianten ist es.
Eine Katze kostet 50 Franken im Monat. 600 Franken im Jahr. 10'000 Franken übers Leben. Es kann auch mehr sein. Steht so im Internet. Wer würde von der 99%-Initiative betroffen sein? Wahrscheinlich wären auch Katzenbabys betroffen. Steht auch so im Internet. Von einem, der sich über die Gegnerschaft der Initiative lustig macht. Diese blase die Sache gewaltig auf. Soso.
Im Internet steht, und das ist ein Zitat: «Während Kapitalgewinne wie z.B. Aktiengewinne in der Schweiz bis heute nur in Ausnahmefällen besteuert werden und neu steuerpflichtig sein sollen, führt die Initiative bei den meisten Kapitaleinkommen nicht zu einer neuen Besteuerung, sondern nur zu einer Erhöhung der Steuern. […] Betroffen sind insbesondere Dividenden, realisierte Aktiengewinne, Zinsen und Mieteinnahmen.» (99%-Initiative, Argumentarium, S. 16). So weit so klar. Würde man meinen.
Was will die Initiative?
Erstens: eine neue Besteuerung. Nämlich von Aktiengewinnen. Mit dieser soll «die steuerliche Ungleichbehandlung von Kapitalgewinnen (bisher steuerfrei) und Kapitalerträgen […] aufgehoben werden» (FAQ 99%-Initiative). Mit anderen Worten «muss mit Annahme der Initiative» eine Kapitalgewinnsteuer eingeführt werden, und zwar ab Franken 1, für alle realisierten Aktiengewinne. Nicht anders ist die Gebrauchsanleitung der Initiative zu lesen. Wer es anders behauptet: bitte selbst nachsehen.
Zweitens: eine Erhöhung von Steuern. Von Steuern eben auf: Dividenden, realisierten Aktiengewinnen, Zinsen und Mieteinnahmen ab dem (im Initiativtext ungenannten) Schwellenbetrag. Es ist dies eine «insbesondere»-Aufzählung. In der Kalkulation des Mehrertrags von gewaltigen 10 Milliarden Franken (ein Betrag so hoch fast wie die Hälfte der direkten Bundessteuer oder der Mehrwertsteuer) spricht die Juso von der «Aufhebung diverser weiterer Privilegien».
Was meint sie damit? Die Aufhebung der Teilbesteuerung auf qualifizierenden Dividenden von Unternehmerinnen und Unternehmern. Auch die erneute Besteuerung von Agio-Ausschüttungen aka Kapitaleinlagen. Dass Kapitaleinlagen nichts mit Einkommen zu tun haben, rührt die Jungsozialisten so wenig wie die verfassungsmässigen Grundsätze der Besteuerung in diesem Land. Allgemeinheit und Gleichheit: nicht für «Abzocker». Unter «Diversem» ist auch die Grundstückgewinnsteuer einzuordnen, die neu auch beim Bund erhoben werden könnte, denn die Initiantinnen subsummieren explizit Einkommen aus unbeweglichem Vermögen unter Kapitaleinkommen und nehmen dabei nur den Eigenmietwert aus (dessen Abschaffung sie freilich vehement bekämpfen). Weiteres ist möglich, denn: «Im Initiativtext verzichten wir bewusst auf eine Definition von Kapitaleinkommen, da diese umgangen werden könnte» (FAQ 99%-Initiative).
Fassen wir zusammen
Eine neue Steuer. Höhere Besteuerungen. Keine Steuerschlupflöcher» mehr als Generalforderung. Ein «Freibetrag», der keiner ist, sondern ein Schwellenwert, unter dem alles, was entfernt nach Kapitaleinkommen riecht, voll besteuert wird, und darüber übervoll (nämlich 150-fach). Das ist die 99%-Initiative auf der Steuerseite.
Frau Jansen, die Juso-Präsidentin, beteuert in der «Weltwoche» vom 26. August: «Betroffen sind nur jene Menschen, die jährlich über 100'000 Franken Kapitaleinkommen erzielen.» In einem früheren Beitrag lobte sie die Transparenz von Initianten und Initiantinnen. Nicht alles sei in der Initiative geregelt, aber man sei ja «transparent» («NZZ» vom 19. März 2021). Transparent gelogen, hat man immer gemeint, ist auch gelogen. Aber extrem ist das nicht. Ein solcher Vorwurf wäre an den Haaren herbeigezogen. So liest man es, im Internet («Tages-Anzeiger» vom 20. August).
«Wenn etwas extrem schiefläuft, dann wirkt die Rückkehr auf einen vernünftigen Weg manchmal radikaler als die Weiterfahrt in Richtung Abgrund» (Zitat in der «Weltwoche», siehe oben). Haben wir also doch etwas falsch verstanden?
Wir verstehen: Die Volksinitiative der Juso würde teuer kommen. Für ganz viele. Und sagen es deshalb nochmals. Transparent. Hier im Internet. Katzenbabys: hütet Euch.