
Juso-Erbschaftssteuer ist im Nationalrat chancenlos
Das Wichtigste in Kürze:
- Die Juso-Initiative sowie die Gegenvorschläge von SP und Grünen wurden im Nationalrat klar abgelehnt.
- Die politische Linke ist argumentativ auf dem Holzweg. Die Einkommensverteilung ist stabil und Wohlhabende leisten einen erheblichen Beitrag zu den Steuereinnahmen.
- Im OECD-Vergleich erzielt die Schweiz bereits überdurchschnittliche Einnahmen aus Erbschafts-, Nachlass- und Schenkungssteuern.
Die Juso-Initiative für eine Bundeserbschaftssteuer stiess im Nationalrat auf starken Widerstand. Mitte, GLP, FDP und SVP lehnen das Vorhaben ab – ebenso wie bereits der Bundesrat und Vertreter der Wirtschaft. Auch vier Gegenvorschläge von SP und Grünen, die eine höhere Besteuerung von Erbschaften forderten, fanden in der grossen Kammer keine Mehrheit. Die Initiative kommt im Juni in den Ständerat, wo diese zügig behandelt werden soll. So kann noch in diesem Jahr eine Volksabstimmung darüber stattfinden. Das ist entscheidend, um die Rechtssicherheit für die Betroffenen und den gesamten Wirtschaftsstandort wiederherzustellen.
Angriff auf Wohlstand und Arbeitsplätze
Bürgerliche Parteien betrachten die Initiative als direkten Angriff auf Wohlstand und Arbeitsplätze. Sie bezeichneten sie als eine «No-Future-Initiative», die «Wohlstand, Arbeitsplätze und Investitionen aus der Schweiz vertreibt». Zudem wurde kritisiert, dass es nicht um den Klimaschutz gehe, sondern um die «Überwindung des Kapitalismus» – «das ist reiner Klassenkampf, nichts anderes». Die Vertreter der bürgerlichen Parteien warnten vor negativen Folgen für Unternehmen und den Wirtschaftsstandort Schweiz. Wiederholt wurden die absehbaren Einnahmeausfälle durch die Abwanderung der Betroffenen betont: «Konkret könnten die Einnahmen aus der neuen Bundeserbschaftssteuer und Schenkungssteuer etwa 100 bis 650 Millionen Franken betragen, die Ausfälle jedoch 2,8 bis 3,7 Milliarden Franken», mahnte Bundesrätin Karin Keller-Sutter.
Gefahr für Familienunternehmen
Besonders besorgt zeigte sich die Wirtschaft über die möglichen Auswirkungen auf Familienunternehmen. Eine Erbschaftssteuer von 50 Prozent könnte viele Betriebe in existenzielle Schwierigkeiten bringen, da das Unternehmensvermögen oft gebunden ist und nicht einfach liquidiert werden kann. Hohe Kredite zur Begleichung der Steuer seien schwer zu erhalten, was viele Firmen vor die Wahl stellen könnte: (Teil-)Verkauf oder Abwanderung ins Ausland. Dies wiederum würde zu Steuerausfällen und Arbeitsplatzverlusten führen.
Schweiz ist bereits Spitzenreiter bei der Umverteilung
Die Schweiz weist seit 100 Jahren eine stabile Einkommensverteilung auf (siehe Abbildung 1, Quelle: IWP) und gehört zu den Ländern mit den höchsten Mittelstandslöhnen. Die Ungleichheit ist gering und wohlhabende Bürger und Unternehmen leisten schon heute einen überproportionalen Beitrag zum Steueraufkommen. Eine Kapitalflucht ins Ausland würde paradoxerweise dazu führen, dass weniger Mittel für Sozialleistungen, Infrastruktur und die Förderung von Randregionen zur Verfügung stehen – also genau das Gegenteil dessen, was die Initianten beabsichtigen.
Abbildung 1: Entwicklung des Anteils der Top-Verdiener am Gesamteinkommen (1945-2021)
Erbschaftssteuern in der Schweiz bereits geregelt
Die Initiative würde zudem tief in die Steuerhoheit der Kantone eingreifen, die bereits eigenständig über die Erhebung von Erbschaftssteuern entscheiden. Während einige Kantone wie Schwyz und Obwalden darauf verzichten, erzielt die Schweiz im OECD-Vergleich bereits überdurchschnittliche Einnahmen aus Erbschafts-, Nachlass- und Schenkungssteuern (siehe Abbildung 2, Quelle: Botschaft Bundesrat). Von grösserer Bedeutung ist jedoch die Vermögenssteuer, die es in der Schweiz – anders als in vielen OECD-Ländern – gibt. Mit jährlichen Einnahmen von rund 9 Milliarden Franken stellt sie eine zentrale Finanzierungsquelle für die Kantone dar. Während Erbschaftssteuern 0,6 Prozent des gesamten Steueraufkommens ausmachen, trägt die Vermögenssteuer mit 5,5 Prozent mehr als das Dreifache bei. Selbst in Ländern mit hohen Erbschaftssteuern liegt deren Anteil maximal bei 1,6 Prozent der Steuereinnahmen.