
Die Juso-Initiative im Faktencheck
Das Wichtigste in Kürze:
- Der Startschuss zur Beratung der Juso-Initiative fällt in der aktuell tagenden Frühlingsession.
- Der Faktencheck zeigt, dass es keine guten Argumente für die Initiative gibt.
- Sie zerstört traditionelle Familienunternehmen und bürdet dem Mittelstand höhere Steuern auf.
Der Nationalrat nimmt in der laufenden Frühjahrssession die Beratung der Juso-Initiative auf. Bundesrat und Wirtschaft lehnen die Initiative klar ab. Die Volksabstimmung könnte bereits im November 2025 stattfinden. Es kann also schnell gehen. Zeit für einen Faktencheck:
Juso-Initiative: Hintergründe und Fakten
Frage: Was bedeutet eine Annahme der Juso-Initiative für mittelständische Familienunternehmen?
Antwort: Etwa 80 Prozent der Schweizer Unternehmen sind Familienbetriebe und rund die Hälfte von ihnen plant eine Nachfolge innerhalb der Familie. Die Einführung einer 50%-Steuer auf Erbschaften und Schenkungen über 50 Millionen Franken würde vor allem mittelständische Familienunternehmen treffen. Die Nachfolgeregelung in solchen Unternehmen würde durch die hohe Steuerlast nahezu verunmöglicht. Da der Wert solcher Unternehmen oft in Maschinen, Immobilien oder Patenten liegt, müssten Erben Teile ihres Unternehmens oder gar die ganze Firma verkaufen, um an Geld zur Steuerzahlung zu kommen. Eine Studie von PwC zeigt, dass zwei Drittel der betroffenen Familienunternehmen entweder einen Teil oder das gesamte Unternehmen verkaufen müssten. Schulden in dieser Höhe aufzunehmen, ist illusorisch, da keine Bank solche Kredite gewähren würde. Auch der Verkauf wäre nicht einfach. Inländische Investoren, die grössere Übernahmen tätigen können, sind in der Schweiz zu wenige vorhanden. Im den meisten Fällen wäre deshalb mit Verkäufen ins Ausland zu rechnen, häufig an Finanzinvestoren, die die nötigen Mittel mitbringen. Solche Investoren haben eine weniger langfristige Sicht, und der Erhalt des Unternehmens in der bestehenden Form steht für sie nicht im Vordergrund.
Frage: Führt die Initiative zu höheren Steuereinnahmen?
Antwort: Keinesfalls, sie würde sogar zu massiven Steuerausfällen in Milliardenhöhe führen. Das reichste ein Prozent der Bevölkerung trägt derzeit 23,2 Prozent der gesamten Steuern (Quelle: IWP). Sollte dieses Segment abwandern, wären entweder höhere Steuern für den Mittelstand oder Kürzungen öffentlicher Leistungen die Folge. Gemäss der Botschaft des Bundesrats würde nahezu das gesamte betroffene Vermögen die Schweiz verlassen, was zu einem Einnahmeverlust von bis zu 3,6 Milliarden Franken für Bund, Kantone und Gemeinden führen würde, insbesondere bei Einkommens-, Vermögens-, Erbschafts- und Schenkungssteuern.
Frage: Beschneidet die Initiative die Steuerhoheit der Kantone?
Antwort: Erbschafts- und Schenkungssteuern sind in der Schweiz kantonale Steuern. Eine neue Bundeserbschaftssteuer würde deshalb in die Finanzautonomie der Kantone eingreifen. Zwar könnten die Kantone gemäss Initiative ihre eigenen Erbschafts- und Schenkungssteuern weiterhin erheben, eine Bundessteuer von bereits 50 Prozent würde diese Möglichkeit aber faktisch stark einschränken. Kantonale Erbschaftssteuern sind bereits heute sehr effizient. Obwohl sie umsichtig erhoben werden, erzielt die Schweiz im internationalen Vergleich überdurchschnittlich hohe Einnahmen (Quelle: OECD). Zudem gehört die Schweiz neben Frankreich, Norwegen und Spanien zu den wenigen OECD-Staaten, die gleichzeitig auch eine Vermögenssteuer erheben, die grundsätzlich die gleichen Werte belastet. Eine zusätzliche Bundessteuer von 50 Prozent würde das austarierte Schweizer Steuersystem destabilisieren und die Schweiz im internationalen Wettbewerb erheblich benachteiligen.
Frage: Ist die Initiative rechtlich problematisch?
Antwort: Die Initiative verstösst gegen grundlegende Verfassungsprinzipien:
- Verletzung des Allgemeinheitsgebots: Die Steuer betrifft gemäss Bundesrat nur etwa 2.500 Personen, was gegen das Prinzip der Gleichbehandlung verstösst.
- Eingriff in die Wirtschaftsfreiheit: Eine Erbschaftssteuer von 50 Prozent verletzt die Wirtschaftsfreiheit, indem sie Unternehmer-Erben faktisch einem Verkaufszwang aussetzt. Zusammen mit der vorgelagerten Vermögenssteuer und einer allfälligen kantonalen Erbschaftssteuer ergibt sich eine enteignende Wirkung.
- Verletzung des Prinzips der Einheit der Materie: Die Initiative vermischt unterschiedliche Zielsetzungen und erfüllt damit die verfassungsrechtlichen Anforderungen eigentlich nicht. Der Zusammenhang zwischen einer neuen Erbschaftssteuer, dem Umbau der Gesamtwirtschaft und der Bekämpfung des Klimawandels ist willkürlich.
- Rückwirkende Besteuerung: Diese schafft erhebliche Rechtsunsicherheit und wurde vom Bundesrat als «staatspolitisch problematisch» eingestuft. Der Wirtschaftsstandort Schweiz braucht Planungssicherheit und klare Rechtsverhältnisse.
Bereits jetzt planen betroffene Personen, aus der Schweiz zu ziehen, um der drohenden Steuer zu entkommen. Auch potenzielle Zuzüger meiden die Schweiz aufgrund der unklaren steuerlichen Rahmenbedingungen. Dies gefährdet langfristig die Stabilität und Attraktivität des Wirtschaftsstandorts Schweiz.
Frage: Fördert die Initiative den Klimaschutz?
Antwort: Die Schweiz zählt bereits heute mit einer der höchsten CO₂-Abgaben und einem erfolgreichen Emissionshandelssystem zu den führenden Ländern im Klimaschutz. Seit 1990 hat sie ihre industrielle Wertschöpfung mehr als verdoppelt, während die Emissionen um fast 50 Prozent gesenkt wurden. Besonders die Industrie trägt aktiv zur Emissionsreduktion bei, indem sie ihre Effizienz steigert und die Wertschöpfung trotz sinkender Emissionen erhöht. Sie hat die Reduktionsziele für 2020 als einziger Sektor nicht nur erfüllt, sondern übertroffen. Weitere Anstrengungen sind jedoch notwendig und erfordern einen internationalen Ansatz, um globale Emissionen effektiv zu senken. Marktwirtschaftliche Instrumente wie die CO₂-Abgaben und Zielvereinbarungen sind in der Schweiz besonders effizient, da sie Klimaschutzinvestitionen fördern, ohne die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen zu gefährden.
Im Gegensatz dazu setzt die Juso-Initiative auf eine ineffiziente und nicht ergiebige Umverteilung, die Investitionen hemmt und Innovationen behindert. Eine hohe Steuerlast schafft Fehlanreize und schwächt bestehende Klimaschutzmassnahmen. Der Bundesrat warnt, dass die Initiative hohe Mitnahmeeffekte und bürokratische Kosten mit sich bringt und nur einen kleinen Personenkreis zur Verantwortung zieht.
Frage: Ist die Initiative „sozial gerecht“, wie die Juso behauptet?
Antwort: Die Schweiz hat bereits ein hochprogressives Steuersystem:
- Die Einkommensungleichheit ist seit rund 100 Jahren stabil.
- Die obersten 10 Prozent der Steuerzahler bezahlen 54,5 Prozent der gesamten Steuereinnahmen.
- Etwa ein Viertel der Haushalte ist von der direkten Bundessteuer befreit.
Anstatt vermeintliche Gerechtigkeit zu schaffen, würde die Initiative zu Vermögensabflüssen, Arbeitsplatzverlust und höheren Steuern für den Mittelstand führen.