Festhalten an der falschen Lösung
Der Nationalrat will an einem Gegenvorschlag zur Unternehmens-Verantwortungs-Initiative festhalten. Die Rechtskommission des Ständerats soll nun basierend auf neuen «Eckwerten» erneut versuchen, einen wirtschaftsverträglichen Kompromiss auszuarbeiten. Vorschläge, wie ein solcher seitens der Wirtschaft aussehen könnte, wurden in den vergangenen Monaten durch die Initianten abgelehnt. Ein Gegenvorschlag muss in jedem Fall zum Rückzug der Initiative führen und darf die Mängel der Initiative nicht übernehmen. Angesichts des bisherigen Festhaltens der Initianten an Forderungen wie der weitgehenden Sorgfaltsprüfung sowie der Haftung mit Beweislastumkehr ist völlig unklar, wie ein möglicher Gegenvorschlag aussehen soll.
Noch im März war der Ständerat dem Bundesrat gefolgt und hatte empfohlen, die Unternehmens-Verantwortungs-Initiative ohne Gegenvorschlag zur Abstimmung zu bringen. economiesuisse bedauert die heutige Kehrtwende des Nationalrats. Es wäre an der Zeit gewesen, das «Experiment Gegenvorschlag» zu beenden. Es ist für die Wirtschaft unersichtlich, wie auf Basis der neuen Eckwerte der Rechtskommission des Nationalrats (RK-N) eine Lösung gefunden werden soll, die praktikabel ist und zum Rückzug der Initiative führt.
Zentrale Fragen bleiben offen
Die neuen Eckwerte, welche die RK-N ins Spiel gebracht hat, sind unbestimmt und dürfen in ihren möglichen Auswirkungen nicht unterschätzt werden. Klar ist, dass ein Verzicht auf eine neue Haftungsregel nicht bedeutet, dass eine weitgehende Haftungsfolge der Muttergesellschaft in der Schweiz für das Verhalten von Drittunternehmen ausgeschlossen werden kann. Dehnt man bezüglich der Sorgfaltsprüfungspflicht die Verantwortlichkeit der Konzernmutter auf die gesamte Lieferkette aus, so resultiert daraus eine Haftung. Damit diese Haftung nicht durch die ganze Wertschöpfungskette greift, braucht es klare Schranken. Solche sind in den Eckwerten jedoch nicht vorgesehen. Zudem fehlt auch infolge des Verzichts auf das Subsidiaritätsprinzip eine wichtige Barriere, um erpresserische Klagen effektiv einzuschränken.
Konstruktive Lösungen statt grenzenlose Haftung
Aus Sicht der Wirtschaft gilt es, die Herausforderungen beim Schutz von Menschenrechten und Umwelt an der Wurzel zu packen. Sowohl ein Gegenvorschlag auf Basis der Initiative als auch die Initiative selbst sind für eine praktikable Lösung untauglich. Sie führen zu einer Verrechtlichung. Gefragt sind vielmehr konstruktive Lösungsansätze, wie verantwortungsvolles Unternehmertum effektiv gefördert werden kann. Sollte sich in der Diskussion der RK-S bestätigen, dass die Initianten nicht bereit sind, ihre Initiative auf Basis eines angemessenen und international abgestimmten Gegenvorschlags zurückzuziehen, ist eine Abstimmung über die Initiative unvermeidlich. Die Wirtschaft ist bereit, sich dieser zu stellen.