# 04 / 2018
22.03.2018

Brex­it: Auch für die Schwei­zer Wirt­schaft wei­ter­hin ein «mo­ving tar­get»

Die Brex­it-Uhr tickt immer lau­ter – und schnel­ler. In rund einem Jahr ver­lässt Gross­bri­tan­ni­en of­fi­zi­ell die EU. Am 23. März 2018 hat der EU-Rat über wich­ti­ge Fra­gen im Zu­sam­men­hang mit den Aus­tritts­ver­hand­lun­gen und dem künf­ti­gen Ver­hält­nis zu Gross­bri­tan­ni­en be­ra­ten. Be­reits im Vor­feld des EU-Gip­fels konn­te eine zwei­jäh­ri­ge Über­gangs­re­ge­lung ver­ein­bart wer­den.  Aber noch immer ist un­klar, wie das künf­ti­ge Ver­hält­nis aus­se­hen wird. Die Ver­hand­lun­gen be­fin­den sich an einem kri­ti­schen Punkt: der Zeit­druck wächst, der po­li­ti­sche Ein­satz und die volks­wirt­schaft­li­che Be­deu­tung sind hoch. Mass­geb­lich davon be­trof­fen ist auch die Schwei­zer Wirt­schaft. Da Gross­bri­tan­ni­en zu ihren Top-5-Han­dels­part­nern zählt, sind ge­klär­te und gut funk­tio­nie­ren­de Be­zie­hun­gen es­sen­zi­ell.

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Das Wichtigste in Kürze

Der Brexit prägt nach wie vor die mediale und politische Agenda in London und Brüssel. Rund ein Jahr vor dem eigentlichen Austritt Grossbritanniens aus der EU (29. März 2019) befinden sich die Verhandlungen an einem kritischen Punkt: Der Zeitdruck wächst, der politische Einsatz ist hoch und ein gemeinsamer Lösungsweg für das künftige Verhältnis ist noch nicht absehbar. Zwar hat der EU-Rat am 23. März 2018 wichtige Entscheidungen im Zusammenhang mit den Austrittsverhandlungen gefällt. Aber bis zur Ratifikation liegt weiterhin keine verbindliche Lösung vor. Dadurch steigt das Risiko, dass britische wie auch andere europäische Unternehmen wirtschaftlich Schaden nehmen – obwohl sich diese sowohl in der EU als auch in Grossbritannien grossmehrheitlich gegen den Brexit ausgesprochen haben.

Dies betrifft auch die Schweizer Wirtschaft massgeblich, die sowohl mit der EU, als auch mit Grossbritannien seit jeher enge Handelsbeziehungen pflegt und in beiden Märkten stark investiert. Notwendig ist eine rasche Klarheit über das künftige Verhältnis der EU mit ihrem scheidenden Mitglied, wie auch hinsichtlich der bilateralen Beziehungen der Schweiz mit Grossbritannien. Denn bereits heute sind viele Unternehmen durch den Brexit mit Rechtsunsicherheiten konfrontiert, was bedeutet, dass sie ihre strategischen Entscheide in einem Umfeld wachsender Ungewissheit fällen müssen.

Auf dem Spiel stehen letztlich aber nicht nur kurzfristige Gewinne, die Integrität des EU-Binnenmarktes, der Kampf um Wählerstimmen oder der Wunsch nach Eigenständigkeit. Gefährdet ist auch die Wettbewerbsfähigkeit Europas generell, die im globalen Konkurrenzkampf dank tiefer Integration ihrer Märkte über die letzten Jahre Wohlstand, Stabilität und Sicherheit auf dem Kontinent entscheidend gefördert hat – davon hat auch die Schweiz profitiert und massgeblich ihren Beitrag geleistet.

Für konkrete Fragen der Unternehmen zum Brexit hat economiesuisse eine zentrale Anlaufstelle geschaffen: brexit@economiesuisse.ch

Position economiesuisse

Kurzfristig: Übergangsregelung aushandeln und synchronisieren

 

  • Die bilateralen Lösungen zwischen der Schweiz und Grossbritannien müssen zwei Bedingungen erfüllen: (1) Sie dürfen nicht zu einer Verschlechterung des gegenseitigen Marktzugangs führen und gleichzeitig (2) nicht schlechter ausfallen als Arrangements zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich. Auch künftig müssen Schweizer Unternehmen im europäischen Wettbewerb über gleich lange Spiesse wie ihre Konkurrenten auf dem Kontinent verfügen.

 

  • Auch wenn die Übergangsregelung primär Grossbritannien und die EU betrifft: Eine verbindlich ratifizierte Einigung über eine zeitlich befristete Übergangsregelung muss auch die Beziehungen zu Drittstaaten einschliessen. Dies würde auch der Schweiz mehr Zeit für die Regelung ihres bilateralen Verhältnisses mit dem Vereinigten Königreich verschaffen. Die hierzu nötigen Vereinbarungen zwischen der Schweiz und Grossbritannien sind raschmöglichst abzuschliessen.

 

  • Mit Blick auf Triangulierungsfragen ist für die Wirtschaft eine «Synchronisation» der Übergangsregelung EU-UK mit einer bilateralen Lösung der Schweiz mit Grossbritannien essenziell. Die Schweizer Wirtschaft braucht ebenfalls eine Übergangsregelung ab dem 29. März 2019. Nur so können ein störungsfreier Übergang und die nahtlose Weiterführung des Status quo der Beziehungen der Schweiz zum Vereinigten Königreich unmittelbar nach dem Brexit sichergestellt werden.

 

Nach Ablauf der Übergangsregelung am 31. Dezember 2020: Stabilität schaffen und Chancen nutzen

 

  • Die Wirtschaft braucht Klarheit über die künftigen Wirtschaftsbeziehungen und den Status von Unternehmen auf der Insel nach Ablauf der Übergangsregelung. Langfristig stabile Verhältnisse schaffen Rechts- und Planungssicherheit für Handel und Investitionen.

 

  • Herausforderungen im Kontext der Triangularität (Verhältnis EU-UK-CH) sind raschmöglichst anzugehen. Hierbei dürfen jedoch verbindliche Regelungen für Bereiche, die zügiger und rein bilateral gelöst werden können, nicht unnötig verzögert werden.
     
  • Chancen zur Vertiefung der bilateralen Beziehungen zwischen der Schweiz und Grossbritannien sind wo immer möglich und sinnvoll zu nutzen. Dazu zählen insbesondere Fragen der gegenseitigen Anerkennung im Finanzdienstleistungsbereich bei Banken und Vermögensverwaltern, der Ursprungsregeln und eine stärkere Kooperation im Rahmen internationaler Plattformen und Organisationen. Über Evolutivklauseln ist die Weiterentwicklung der ausgehandelten Verträge sicherzustellen.
     
  • Unabhängig von der Bedeutung der bilateralen Beziehungen zu Grossbritannien wird die EU auch künftig der wichtigste Handelspartner der Schweiz bleiben. Es ist deshalb im Interesse der Wirtschaft, mit beiden Partnern gewinnbringende Beziehungen zu pflegen und diese weiterzuentwickeln.

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