Ein Jahr nach der Auf­ga­be des Min­dest­kur­ses – eine Zwi­schen­bi­lanz

Heute jährt sich der Ent­scheid der Schwei­ze­ri­schen Na­tio­nal­bank (SNB), die Wech­sel­kurs­un­ter­gren­ze zum Euro auf­zu­ge­ben. Er­in­nern wir uns: Kurz nach der An­kün­di­gung der SNB über­schoss der Kurs bis weit unter Pa­ri­tät und ver­setz­te das Land, zu­min­dest die Ex­port­in­dus­trie und den Tou­ris­mus, in einen Schock­zu­stand. Ver­schie­de­ne Pro­gnos­ti­ker rech­ne­ten mit dem Schlimms­ten und er­war­te­ten dras­ti­sche Aus­wir­kun­gen auf die Schwei­zer Wirt­schaft. Wenn­gleich nicht ganz so pes­si­mis­tisch, ging auch eco­no­mie­su­is­se von rasch stei­gen­den Ar­beits­lo­sen­zah­len und einem stark ge­brems­ten Wachs­tum aus. Rück­bli­ckend ist die wirt­schaft­li­che Lage nun etwas bes­ser, als im Ja­nu­ar 2015 er­war­tet wer­den muss­te. Wieso?

Ers­tens hat sich der Wech­sel­kurs nicht wie be­fürch­tet in der Nähe der Pa­ri­tät, son­dern bei 1.08 Fran­ken pro Euro ein­ge­pen­delt: im Ver­gleich zum vor­he­ri­gen Min­dest­kurs eine Auf­wer­tung um rund zehn Pro­zent. Das ist zwar schmerz­haft, aber im­mer­hin be­fin­det sich der Kurs in einem Be­reich, der für viele Un­ter­neh­men Per­spek­ti­ven bie­tet, mit ent­schie­de­nen Mass­nah­men wie­der in die Ge­winn­zo­ne zu ge­lan­gen.

Zwei­tens hat sich die eu­ro­päi­sche Kon­junk­tur etwas bes­ser ent­wi­ckelt, als in­mit­ten der Dis­kus­si­on um den mög­li­chen Aus­stieg Grie­chen­lands aus der Eu­ro­zo­ne pro­gnos­ti­ziert wurde. Deutsch­land und Hol­land sind im Jahr 2015 etwa um 1,7 Pro­zent ge­wach­sen. Ita­li­en hat end­lich die Tal­soh­le über­wun­den. Die Volks­wirt­schaf­ten Spa­ni­ens und Por­tu­gals wach­sen an­spre­chend. Ins­ge­samt ist die Nach­fra­ge für Schwei­zer Pro­duk­te in Eu­ro­pa damit etwas bes­ser, als zu Be­ginn des Jah­res 2015 zu er­war­ten war.

Statt zu ver­su­chen, die heu­ti­gen Struk­tu­ren zu kon­ser­vie­ren, müs­sen wir dafür sor­gen, dass neue Stel­len in der Schweiz ent­ste­hen.

Drit­tens haben die Un­ter­neh­men die Her­aus­for­de­rung ent­schie­den an­ge­packt. Im Ge­gen­satz etwa zu vie­len aus­län­di­schen Fir­men haben die Schwei­zer Un­ter­neh­men das Heil nicht beim Staat ge­sucht. Statt zu kla­gen und Sub­ven­tio­nen zu ver­lan­gen, haben sie die Ärmel hoch­ge­krem­pelt und die Kos­ten im Be­trieb re­du­ziert, die Vor­leis­tun­gen zu einem güns­ti­ge­ren Preis ein­ge­for­dert und die In­no­va­ti­on vor­an­ge­trie­ben. Als Folge der rea­li­sier­ten Mass­nah­men fiel der Index der Pro­du­zen­ten­prei­se in der Schweiz um rund fünf Pro­zent, so­dass die Un­ter­neh­men be­reits einen be­trächt­li­chen Teil der Wech­sel­kurs­be­nach­tei­li­gung wett­ma­chen konn­ten.

Den­noch bleibt noch ei­ni­ges zu tun, bis die in­ter­na­tio­na­le Wett­be­werbs­fä­hig­keit wie­der­her­ge­stellt ist. Der An­pas­sungs­pro­zess wird 2016 wei­ter­ge­hen. Ent­schei­dend sind gute Rah­men­be­din­gun­gen, damit sich Un­ter­neh­men an­pas­sen kön­nen. Der re­la­tiv fle­xi­ble Ar­beits­markt ist dabei ein wich­ti­ger Schlüs­sel: Wenn Un­ter­neh­men wis­sen, dass sie sich im Not­fall wie­der von Ar­beit­neh­mern tren­nen kön­nen, wer­den sie eher neue Stel­len schaf­fen. Statt zu ver­su­chen, die heu­ti­gen Struk­tu­ren zu kon­ser­vie­ren, müs­sen wir dafür sor­gen, dass neue Stel­len in der Schweiz ent­ste­hen. So kann der Ver­lust an Ar­beits­stel­len kom­pen­siert wer­den.