# 06 / 2019
11.02.2019

Agrarpolitik einfach erklärt

Gibt es erfolgreiche Beispiele für Grenzöffnungen?

Ein Beispiel für eine erfolgreiche Liberalisierung in der Schweiz ist der Käsemarkt. Seit 2007 ist dieser zwischen der Schweiz und der Europäischen Union vollständig liberalisiert. Vorher hatten die Milchproduzenten eine fünfjährige Übergangszeit, in der sie nötige Anpassungen durchführen konnten. Wider Erwarten der Skeptiker kam es nicht zu einer drastischen Reduktion der Käseproduktion in der Schweiz. Ganz im Gegenteil: Zwischen 2007 und 2017 stieg diese um sieben Prozent. Im selben Zeitraum konnten die Exporte einen Anstieg von 21 Prozent verbuchen, während die Importe um 62 Prozent anstiegen.

Seit der Einführung des Käsefreihandels mit der EU exportiert die Schweiz tendenziell teureren Käse in die EU und importiert wiederum eher günstigere Produkte. Zweifelsohne führte die Liberalisierung auch zu einer Strukturbereinigung. Wie eine Untersuchung von BAK Basel (2012) aufzeigte, wurden die Schweizer Käser durch die Liberalisierung wettbewerbsfähiger. Die Konsumenten profitieren von einer gestiegenen Auswahl und tendenziell sinkenden Preisen, und die Produzenten profitieren dank dem Export von teurem Käse und gestiegener Konkurrenzfähigkeit. Vor diesem Hintergrund überrascht es kaum, dass der Käsekonsum in der Schweiz pro Kopf seit 2007 tendenziell zugenommen hat. Auch der in der Schweiz seit 2001 liberalisierte Weinmarkt beweist, dass eine Marktöffnung zu wesentlichen Qualitätsverbesserungen führt und die Produzenten stark profitieren.

Das Beispiel Österreich zeigt, dass eine Öffnung des Agrarsektors die Strukturen nicht vollständig umkrempelt. Vor der Liberalisierung galt der Agrarmarkt in Österreich als kaum wettbewerbsfähig. Die Strukturen waren überholt und die Preise wegen fehlendem Konkurrenzdruck aus dem Ausland hoch. Wie heute in der Schweiz waren in Österreich die Lebensmittel für Konsumenten deutlich teurer als im EU-Schnitt. Zudem war auch in Österreich die Landwirtschaft von vielen kleinen Betrieben geprägt, von denen mehr als die Hälfte in topografisch benachteiligten Gebieten – in der Regel in Hügel- oder Berggebieten – angesiedelt war.

Österreich musste 1995 im Zuge des EU-Beitritts seinen Landwirtschaftssektor liberalisieren. Die Folgen dieses Schritts werden je nach Autor als positiv oder negativ für die Landwirtschaft dargestellt. Wenn man genauer hinschaut, erkennt man, dass trotz Liberalisierung sich heute nach wie vor neun von zehn Betrieben in Familienbesitz befinden, ähnlich wie in der Schweiz. Die durchschnittliche Betriebsgrösse ist in Österreich seit der Öffnung klar gestiegen. Vor der Schweiz machte der Strukturwandel – trotz Grenzschutz – aber ebenso wenig halt. Auch hierzulande ging die Anzahl der Bauernhöfe deutlich zurück, während die durchschnittliche Nutzfläche pro Betrieb anstieg. Heute liegt diese in Österreich nach immerhin 20 Jahren Freihandel mit der EU auf demselben Niveau wie in der Schweiz. Auch der Anteil der Subventionen am Einkommen liegt in Österreich deswegen nicht höher. 2017 betrug dieser in der Schweiz 63,1 Prozent, während in Österreich die Subventionen 54,5 Prozent ausmachten. Doch im Gegensatz zur Schweiz hat sich die österreichische Landwirtschaft seit der Marktöffnung eine respektable Wettbewerbsfähigkeit erarbeitet. Die Exporte haben sich in den letzten 20 Jahren nominal verfünffacht. Auch der Eintritt von Slowenien, der Slowakei, Tschechien und Ungarn im Rahmen der Osterweiterungen konnte der österreichischen Landwirtschaft nichts anhaben. Die Öffnung der Märkte innerhalb der EU ermöglichte es den Landwirten in Österreich, sich auf die jeweiligen Stärken zu konzentrieren, innovativ zu werden und einen Mehrwert für die Konsumenten zu bieten. Sie üben weiterhin einen attraktiven Beruf in vorwiegend kleinräumigen Strukturen aus.