# 12 / 2021
16.11.2021

Bundesfinanzen 2022: Zurück zur Stabilität

Bundesfinanzen im Überblick

Die Corona-Pandemie hat klar gezeigt: Der Bundeshaushalt ist widerstandsfähig und kann Schocks absorbieren. Dass das so ist, ist ganz wesentlich der langjährigen Haushaltsstabilität vor der Krise zu verdanken, der Flexibilität der Schuldenbremse in der Krise und nicht zuletzt der Schweizer Wirtschaft, die sich als krisenerprobt und in der Breite stark aufgestellt erwiesen hat. Nur so ist die rasche Stabilisierung der Bundesfinanzen, die aktuell zu beobachten ist, zu erklären.

Nach hohen Defiziten 2020 und 2021 ist das Budget für das kommende Jahr wieder knapp ausgeglichen. Die Aussichten bis 2025 sind stabil. Für 2022 plant der Bundesrat zwar noch ausserordentliche Ausgaben zur Bewältigung der Folgen der Corona-Pandemie. Diese Ausgaben, die ausserhalb des ordentlichen Bereichs anfallen, nicht finanziert sind und deshalb zu einer Neuverschuldung führen, sind 2022 aber deutlich geringer als in den letzten zwei Jahren. Ab 2023 sind keine ausserordentlichen Corona-Ausgaben mehr geplant. Der Bundeshaushalt kehrt zurück zur Vorkrisennormalität und damit zur stabilen Situation, die sich der Bund in den Jahren nach der Einführung der Schuldenbremse teilweise unter grossen Mühen erschaffen hat. «Rückkehr zur Stabilität» heisst deshalb die Mission der Finanzpolitik nach der auch für den Bundeshaushalt äusserst turbulenten Corona-Zeit.

Datenbasis

Als Basisquelle für das dossierpolitik dient die Botschaft zum Voranschlag 2022 mit integriertem Aufgaben- und Finanzplan 2023–2025 vom 18. August 2021. Weiter berücksichtigt wurden die Nachmeldungen zum Voranschlag 2022 vom 24. September und vom 27. Oktober sowie die erste Hochrechnung 2021 vom Juni. Wo möglich wurde auch die zweite Hochrechnung 2021 vom September einbezogen (Grafiken Eckwerte und Entwicklung Bundesfinanzen). Die nach Redaktionsschluss vom Bundesrat verabschiedeten Nachmeldungen zum Voranschlag 2022 konnten im Dossier nicht mehr aufgenommen werden. Sie führen zu weiteren Ausgaben.

Stand der Datenlage: 31. Oktober 2021.

Ordentlicher Haushalt

Die ordentlichen Einnahmen und Ausgaben des Bundes liegen im nächsten Jahr bei jeweils über 77 Milliarden Franken. Unter Berücksichtigung der ersten drei Nachmeldungen übersteigen die budgetierten Ausgaben die geschätzten Einnahmen um 571 Millionen Franken. Zum Ausgleich der noch immer coronabedingt unterausgelasteten Schweizer Wirtschaft erlaubt die Schuldenbremse 2022 einen Ausgabenüberhang (sog. konjunkturelles Defizit) von gut 600 Millionen Franken. Dieser Spielraum wird somit vollständig ausgeschöpft.

Nach den Milliarden-Ausgaben der Corona-Phase ist die Rückkehr zu einer disziplinierten Finanzpolitik wichtig. Das ist die Grundlage für einen nachhaltig stabilen Bundeshaushalt, der ohne Steuererhöhungen und Sparprogramme über die Zeit finanziert werden kann.

Die Prognosen des Bundesrats gehen davon aus, dass auch die Finanzplanjahre von 2023 bis 2025 ausgeglichen sein werden. Konjunkturelle Defizite sind nach wie vor möglich. Aufgrund der positiven Konjunkturaussichten reduzieren sich diese aber bis 2024 und ab 2025 muss der Haushalt wieder ausgeglichen sein. Ab dann, schätzt der Bundesrat, entwickelt sich die Schweizer Wirtschaft wieder entlang ihrem langjährigen Trend. In dieser Zeit kann der Bundeshaushalt finanziert werden und verschiedene neue Projekte sind in den Zahlen auch bereits enthalten (z.B. Abbau der Industriezölle). Die darüber hinaus bestehenden Spielräume sind jedoch gering. Für nicht im Finanzplan enthaltene Projekte müssen die finanziellen Mittel erst noch freigestellt werden.

Die Corona-Pandemie hat zu massiven ausserordentlichen Ausgaben geführt, die im Bundeshaushalt deutliche Spuren hinterlassen haben (in Rot). Mit dem Corona-Schuldenabbau wird es in den nächsten Jahren darum gehen, diese Sonderlasten zu bereinigen.

Vier Gründe für eine starke Schweiz in der Krise

Der wirtschaftliche Einbruch infolge der Corona-Pandemie ist in der Schweiz im internationalen Vergleich deutlich weniger stark ausgefallen und die Aufholbewegungen sind seit den Lockerungen der Corona-Massnahmen im Frühling 2021 kräftig. Dass die Schweiz insgesamt gut durch die Krise gekommen ist, hat mehrere Gründe:

1. Weniger drastische staatliche Eingriffe als im Ausland

Die staatlichen Eingriffe waren zwar massiv, im Vergleich zum Ausland aber weniger scharf. So konnte beispielsweise die Industrie selbst während des ersten Lockdowns (mit ganz wenigen Ausnahmen) weiter produzieren. Auch auf dem Bau wurde trotz Pandemie vielerorts weitergearbeitet. Die Betriebsschliessungen in der Schweiz beschränkten sich vor allem auf die Gastronomie, den Detailhandel und auf Veranstaltungen in den Bereichen Wirtschaft, Sport und Kultur. Auf Ausgangssperren konnte ganz verzichtet werden. Gleichzeitig waren die vergleichsweise weniger einschränkenden Pandemiemassnahmen nicht von einer Überlastung des Gesundheitswesens begleitet.

2. Rasche und zielgerichtete staatliche Unterstützung

Der Staat stützte Wirtschaft, Kultur und Sport mit finanziellen Mitteln in einem noch nie dagewesenen Umfang. Entscheidend war, dass die Schweiz während der ersten Welle der Pandemie rasch und zielgerichtet gehandelt hat. Dadurch konnte der Konjunktureinbruch aufgefangen werden. Zwei Instrumente waren dabei besonders effektiv: die Kurzarbeit und die rasche Umsetzung des Covid-19-Kreditprogramms.

3. Die Schweizer Wirtschaft ist krisenerprobt

Die Schweizer Wirtschaft hat seit 2008 drei grosse Krisen (Finanzmarktkrise, Eurokrise, Frankenschock) erfolgreich gemeistert. Die Krisen führten zu Störungen auf den Absatzmärkten und zu einer Aufwertung des Schweizer Frankens in sehr kurzer Zeit. Als Folge davon wurden Geschäfte oder Geschäftszweige aufgegeben. Als 2020 die Corona-Krise die Schweiz erfasste, bestand deshalb hierzulande kein aufgestauter Strukturwandel. Entsprechend kam es nicht zu abrupten, schmerzlichen Anpassungen, die zu einer deutlichen Erhöhung der Arbeitslosenzahl hätten führen können. Die erfolgreich im Markt tätigen Unternehmen haben auf die Erfahrungen der letzten Jahre zurückgegriffen und schon früh Chancen gesucht und Anpassungen vorgenommen.

4. Der Branchenmix federte einen Teil des Wirtschaftseinbruchs ab

Die Schweizer Wirtschaft ist breit diversifiziert. Sie ist zum einen auf den allermeisten Märkten dieser Welt präsent und international wettbewerbsfähig. Zum anderen verfügt die Schweizer Wirtschaft über viele unterschiedliche Branchen wie die Uhrenindustrie, Finanzmarktindustrie (Banken/Versicherungen), Maschinen- und Medizinalgüterindustrie oder Pharmaindustrie. Da Krisen in aller Regel die Branchen und Märkte in unterschiedlicher Weise treffen, dämpft eine diversifizierte Wirtschaft den makroökonomischen Einbruch. Gerade der Gesundheitssektor mit Pharma- und Medtechindustrie ist wenig krisensensitiv und stützte die Konjunktur während der Pandemie. Doch auch die Finanzdienstleister kamen trotz der behördlichen Einschränkungen gut mit den Herausforderungen zurecht.

Einnahmen

Die ordentlichen Einnahmen des Bundes wachsen 2022 im Vergleich zum Vorjahresbudget um 1,8 Prozent. Die Zunahme der Einnahmen ist damit geringer als das Wachstum der Volkswirtschaft (nominales BIP = +3,8%). Gemäss den Juni-Hochrechnungen fallen die Einnahmen 2021 jedoch tiefer aus als budgetiert. Darauf basierend liegt das geplante Wachstum 2022 entsprechend höher, bei 3,2 Prozent (siehe Grafik, roter Balken).

Besonders stark ist das Wachstum der Gewinnsteuer (DBSt. juristische Personen). Die Einnahmen der Gewinnsteuer sollen bereits im laufenden Jahr die Budgetwerte übertreffen und auch 2022 kräftig weiterwachsen (im Vergleich zum VA21 +10,1%). In diesen Zahlen zeigt sich einmal mehr das in den letzten Jahren gestiegene Gewicht der juristischen Personen als Steuerzahlende. Lag der Anteil der juristischen Personen an den Einnahmen der direkten Bundessteuer vor Jahren noch bei gut einem Drittel, haben sich die Verhältnisse umgekehrt und Firmen zahlen mehr als die Hälfte der direkten Bundessteuer. Auch die Corona-Krise hat an diesem Bild nichts geändert, im Gegenteil. Firmen, etwa in den grossen Sektoren Finanzdienstleistungen und Pharma, waren in der Krise vergleichsweise robust und konnten und können deshalb unverändert hohe Beiträge an die Finanzierung des Bundes leisten.

Die Unternehmenssteuerreformen der Vergangenheit zahlen sich aus: Die Einnahmen aus der Gewinnsteuer erfuhren in den letzten Jahren eine bemerkenswerte Entwicklung und konnten sich seit Beginn der 1990er-Jahre fast verdreifachen. Zusammen mit der Einkommenssteuer finanziert die direkte Bundessteuer rund 30 Prozent des Bundeshaushalts.

Auch für die Einkommenssteuer (DBSt. natürliche Personen) ist 2022 ein vergleichsweise hohes Wachstum geplant (im Vergleich zum VA21 +5,6%). Der Ertrag der Einkommenssteuer ist in der Krise ebenfalls stabil geblieben, was auf staatliche Unterstützungsleistungen zurückgeführt wird (z.B. Erwerbsersatz), aber auch etwa auf Mehreinnahmen aus der 2020 in Kraft getretenen AHV- und Steuerreform (STAF).

Die vom Ertragsvolumen her ergiebigste Steuer des Bundes ist die Mehrwertsteuer. Die Erträge der Mehrwertsteuer entwickeln sich in der Regel parallel zur Wirtschaft. Seit der Bundesrat das Budget erstellt hat, haben sich die Prognosen zum Wirtschaftswachstum etwas verbessert. Gleichzeitig gibt es aktuell weltweite Lieferengpässe bei Vorprodukten und Rohstoffen, die zu Umsatzausfällen führen können. Eine solche Entwicklung könnte die Wirtschaftsaussichten für nächstes Jahr erheblich trüben. Es bestehen folglich gewisse Unsicherheiten bezüglich der weiteren Entwicklung der Mehrwertsteuer.

Die Veränderung der Einnahmen 2022 ist im Vergleich zum Vorjahresbudget in grauen und im Vergleich zur Juni-Schätzung des laufenden Jahres in orangen Balken dargestellt. Während die direkte Bundessteuer alle Erwartungen übertrifft und den Bundeshaushalt auch in der Pandemie stabilisiert, zeigt sich die Volatilität der Verrechnungssteuer in der Krise besonders stark.

Wenig absehbar und regelmässig stark schwankend sind die Einnahmen der Verrechnungssteuer (VST). Diese Steuer, die im Kern eine reine Sicherungssteuer ist und eigentlich nur untergeordneten Fiskalcharakter hat, ist in den letzten Jahren zu einer immer wichtigeren Finanzierungsquelle für den Bund geworden. Im Krisenjahr 2020 sind die Erträge der Verrechnungssteuer stark gesunken (allerdings ausgehend von einem Allzeithoch), und auch die Schätzungen für das laufende Jahr zeigen eine Entwicklung unter den Erwartungen. Für 2022 wird von einem weiteren Einnahmenrückgang ausgegangen (–10,5%). Ein Hauptgrund für diese Entwicklung liegt bei der zurückhaltenden Dividendenpolitik der Unternehmen, die wiederum mutmasslich eine Folge der coronabedingten Unsicherheiten und Kapitalbedürfnisse der Firmen ist. Die Corona-Pandemie hat die ohnehin grosse Volatilität der Verrechnungssteuer noch verstärkt.

Die vom Parlament beschlossene Abschaffung der Emissionsabgabe führt zu einem Rückgang beim Ertrag der Stempelabgaben. Der Rückgang stellt sich aktuell grösser dar als in anderen Jahren. Der Grund liegt im Charakter der Emissionsabgabe: Der Ertrag dieser Abgabe ist regelmässig am höchsten, wenn sich die Wirtschaft in einer Krise befindet und die Unternehmen auf neues Kapital angewiesen sind. Für das laufende Jahr 2021 gehen die Schätzungen davon aus, dass die Einnahmen aus der Abgabe eher hoch sind. Entsprechend höher fallen auf dieser Grundlage die Mindereinnahmen aus, sollte die Abgabe bei einem Ja in der Referendumsabstimmung vom 13. Februar 2022 abgeschafft werden (siehe Box Abschaffung Emissionsabgabe).

Ein weiteres Element, das die Einnahmenentwicklung dämpft, ist der Entscheid des Bundesrats zur Verwendung der von der Schweizerischen Nationalbank (SNB) an den Bund jährlich ausgeschütteten Dividende. Die SNB, sofern dies die Vorgaben erlauben, schüttet jährlich einen Teil des Gewinns als Dividende an Bund und Kantone aus. In den letzten zehn Jahren betrugt der Dividendenbetrag an den Bund jährlich durchschnittlich rund 700 Millionen Franken. Aufgrund der stark vergrösserten SNB-Bilanz sind die Gewinne der SNB gestiegen, und entsprechend hat der Bund mit der SNB eine höhere Dividende vereinbart: Neu beträgt sie maximal 2,0 Milliarden Franken (Bundesanteil; Kantone 4,0 Milliarden Franken). Beim Bund wurde der Dividendenbetrag bisher als ordentliche Einnahme behandelt und dem allgemeinen Bundeshaushalt zugeführt. Der Bundesrat hat nun beschlossen, dass der Teil der Dividende, der über dem langjährigen Mittel liegt, eine ausserordentliche Zusatzausschüttung darstellt, die für den Abbau der Corona-Schulden verwendet wird. Als Zusatzausschüttung hat der Bundesrat einen Betrag von 1,3 Milliarden Franken definiert. Dieser Dividendenteil wird neu nicht mehr in den ordentlichen, sondern in den ausserordentlichen Haushalt (wo die Corona-Schulden verbucht sind) geleitet. Weil im letzten Finanzplan für die Jahre 2022 bis 2024 die SNB-Dividende noch vollumfänglich als ordentliche Einnahme eingeplant war, führt der Entscheid des Bundesrats zu einer Mindereinnahme im ordentlichen Haushalt (–14,3% der nichtfiskalischen Einnahmen). Bei den ausserordentlichen Einnahmen steigt der Ertrag entsprechend. Der Grundbeitrag der SNB-Dividende von 700 Millionen Franken steht unverändert dem ordentlichen Haushalt zu.

Die Einnahmen aus der Unternehmenssteuer entwickeln sich deutlich dynamischer als die übrigen Fiskaleinnahmen und das nominale BIP. Die direkte Bundessteuer insgesamt, die Mehrwertsteuer und die Verrechnungssteuer machen über 70 Prozent der Bundeseinnahmen aus. Der Anteil der Stempelabgaben beträgt 2,6 Prozent.

In der längerfristigen Betrachtung nehmen die Einnahmen mit gut über zwei Prozent jährlich bis 2025 zu. In dieser Wachstumsprognose enthalten ist die Reform der AHV, die aufgrund einer geplanten Mehrwertsteuererhöhung zu Mehreinnahmen von wahrscheinlich über einer Milliarde Franken führen wird. Die Mehreinnahmen werden wie der gesamte über die Mehrwertsteuer erhobene Beitrag für die AHV über den Bundeshaushalt geleitet, weshalb die Einnahmen des Bundes steigen. Effektiv stehen die Mehreinnahmen aber nicht dem Bund zur Verfügung, sondern werden vollumfänglich der AHV gutgeschrieben. Ebenfalls berücksichtigt in den Zahlen sind die Reform der Verrechnungssteuer, die kurzfristig zu Mindereinnahmen von maximal 200 Millionen Franken führt und die vom Parlament im Herbst beschlossene Abschaffung der Industriezölle.

Noch nicht im Finanzplan enthalten sind Mindereinnahmen infolge der vom Parlament beschlossenen Erhöhung des Kinderdrittbetreuungsabzugs (10 Mio. Franken ab 2023), die Kosten der vom Parlament verlangten Erhöhung des Steuerabzugs für Krankenkassenprämien (230 Mio. Franken ab 2025, für diese Vorlage hat eine Vernehmlassung stattgefunden, die Botschaft folgt 2022) sowie der aktuell in der Beratung stehende Systemwechsel bei der Wohneigentumsbesteuerung (<400 Mio. Franken ab 2025). Ebenfalls nicht in den Planzahlen enthalten sind grosse Reformen bei der Einkommens- und der Gewinnsteuer, die für die nächsten Jahre erwartet werden. Bei der Einkommenssteuer geht es um die Abschaffung der Heiratsstrafe, die Mindereinnahmen bis zu 1,5 Milliarden Franken zur Folge haben kann. Bei der Gewinnsteuer wird die Schweiz Anpassungen vornehmen müssen, weil internationale Gremien unter anderem eine globale Mindeststeuer beschlossen haben. Die Folgen für die Schweiz sind nicht klar, es ist mit Mindereinnahmen zu rechnen.

Emissionsabgabe auf Eigenkapital: längst fällige Abschaffung einer verfehlten Steuer

Bis heute wird vom Bund eine Abgabe auf der Emission von inländischen Beteiligungsrechten erhoben. Die Abgabe beträgt ein Prozent und erfasst die Ausgabe und Erhöhung von Eigenkapital (z.B. in Form von Aktien, Stammeinlagen, Genossenschaftsanteilen). Die Abgabe betrifft jährlich rund 2000 Unternehmen, 80 bis 90 Prozent davon sind KMU.

Eigenkapital ist notwendig zur Absorbierung von Verlusten und dient der Widerstandsfähigkeit der Unternehmen. Es wird von den Eigentümern auf eigenes Risiko zur Verfügung gestellt. Neu zur Verfügung gestelltes Eigenkapital mit einer Abgabe zu belasten, ist in der Sache verfehlt und schädlich – für die Firmen und für die Volkswirtschaft als Ganzes und damit für uns alle. So fördert die Emissionsabgabe zum Beispiel die Verschuldung von Firmen, weil anders als bei Eigenkapital auf der Aufnahme von Fremdkapital (Kredite, Darlehen) keine Abgabe geschuldet ist. Eine höhere Verschuldung ist unerwünscht, weil sie Firmen schwächt und der Volkswirtschaft schadet. Ein Fehler der Emissionsabgabe ist auch, dass für ihre Bemessung einzig die Höhe von neuem Eigenkapital massgeblich ist. Ob es der Firma gut oder schlecht geht, ob sie Gewinne schreibt oder Verluste, ist grundsätzlich unerheblich. Eine Steuer auf Substanz (Eigenkapital ist die Kernsubstanz jedes Unternehmens), ohne Rücksicht auf die Einkommenssituation, ist die schädlichste Form der Besteuerung überhaupt und in modernen Steuersystemen eigentlich verpönt. Faktisch, und dies ist der grösste Fehler der Emissionsabgabe überhaupt, betrifft die Abgabe weniger die erfolgreichen Firmen (sie können mit einbehaltenen Gewinnen wirtschaften), sondern Firmen in einer frühen Lebensphase (Start-ups) und Firmen mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Die Einnahmen der Emissionsabgabe sind regelmässig in Krisen am höchsten, weil Unternehmen in solchen Situationen häufig Verluste schreiben und in der Folge auf neues Eigenkapital angewiesen sind. Besonders hohe Einnahmen verbuchte die Emissionsabgabe in den Krisenjahren 2001 (375 Mio. Franken) und 2008 (365 Mio. Franken). Auch 2021 könnte ein Rekordjahr werden. Der Bundesrat hat die Abschaffung der Emissionsabgabe auch darum unterstützt, weil auf diese Weise ein sinnvoller Beitrag zur Bewältigung der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie geleistet werden kann. Das Parlament hat nach mehr als zehnjähriger Beratung im Sommer dieses Jahres die Abschaffung beschlossen. Die Wirtschaft unterstützt diesen Schritt. Es handelt sich aus den dargelegten Gründen um ein langjähriges, wichtiges Anliegen.

Die Mindereinnahmen betragen rund 250 Millionen Franken jährlich. Die SP hat gegen die Vorlage das Referendum ergriffen. Die Volksabstimmung findet am 13. Februar 2022 statt.

Ausgaben

Die ordentlichen Ausgaben des Bundes bleiben 2022 auf dem Niveau des Vorjahres und beinhalten wiederum einen Posten für Corona-Massnahmen (ein weiterer, grösserer Teil von Corona-Massnahmen wird nach wie vor über den ausserordentlichen Haushalt finanziert). Betrachtet man den ordentlichen Haushalt ohne Corona-Ausgaben zeigt sich, dass bei den Ausgaben ein Wachstum stattfindet, und zwar von 2,1 Prozent. Diese Ausgabensteigerung liegt unter dem nominellen Wirtschaftswachstum (+3,8%), aber knapp über dem Wachstum der (ordentlichen) Einnahmen (+1,8%). Mit Ausnahme der Landwirtschaft verzeichnen alle Aufgabengebiete ein Wachstum. Das überdurchschnittliche Wachstum des Bereichs Übrige Aufgabengebiete geht auf die für das nächste Jahr geplante, vom geltenden CO2-Gesetz vorgesehene Erhöhung der CO2-Abgabe zurück, die Mehrausgaben für das Gebäudeprogramm und eine höhere Rückverteilung an die Wirtschaft und die Bevölkerung nach sich ziehen wird.

Abgesehen vom Transferbereich der Finanzen und Steuern wachsen die Ausgaben in der Bildung und Forschung am stärksten, gefolgt von den Ausgaben im Verkehr. Die Veränderung bei den übrigen Ausgaben geht zurück auf einen einmaligen Sondereffekt (CO2-Abgabe).

Das Ausgabenwachstum von 2022 setzt sich in den Folgejahren fort. Werden die Covid-Massnahmen ausgeklammert, beträgt es durchschnittlich ebenfalls 2,1 Prozent. Die stärksten Wachstumsraten verzeichnen die Aufgabenbereiche Soziale Wohlfahrt (unter anderem aufgrund der haushaltsneutralen Zusatzfinanzierung für die AHV), Finanzen und Steuern, Bildung und Forschung sowie Beziehungen zum Ausland.

Im Finanzplan weist insbesondere der stark gebundene Bereich der Sozialen Wohlfahrt eine überdurchschnittliche Entwicklung auf. Das Wachstum der Bereiche Bildung und Forschung sowie Finanzen und Steuern liegt ebenfalls leicht über demjenigen der ordentlichen Gesamtausgaben, wobei der Transferbereich Finanzen und Steuern stark geprägt ist von der Entwicklung der Einnahmen.

Das starke Wachstum der Sozialen Wohlfahrt steht exemplarisch für eine Entwicklung, die nicht neu ist, aber für den gesamten Bundeshaushalt zur immer grösseren Herausforderung wird: der hohe Anteil der gebundenen Ausgaben und ihr häufig überdurchschnittliches Wachstum. Der Anteil der gebundenen Ausgaben an den Gesamtausgaben ist innerhalb der letzten zehn Jahre um gut zehn Prozentpunkte auf 65 Prozent gestiegen. Dabei machen die Beiträge des Bundes an die Sozialversicherungen (u.a. AHV, IV, Ergänzungsleistungen und individuelle Prämienverbilligung) bereits einen Viertel der gesamten Bundesausgaben aus. Diese Ausgaben sind alle stark gebunden, das heisst sie können nicht von Jahr zu Jahr im Budget angepasst werden, selbst wenn dies aus einer Gesamtperspektive des Haushalts wünschbar wäre. Hinzu kommt, dass die gebundenen Ausgaben in den nächsten Jahren in der Tendenz stärker wachsen als das BIP und die an ihm orientierten Bundeseinnahmen. Für die gesetzlich schwach gebundenen Ausgaben (Landwirtschaft, Sicherheit, Beziehungen zum Ausland, Bildung und Forschung, Kultur) bedeutet dieser Trend, dass weniger Mittel für sie zur Verfügung stehen, weil die Gesamtausgaben nach oben begrenzt sind. economiesuisse hat wiederholt auf diese Problematik aufmerksam gemacht und auch der Bundesrat beobachtet die Entwicklung im Auftrag des Parlaments genau (siehe aktueller Bericht vom Oktober 2021). Das überdurchschnittliche Wachstum der gebundenen Ausgaben hat eine qualitative Dimension (der Bund wird in den Aufgaben, die er ausübt, immer unausgewogener) und daraus folgend eine quantitative: Soll das ungleichgewichtige Wachstum nicht dazu führen, dass gewisse Aufgaben nach und nach aus dem Haushalt verdrängt werden, könnten zusätzliche Einnahmen erforderlich werden. Ohne Steuererhöhungen werden diese Einnahmen kaum zu beschaffen sein. Die bereits hohe Abgabenquote der Schweiz und der enorme Finanzierungsbedarf der Altersvorsorge werden diesbezüglich jedoch Grenzen setzen.

Ausserordentlicher Haushalt

Nebst dem ordentlichen Haushalt hat der Bund einen ausserordentlichen Haushalt. Aus diesem werden besondere Ausgaben getätigt. Das Gesetz regelt, welche das sind. Massnahmen zur Bewältigung einer unvorhergesehenen Krise, wie sie die Corona-Pandemie darstellt, gehören dazu. Im ausserordentlichen Haushalt werden auch spezielle Einnahmen verbucht. In der Regel handelt es sich um Einnahmen aus einmaligen oder seltenen Vorgängen wie der Versteigerung von Mobilfunklizenzen. Vor der Corona-Krise lag das sogenannte Amortisationskonto, das den Stand des ausserordentlichen Haushalts abbildet, mit über drei Milliarden Franken im Plus. Zwei Jahre später beträgt der Fehlbetrag rund 25 Milliarden Franken. Dieser ist das Abbild der Hilfsmassnahmen, die der Bund zur Bekämpfung der Folgen der Corona-Pandemie ergriffen hat. Die hohe Zusatzverschuldung innert kurzer Zeit ist präzedenzlos.

Im ersten Jahr der Corona-Krise (2020) wurden ausserordentliche Corona-Ausgaben von 15 Milliarden Franken getätigt. Im laufenden Jahr 2021 belaufen sich die Kosten der Corona-Massnahmen etwa auf den gleichen Betrag. Obwohl sich die epidemiologische Lage entspannt und die Schweizer Wirtschaft anzieht, enthält auch der Voranschlag 2022 noch ausserordentliche Corona-Ausgaben.

Die ausserordentlichen Corona-Ausgaben betragen inklusive Nachmeldungen rund drei Milliarden Franken. Sie werden zur Hälfte für Sars-CoV-2-Tests ausgegeben (1,6 Mrd. Franken), weiter für den Covid-Erwerbsersatz (490 Mio. Franken), für Verluste aus dem 2020-Bürgschaftsprogramm (387 Mio. Franken) sowie für die Beschaffung von Impfstoffen (550 Mio. Franken). Ab 2023 sind keine weiteren ausserordentlichen Ausgaben mehr geplant. Ausgaben im Zusammenhang mit Corona sind dann ausschliesslich aus dem ordentlichen Haushalt zu bestreiten.

Parallel zum Auslaufen der Corona-Massnahmen beginnt der Bund mit der Amortisation der coronabedingten Neuverschuldung. Die Corona-Schulden entsprechen dem Stand des Amortisationskontos. Aktuelle Schätzungen gehen bis Ende 2022 von einem Fehlbetrag von rund 25 Milliarden Franken aus. Weil die Schuldenbremse den Ausgleich eines Fehlbetrags auf dem Amortisationskonto grundsätzlich innerhalb von sechs Jahren verlangt (mit der Option einer Verlängerung), hat der Bundesrat Amortisationsvorschläge verbunden mit einer Fristverlängerung in die Vernehmlassung geschickt (siehe nächster Abschnitt).