# 12 / 2021
16.11.2021

Bundesfinanzen 2022: Zurück zur Stabilität

Position economiesuisse

Für die Beratung des Voranschlags 2022 und des Finanzplans 2023 bis 2025 in der kommenden Wintersession und mit Blick auf die generelle Ausrichtung der Finanzpolitik, insbesondere die Frage des Schuldenabbaus, stehen für die Wirtschaft aktuell folgende Punkte und Empfehlungen im Vordergrund:

  • Umsetzung Budget 2022 gemäss Vorschlag Bundesrat

Der Bundesrat verfolgt eine zurückhaltende Finanzpolitik, die Rücksicht auf die nach wie vor bestehenden Unsicherheiten im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie nimmt. Der Voranschlag und der Finanzplan sind entsprechend nach dem Vorsichtsprinzip, aber durchaus mit Schwerpunkten gestaltet. Auf Mehrbelastungen in der Budgetberatung ist zu verzichten, die noch bestehenden, nicht genutzten Spielräume sind zu wahren. Der Bundeshaushalt kann auf der vom Bundesrat vorgelegten Grundlage in den nächsten Jahren ohne Abstriche finanziert werden. Das ist nicht selbstverständlich. Das prognostizierte neuerliche Gleichgewicht von Einnahmen und Ausgaben sollte nicht durch zusätzliche Belastungen für den Haushalt gefährdet werden.

  • Beendigung Krisenmodus: Weitere ausserordentliche Ausgaben vermeiden

Die Rückkehr zu stabilen Bundesfinanzen beinhaltet die Beendigung des Krisenmodus. Dank der steigenden Durchimpfung und der wirtschaftlichen Erholung kann die staatliche Unterstützung zurückgefahren werden. Ausserordentliche Ausgaben sind zwar für 2022 noch geplant, sie sollten jedoch nicht ausgeweitet und 2023, wie vom Bundesrat beabsichtigt, ganz eingestellt werden. Die Ausserordentlichkeit einer Lage für eine gewisse Zeit darf nicht dazu führen, dass der Bund Massnahmen für viele Jahre am ordentlichen Haushalt vorbei finanziert. Das Gesetz sieht dies nicht vor, und die Gefahr, dass die Schuldenbremse umgangen wird, steigt mit der Zeit. Eine solche Umgehung kann nur vermieden werden, indem die Corona-Schulden wieder vollständig abgebaut werden. Neue ausserordentliche Ausgaben erschweren dieses Vorhaben. Deswegen sind Massnahmen im Zusammenhang mit Corona spätestens ab 2023 vollständig in den ordentlichen Haushalt zurückzuführen.

  • Rückkehr zu regulären Wirtschaftshilfen; keine neuen Bundesaufgaben

Krisenausstieg und die Rückkehr zu Normalität und Stabilität bedeuten auch, dass sich der Bund wieder auf die traditionellen Stabilisatoren, soweit diese noch notwendig sind, beschränkt. Reguläre Wirtschaftshilfen sind beispielsweise die Kurzarbeitsentschädigung, die Arbeitslosenversicherung, die Exportrisikoversicherung oder Innosuisse. Aus der Notlage geborene Hilfsmassnahmen sind hingegen zu beenden. Es dürfen keine neuen Aufgaben mit dauerhaftem Finanzierungsbedarf für den Bund aus der Krise entstehen. Dazu fehlt die Berechtigung. Wären sie notwendig, wäre das Thema schon früher, vor der Krise, aufgetaucht. Aber auch aus finanzpolitischer Sicht wären solche neuen Aufgaben nicht zu verantworten. Wie gezeigt, sind die finanziellen Spielräume eng. Zudem sind grössere Projekte, die zum Teil effektiv schon seit Jahren diskutiert werden, in der Pipeline und heute noch nicht finanziert. Die Reform der Ehepaarbesteuerung bzw. die Abschaffung der Heiratsstrafe gehört dazu. Eine zurückhaltende Ausgabenpolitik wird in den nächsten Jahren im Gleichschritt mit einer sich erholenden Wirtschaft und wiedererstarkendem Wachstum erneut finanzielle Spielräume schaffen. Auch in Zukunft werden neue Projekte finanziert werden können und auch finanziert werden müssen. Die Unterscheidung von Notwendigem und lediglich Wünschbarem könnte aber noch wichtiger werden, als sie es in der Vergangenheit war. Dies insbesondere, weil auf der Seite der Gewinnsteuer aufgrund der neuen internationalen Steuerpolitik Einbussen längerfristig nicht ausgeschlossen werden können. Strukturerhaltung und ein Ausbau des staatlich finanzierten Sozialsystems als Ausflüsse der Corona-Pandemie haben im künftigen Bundeshaushalt keinen Platz. Die Weichen sind jetzt richtig zu stellen.

  • Vollständiger verbindlicher Corona-Schuldenabbau mit Variante 1

Weil die Schulden von heute die Ausgaben von morgen sind, ist mit Blick auf die längerfristige finanzpolitische Entwicklung auch der Abbau der Corona-Verschuldung wichtig. Der Bundesrat hat mit Variante 1 einen vernünftigen, praktikablen Vorschlag vorgelegt. Dieser Vorschlag sollte umgesetzt werden. Er ist die beste Garantie dafür, dass sich die Finanzpolitik der Zukunft nicht auch noch mit Corona-Altlasten herumschlagen muss. Eine tiefe Staatsverschuldung, das zeigen alle Erfahrungen, unterstützt stabile finanzielle Verhältnisse und einen leistungsfähigen Staat über die Zeit wie kaum eine andere Massnahme. Das Zinsumfeld mag heute tief sein und den Bund mit vermeintlichen «Gratisschulden» bedienen. Unter veränderten Bedingungen, in einem andern Zinsumfeld, kann die Schuldenbewirtschaftung jedoch plötzlich einschneidende Folgen für den Bundeshaushalt haben. Steuererhöhungen und Sparprogramme, das hat sich in den letzten Jahren im Bundesparlament, aber auch an der Urne immer wieder gezeigt, sind unbeliebt, und das zu Recht. Tiefe Schulden sind kein Garant, aber eine wichtige Voraussetzung dafür, dass das eine wie das andere vermieden werden kann. Die Wirtschaft fordert deshalb den verbindlichen und vollständigen Corona-Schuldenabbau.

Der Bund hat jetzt die Aufgabe, zur finanzpolitischen Normalität von vor der Krise und damit zur Stabilität zurückzukehren. Die Bedingungen dafür sind gegeben, die nötigen Schritte offensichtlich: Einhaltung der Schuldenbremse, ohne Wenn und Aber, konsequent und ohne neue «Verrechnungs-Tricks»; die Rückführung der Ausgaben in den ordentlichen Haushalt, wo zwar ein Wettbewerb um knappe Mittel herrscht, aber auch eine gewisse Garantie, dass knappes (Steuer-)Geld meist nur für effektiv Erforderliches ausgegeben wird; der Rückbau der Corona-Schulden, in einem vernünftigen Zeithorizont, ohne den Haushalt zu strapazieren, aber dennoch verbindlich und vollständig – das sind die wichtigsten Schritte der Mission «Zurück zur Stabilität», die jetzt unternommen werden müssen. Bereits heutige, aber vor allem spätere Generationen werden den Effort danken.