Wel­ches Ziel hät­ten Sie gern?

Zwei In­itia­ti­ven zum Thema Ge­sund­heits­kos­ten sor­gen der­zeit für Schlag­zei­len: Die CVP for­dert ein Kos­ten­ziel für die Grund­ver­si­che­rung, wäh­rend die SP mit einem Be­las­tungs­ziel die Prä­mi­en be­gren­zen will. Pro­ble­me im Ge­sund­heits­we­sen wer­den damit keine ge­löst. Wäh­rend die SP die Fi­nan­zie­rung än­dert und damit die Selbst­ver­ant­wor­tung schwächt, hat die In­itia­ti­ve der CVP noch grös­se­res Po­ten­zi­al, Scha­den an­zu­rich­ten.

Eine gute Volks­in­itia­ti­ve be­nennt ein rea­les Pro­blem und schlägt dafür eine rea­li­sier­ba­re und nach­hal­ti­ge Lö­sung vor. Lei­der sind sol­che In­itia­ti­ven äus­serst rar. Meis­tens wird nur der erste Teil er­füllt, denn der zwei­te ist weit schwie­ri­ger zu er­rei­chen. Die CVP und die SP haben ein rich­ti­ges Pro­blem er­kannt: Im Ge­sund­heits­we­sen herrscht teu­rer Blind­flug. Wir be­zah­len hohe Prä­mi­en, wis­sen aber nicht so recht, was wir dafür be­kom­men. Lo­gisch wäre es, ge­nau­er zu un­ter­su­chen, was ge­lie­fert wird und ob dies im Ein­klang mit den Kos­ten ge­schieht. Dafür braucht es Trans­pa­renz in der Leis­tungs­er­brin­gung. Die In­itia­ti­ven set­zen je­doch nur bei den Kos­ten an. Die SP will sie stär­ker ver­ge­mein­schaf­ten, die CVP will sie schlicht und ein­fach be­gren­zen.

Be­las­tungs­ziel ver­stärkt das Kos­ten­pro­blem

Mit der SP-In­itia­ti­ve würde die Selbst­ver­ant­wor­tung ge­schwächt. Das Re­zept ist sim­pel: Die Kos­ten sol­len stär­ker über Steu­er­gel­der fi­nan­ziert wer­den, damit sie nie­mand mehr be­merkt. Es ist of­fen­sicht­lich, dass das keine nach­hal­ti­ge Lö­sung ist, denn ein Grund­pro­blem der Kran­ken­ver­si­che­rung ist ja ge­ra­de die Ver­ge­sell­schaf­tung der Kos­ten. Wenn an­de­re be­zah­len, be­stellt man lie­ber etwas zu viel als zu wenig. Das sieht man daran, dass in der Grund­ver­si­che­rung die Kos­ten­ent­wick­lung höher ist als jene im ge­sam­ten Ge­sund­heits­we­sen. Dass die Fi­nan­zie­rung etwas damit zu tun hat, liegt auf der Hand. Heute be­steht ein An­reiz, un­nö­ti­ge Leis­tun­gen der All­ge­mein­heit an­zu­las­ten. Öko­no­men nen­nen das Phä­no­men auch «moral ha­zard» (mo­ra­li­sches Ri­si­ko). Es ge­fähr­det die So­li­da­ri­tät und treibt die Kos­ten in die Höhe. Da­ge­gen hilft eine re­gel­mäs­si­ge An­pas­sung der Kos­ten­be­tei­li­gung. Doch die SP for­dert genau das Ge­gen­teil: mehr Steu­er­fi­nan­zie­rung statt mehr Ei­gen­fi­nan­zie­rung.

Wartezimmer

Kos­ten­ziel mit gros­sem Scha­den­s­po­ten­zi­al

Die CVP geht einen an­de­ren Weg und ver­langt ein Kos­ten­ziel. Sie stellt damit eine ein­fa­che Lö­sung für ein kom­ple­xes Pro­blem in Aus­sicht. Doch wie soll man das um­set­zen? Mög­lich wäre das nur in einem zen­tra­lis­ti­schen Sys­tem, wie man es in Gross­bri­tan­ni­en kennt. Dort hat man mit dem Na­tio­nal Health Sys­tem (NHS) eine zen­tra­le Stel­le, die über Leben und Tod ent­schei­det. Ist eine The­ra­pie zu teuer, wird sie nicht zu­ge­las­sen und die Pa­ti­en­ten müs­sen mit den Kon­se­quen­zen leben. In der Schweiz wird de­zen­tral ent­schie­den. Das hat sich be­währt. Schliess­lich ver­dan­ken wir un­se­ren gan­zen Wohl­stand de­zen­tra­len, wett­be­werb­li­chen Struk­tu­ren. Das Kos­ten­ziel der CVP lies­se sich mit sol­chen Struk­tu­ren nicht um­set­zen. Ihre In­itia­ti­ve för­dert darum nicht pri­mär die Kos­ten­sen­kung, son­dern die Um­stel­lung auf eine zen­tra­lis­ti­sche Staats­me­di­zin.

Ethisch hei­kel

Wenn man im Ge­sund­heits­we­sen ein «Bud­get» be­schliesst, muss je­mand ent­schei­den, wel­che Leis­tungs­er­brin­ger wel­chen An­teil an den Kos­ten be­an­spru­chen dür­fen. Das ist ins­be­son­de­re ethisch hei­kel, weil ei­ner­seits ver­schie­de­ne Krank­hei­ten bes­ser be­han­delt wer­den kön­nen und sich an­de­rer­seits Zahl und Alter der Be­trof­fe­nen stän­dig ver­än­dern. Wel­che Be­völ­ke­rungs­grup­pen sol­len künf­tig be­vor­zugt be­han­delt wer­den und für wel­che The­ra­pi­en be­zahlt man al­len­falls nicht mehr? Sol­che Be­wer­tun­gen schaf­fen nur Ver­lie­rer. Zu mei­nen, man könne den Pelz wa­schen, ohne dass er nass wird, ist naiv. Eine Kos­ten­brem­se führt nicht nur zur Staats­me­di­zin, son­dern auch zu zen­tra­li­sier­ten Ent­schei­dun­gen über Krank­heit, Lei­den und Tod. Zum Glück gibt es gute Al­ter­na­ti­ven dazu, die wir in einem frü­he­ren Ar­ti­kel be­reits be­leuch­tet haben.