
Versorgungssicherheit im Gesundheitswesen verbessern
Das Wichtigste in Kürze:
- Protektionismus und Krisen erhöhen das Risiko von Versorgungsengpässen.
- Die Versorgung mit lebenswichtigen Güter und Dienstleistungen obliegt primär der Wirtschaft.
- Diversifikation von Lieferketten ist entscheidend.
Die Versorgung der Bevölkerung mit medizinischen Gütern und Dienstleistungen muss jederzeit gewährleistet sein. Die zunehmende Komplexität globaler Lieferketten und internationale Krisen haben jedoch die Verletzlichkeit unseres Gesundheitssystems deutlich gemacht. Knappheiten und Versorgungsengpässe treten immer häufiger auf. Die Wirtschaft hat deshalb ein Positionspapier erarbeitet, das konkrete Lösungsansätze für mehr Versorgungssicherheit aufzeigt.
Wirtschaft als Schlüsselakteur
Die Versorgung mit lebenswichtigen Gütern und Dienstleistungen ist gemäss Artikel 102 der Bundesverfassung (BV; SR 101) in erster Linie Aufgabe der Wirtschaft. Dieser Leitgedanke widerspiegelt sich im neuen Positionspapier, das economiesuisse zusammen mit der Pharma- und Medtech-Industrie sowie weiteren Experten der Kommission Gesundheit erarbeitet hat. Der Staat soll nur subsidiär eingreifen bei machtpolitischen oder kriegerischen Bedrohungen sowie in schweren Mangellagen, welche die Wirtschaft nicht selbst zu bewältigen vermag. Die Bundesverfassung verpflichtet den Bund zudem zur Vorsorge.
Aktuelle Herausforderungen
Die Bedrohung der Versorgungssicherheit hat sich in den letzten Jahren verschärft. Protektionistische Tendenzen und internationale Krisen beeinträchtigen zunehmend die Stabilität der Versorgungsketten. Der anhaltende Kostendruck hat zu einer verstärkten Verlagerung der Produktion ins Ausland geführt, was die Abhängigkeit von wenigen Produktionsstandorten erhöht.
Im Pharmabereich haben vor allem Preissenkungen bei patentabgelaufenen Produkten zu einer problematischen Zentralisierung der Produktion geführt. Bei den Medizinprodukten führt die neue europäische Medical Device Regulation (MDR) zu Verzögerungen bei der Markteinführung neuer Produkte. Dies führt insbesondere bei Nischenprodukten zu einer Verknappung des Angebots. Die vom Parlament überwiesene Motion Müller (20.3211), die den Handlungsspielraum bei der Beschaffung von Medizinprodukten erweitern will, sollte umgehend umgesetzt werden.
Massnahmenpaket für mehr Resilienz
Das Positionspapier schlägt ein ausgewogenes Massnahmenpaket zur Stärkung der systemischen Resilienz vor:
- Offene Märkte stärken: Für schwach bis moderat regulierte Produkte ist der freie Handel zu fördern. In stark regulierten Märkten wie Arzneimitteln und Medizinprodukten sind attraktive Rahmenbedingungen für Zulassung und Vergütung entscheidend. Generell gilt es, Bürokratie abzubauen und die Marktdynamik nicht durch unangemessene Mengenbeschränkungen und Preisfestsetzungen zu sabotieren.
- Lieferketten diversifizieren: Durch die grenzüberschreitende Harmonisierung von Konformitätsanforderungen sollen Anreize für eine Diversifizierung der Lieferketten geschaffen werden.
- Gezielte Lagerhaltung: Eine finanziell gesicherte, moderate Pflichtlagerhaltung für ausgewählte, lebenswichtige Arzneimittel soll die Versorgungssicherheit erhöhen. Zudem sollen Pufferlager entlang der gesamten Distributionskette geprüft werden.
- Digitalisierung vorantreiben: Der elektronische Handel soll gefördert werden, inklusive E-Labelling und elektronischer Betrugsbekämpfung.
- Effizientes Monitoring: Die Ausweitung der Meldepflicht soll durch ein vom Bund finanziertes automatisiertes Meldesystem unterstützt werden.
- Prüfung von internationalen Abkommen: Einbindung der Schweiz in internationalen Abkommen, welche die Versorgungssicherheit erhöhen.
Innovation als Schlüssel
Die Wirtschaft spielt eine zentrale Rolle für die Resilienz des Gesundheitssystems. Gute Rahmenbedingungen sind unerlässlich, um Innovation und Marktzugang zu fördern. Staatliche Eingriffe sollten massvoll und nur dort erfolgen, wo sie wirklich notwendig sind.
Das Positionspapier dient als Grundlage für die Beurteilung verschiedener aktueller politischer Vorstösse, darunter das vom Bundesrat angekündigte Massnahmenpaket gegen Engpässe bei Arzneimitteln und die Volksinitiative «Ja zur sicheren medizinischen Versorgungssicherheit».
economiesuisse setzt sich für eine nachhaltige Stärkung der Versorgungssicherheit ein, die auf marktwirtschaftlichen Prinzipien basiert und gleichzeitig die besonderen Anforderungen des Gesundheitssektors berücksichtigt. Nur so kann die hochwertige medizinische Versorgung der Schweizer Bevölkerung auch in Zukunft gewährleistet werden.
Die detaillierte Position von economiesuisse zur Versorgungssicherheit lässt sich im Positionspapier nachlesen.