Un­er­war­te­te Auf­he­bung der Wech­sel­kurs­un­ter­gren­ze: Schwei­zer Wirt­schaft in gros­ser Sorge

Mit ihrem Ent­scheid, den Wech­sel­kurs von 1.20 Fran­ken zum Euro per so­fort auf­zu­he­ben, hat die Schwei­ze­ri­sche Na­tio­nal­bank (SNB) die Märk­te und Un­ter­neh­men völ­lig über­rascht. Aus Sicht der Wirt­schaft ist die­ser Schritt zum ak­tu­el­len Zeit­punkt nicht nach­voll­zieh­bar.

Die An­kün­di­gung der SNB, die seit dem Sep­tem­ber 2011 gel­ten­de Wech­sel­kurs­un­ter­gren­ze zum Euro nicht län­ger zu ver­tei­di­gen, kommt auch für den Wirt­schafts­dach­ver­band eco­no­mie­su­is­se zu einem un­er­war­te­ten Zeit­punkt. An­ge­sichts der an­ge­spann­ten Si­tua­ti­on auf den Fi­nanz­märk­ten und der er­neu­ten Un­si­cher­heit über die Zu­kunft des Euro-Raums ist mit einem dau­er­haf­ten Über­schies­sen des Wech­sel­kur­ses zu rech­nen. Ob sich unter die­sen Um­stän­den in nä­he­rer Zu­kunft über­haupt ein neues Gleich­ge­wicht ein­pen­delt, das le­dig­lich eine ge­wis­se und keine über­mäs­si­ge und damit schä­di­gen­de Über­be­wer­tung des Fran­kens zur Folge hat, ist sehr un­si­cher.

Die Ge­fahr be­steht, dass die Schwei­zer Lan­des­wäh­rung der­art stark bleibt, dass sich die Ex­port­in­dus­trie und der Tou­ris­mus nicht in­nert nütz­li­cher Frist an die neuen Wäh­rungs­ver­hält­nis­se an­pas­sen kön­nen und viele Be­trie­be oder Be­triebs­zwei­ge, die bei einem «ver­nünf­ti­gen» Wech­sel­kurs wett­be­werbs­fä­hig wären, ihre Segel strei­chen müs­sen. Auch die Fi­nanz­dienst­leis­ter sehen sich an­ge­sichts hö­he­rer Ne­ga­tiv­zin­sen mit Pro­ble­men kon­fron­tiert. Zudem wird der so­ge­nann­te Ein­kaufs­tou­ris­mus at­trak­ti­ver denn je. Auf­grund güns­ti­ge­rer Im­por­te wird die ne­ga­ti­ve Preis­ent­wick­lung wie­der zum Thema, so­dass sich die Preis­sta­bi­li­tät (ein Ziel­band von null bis zwei Pro­zent In­fla­ti­on) viel­leicht nicht mehr er­rei­chen lässt.

Hof­fen auf eine Sta­bi­li­sie­rung in Eu­ro­pa

Es ist stark zu be­zwei­feln, dass die Sen­kung der Ne­ga­tiv­zin­sen von –0,25 auf –0,75 Pro­zent einen stark dämp­fen­den Ein­fluss auf die Wech­sel­kurs­ent­wick­lung ent­fal­ten wird. Je­den­falls sind die Er­fah­run­gen mit die­sem In­stru­ment nicht sehr Er­folg ver­spre­chend. Die Na­tio­nal­bank scheint dar­auf zu bauen, dass sich die Lage in Eu­ro­pa bald sta­bi­li­siert und sich der Fran­ken/Euro-Kurs bei einem für die Wirt­schaft er­träg­li­chen Wert ein­pen­deln wird. Der ak­tu­el­le Zeit­punkt für die Auf­he­bung der Wech­sel­kurs­un­ter­gren­ze ist pro­ble­ma­tisch für die ge­sam­te Wirt­schaft. Es bleibt zu hof­fen, dass sich die Rück­kehr zu mehr oder we­ni­ger fle­xi­blen Wech­sel­kur­sen zum heu­ti­gen Zeit­punkt als rich­tig er­wei­sen wird. Eine Rück­kehr zu einer Geld­po­li­tik mit Wech­sel­kurs­un­ter­gren­ze ist bis auf Wei­te­res auf jeden Fall nur sehr schwer mög­lich.