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Schweiz ist kein Steuer- und Abgabenparadies

Immer wieder wird behauptet, dass die Fiskalquote in der Schweiz im internationalen Vergleich tief sei. Ein Blick hinter die effektiven Zahlen zeigt ein anderes Bild. Werden sämtliche Zwangsabgaben berücksichtigt, befindet sich die Steuer- und Abgabenlast der Schweiz weit über dem OECD-Durchschnitt.

Die Eidgenössische Finanzverwaltung (EFV) publiziert regelmässig die Fiskalquote für die Schweiz (Summe der gesamten Steuern und Abgaben im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt). Der aktuelle Wert stammt von Oktober 2012. Die EFV stützt sich bei ihren Berechnungen auf ein Modell der OECD. Nach dieser Berechnungsweise kommt die EFV zum Schluss, dass die Schweizer Fiskalquote – trotz einer Zunahme im Jahr 2011 – im internationalen Vergleich nach wie vor tief ist. Diese Aussage stimmt nur beschränkt.

In der OECD-Berechnung werden nicht alle obligatorischen Beiträge erfasst, bzw. sämtliche Zahlungen an private Einrichtungen – Pensionskassen, Krankenkassen, Unfallversicherungen usw. – sind nicht enthalten. Bleiben diese Zahlungen unberücksichtigt, gehört die Schweizer Fiskalquote tatsächlich zu den tiefsten im OECD-Raum.

Kürzlich hat das Bundesamt für Sozialversicherungen die aktuellen Zahlen zu den Abgaben an privatrechtliche Institutionen veröffentlicht. Werden diese Beiträge sowie jene an öffentlich-rechtliche Institutionen in der Berechnung berücksichtigt, liegt die Fiskalquote der Schweiz bei rund 41,7 Prozent. Dieser Wert liegt deutlich über dem OECD-Durchschnitt (33,8 Prozent 2010) und nur unwesentlich tiefer als jener der skandinavischen Länder, die für ihre hohen Abgaben bekannt sind (siehe Grafik). Besorgniserregend ist vor allem das markante Wachstum. Seit 1990 ist die Fiskalquote um 6,6 Prozentpunkte gestiegen. Kein anderes OECD-Land hat einen solchen Anstieg verzeichnet. Nur gerade Italien liegt mit einem Plus von 5,1 Prozentpunkten annähernd auf der Höhe der Schweiz. Diverse Anpassungen der Sozialversicherungsbeiträge sowie bei den Steuern (insbesondere Mehrwertsteuererhöhungen) führten zu diesem starken Anstieg. Im Gegensatz zur Schweiz konnten in der betrachteten Zeitperiode viele OECD-Staaten ihre Fiskalquoten senken. In Schweden beispielsweise sank die Fiskalquote im Vergleich zu 1990 um 7,7 Prozentpunkte.

Eine hohe Fiskalquote wirkt sich tendenziell negativ auf die Standortattraktivität eines Landes aus. Um die Wettbewerbsfähigkeit sowie den Wohlstand der Schweiz zu erhalten, ist es angezeigt, die Abgaben- und Steuerlast zu stabilisieren und einen weiteren Anstieg zu vermeiden. Entgegen der landläufigen Meinung ist die Fiskalquote der Schweiz im internationalen Vergleich heute schon überdurchschnittlich hoch.

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