Leitlinien für eine neue, volkswirtschaftlich sinnvolle Raumpolitik
Zersiedelung, Verdichtung, Landschaftsschutz und weitere raumpolitische Themen führen in der Schweiz seit geraumer Zeit zu teilweise hitzigen Debatten. Diese werden im kommenden Winter in der Volksabstimmung über die radikale Zersiedelungsinitiative kulminieren. Der Wirtschaftsdachverband economiesuisse will sich mit konstruktiven Vorschlägen in diese wichtige Diskussion einbringen und hat deshalb neue Leitlinien für eine wirtschaftsfreundliche und lösungsorientierte Raumpolitik erarbeitet.
Eigentlich sind die Siedlungsentwicklung nach innen und eine effiziente Raumnutzung spätestens seit der letzten Revision des Raumplanungsgesetzes (RPG I) offizielle Ziele der schweizerischen Raumpolitik. Die Realität ist aber von Fehlanreizen geprägt: Die oft träge und starre Raumplanung, fehlende Kostenwahrheit sowie falsche Regulierungen auf dem Immobilienmarkt und in den Baugesetzen führen zu einer ineffizienten Raumnutzung. Die Raumpolitik sollte stärker im Dienst einer kohärenten und volkswirtschaftlich sinnvollen Raumentwicklung stehen. Sie dient der Gesellschaft und anerkennt die spezifischen Bedürfnisse der Wirtschaft. Wie eine solche Raumpolitik aussieht, skizziert economiesuisse in heute veröffentlichten Leitlinien. Darin werden drei Hauptziele einer künftigen Raumpolitik hervorgehoben:
1. Weiterentwicklung ermöglichen
Die Entwicklungsmöglichkeiten der Unternehmen und der Infrastruktur sollen erhalten bleiben. Das Planungs- und Baurecht soll schlanker werden und schnellere Verfahren ermöglichen. Dazu gehört gemäss economiesuisse ein behördlicher «One-Stop-Shop» im Bau- und Planungsbereich und eine maximale Bearbeitungsdauer für Bewilligungsverfahren. Zusätzlich ist die Flexibilität innerhalb der Bauzonen zu vergrössern, damit raumpolitische Vorgaben schneller und einfacher an veränderte Rahmenbedingungen – wie Marktentwicklungen oder gesellschaftliche Bedürfnisse – angepasst werden können.
2. Den vorhandenen Raum effizient nutzen
Die Raumpolitik soll sich vermehrt auf die effiziente und zielgerichtete Nutzung des vorhandenen Raums konzentrieren. Die wichtigste Massnahme gegen die Zersiedelung ist, dass neuer Wohn- und Gewerberaum innerhalb des bestehenden Siedlungsgebiets entstehen bzw. ausgebaut werden kann. Verdichtung hat viele Vorteile, die es zu nutzen gilt. Bauen in Zentren muss einfacher und schneller werden und der Raum im Untergrund und in der Höhe muss besser genutzt werden. Auch an einer klaren Trennung von Baugebiet und Nichtbaugebiet will economiesuisse festhalten. Bei der Interessensabwägung sind die Bedürfnisse der Wirtschaft aber stets angemessen zu berücksichtigen.
3. Standortattraktivität stärken
Die Raumpolitik soll dazu beitragen, dass die Standortattraktivität der Schweiz für Unternehmen und die Lebensqualität der Bevölkerung gestärkt wird. Zudem ist ein funktionierender Immobilienmarkt wichtig. Der Staat sollte diesen primär den privaten Akteuren überlassen und nur bei eindeutigem Marktversagen Eingriffe in Betracht ziehen.
Die neuen Leitlinien sollen dem Dachverband der Schweizer Unternehmen und seinen Mitgliedern als Richtschnur dienen, um raumpolitische Vorhaben künftig nach einheitlichen Kriterien zu beurteilen. economiesuisse ist überzeugt, dass ein solcher Ansatz zu nachhaltigeren Lösungen führt als radikale Initiativen.