EU: feh­len­de Ko­hä­renz zwi­schen Klima-, En­er­gie- und Wirt­schafts­po­li­tik

Wie ein Be­richt von Fron­tier Eco­no­mics zeigt, fehlt es der eu­ro­päi­schen Klima-, En­er­gie- und Wirt­schafts­po­li­tik bis­her an Ko­hä­renz. Der feh­len­de ge­samt­heit­li­che An­satz und teils wi­der­sprüch­li­che Ziel­set­zun­gen schrän­ken die Wett­be­werbs­fä­hig­keit Eu­ro­pas wei­ter ein und be­dro­hen die Ver­sor­gungs­si­cher­heit. Der eu­ro­päi­sche Wirt­schafts­dach­ver­band BUSI­NES­S­EU­RO­PE macht in einem neuen Po­si­ti­ons­pa­pier Vor­schlä­ge für die eu­ro­päi­sche En­er­gie- und Kli­ma­po­li­tik bis 2030.
Die Eu­ro­päi­sche Union hält wei­ter­hin am lang­fris­ti­gen Ziel fest, die CO2-Emis­sio­nen im Ver­gleich zu 1990 bis 2050 um 85 bis 90 Pro­zent zu sen­ken. Wie die Kom­mis­si­on in dem im März pu­bli­zier­ten Grün­buch zur Stu­die fron­tier eco­no­mics.pdf), der auf­zeigt, dass die der­zei­ti­ge eu­ro­päi­sche Klima- und En­er­gie­po­li­tik ein­sei­tig auf das Er­rei­chen der Kli­ma­zie­le fo­kus­siert ist.

BUSI­NES­S­EU­RO­PE sieht die gröss­te Her­aus­for­de­rung in der Un­ver­ein­bar­keit der am­bi­tio­nier­ten EU-Kli­ma­zie­le mit der eu­ro­päi­schen En­er­gie- und Wirt­schafts­po­li­tik. So sieht sich die eu­ro­päi­sche Wirt­schaft ver­mehrt mit kom­pa­ra­ti­ven Nach­tei­len kon­fron­tiert. Die Schie­fer­gas­re­vo­lu­ti­on (Fracking) hat die Prei­se für Erd­gas in den USA hal­biert, wäh­rend In­dus­trie­kun­den in der EU nach wie vor hohe Gas­prei­se be­zah­len. Zudem wird die feh­len­de Ko­hä­renz zwi­schen den En­er­gie- und Kli­ma­zie­len, den so­ge­nann­ten 20-20-20-Zie­len (20 Pro­zent Re­duk­ti­on der CO2-Emis­sio­nen, 20 Pro­zent Ef­fi­zi­enz­stei­ge­rung und 20 Pro­zent Pro­duk­ti­ons­an­teil für er­neu­er­ba­re En­er­gi­en bis zum Jahr 2020), sowie das Feh­len eines glo­ba­len Kli­ma­ab­kom­mens bei gleich­zei­tig am­bi­tiö­sen uni­la­te­ra­len Re­duk­ti­ons­zie­len, be­män­gelt. Die teure staat­li­che För­de­rung von er­neu­er­ba­ren En­er­gi­en mit der gleich­zei­ti­gen De­cke­lung der Emis­sio­nen setzt keine zu­sätz­li­chen An­rei­ze, den CO2-Austoss zu re­du­zie­ren. Ge­ra­de das Bei­spiel Deutsch­land zeigt, dass wegen der mas­si­ven Sub­ven­tio­ne­rung der un­re­gel­mäs­sig an­fal­len­den Wind- und So­lar­ener­gie zu­sätz­li­che Gas- und Koh­le­kraft­wer­ke als Re­ser­ve be­nö­tigt wer­den – und daher der Aus­stoss von CO2 wie­der zu­nimmt. Wegen der Wirt­schafts­kri­se ist der Preis für CO2-Zer­ti­fi­ka­te auf ein Re­kord­tief ge­fal­len. Des­halb wird vor­wie­gend bil­li­ge, aber we­sent­lich kli­ma­schäd­li­che­re Kohle als En­er­gie­trä­ger ein­ge­setzt.

BUSI­NES­S­EU­RO­PE for­dert daher neben der Re­duk­ti­on von Emis­sio­nen auch Ver­sor­gungs­si­cher­heit und Wett­be­werbs­fä­hig­keit als Ziele, an der sich die eu­ro­päi­sche Klima- und En­er­gie­po­li­tik in Zu­kunft aus­rich­ten soll. Ins­be­son­de­re wird ge­for­dert, dass die en­er­gie­ef­fi­zi­en­tes­te Tech­no­lo­gie vom Markt und nicht vom Staat er­ko­ren wird. Zudem sol­len For­schung und Ent­wick­lung bes­ser ko­or­di­niert und die Grund­la­gen für die Kom­plet­tie­rung des eu­ro­päi­schen En­er­gie­bin­nen­mark­tes ge­legt wer­den. Schliess­lich for­dert BUSI­NES­S­EU­RO­PE, eine vor­schnel­le Ab­kehr von der Ge­win­nung von Schie­fer­gas zu ver­hin­dern, die ins­be­son­de­re in den USA zu einer Re­vo­lu­ti­on auf dem En­er­gie­markt und ver­bes­ser­ter Wett­be­werbs­fä­hig­keit ge­führt hat.

Da die En­er­gie­stra­te­gie 2050 der Schweiz sich an der­je­ni­gen der EU ori­en­tiert, sind die in der Stu­die von Fron­tier Eco­no­mics ge­mach­ten Aus­sa­gen zu­min­dest teil­wei­se auch auf die Schweiz an­wend­bar. Sie be­stä­ti­gen die für die Schweiz ge­mach­ten Aus­sa­gen in der Stu­die des In­sti­tuts für Wirt­schafts­stu­di­en Basel 2012 sowie der KOF-Stu­die von Egger/Nigai vom Früh­jahr die­ses Jah­res.

Des­halb emp­feh­len so­wohl der eu­ro­päi­sche Wirt­schafts­ver­band BUSI­NES­S­EU­RO­PE als auch eco­no­mie­su­is­se ein Ende des eu­ro­päi­schen Al­lein­gangs und eine in­ter­na­tio­na­le Ko­ope­ra­ti­on bei der Re­duk­ti­on der CO2-Emis­sio­nen. Zur Ver­bes­se­rung der Ver­sor­gungs­si­cher­heit und zur Sen­kung der En­er­gie­prei­se wäre die Schaf­fung eines eu­ro­päi­schen Bin­nen­mark­tes für En­er­gie Vor­aus­set­zung. Durch den Ab­schluss eines bi­la­te­ra­len Strom­ab­kom­mens würde auch die Schwei­zer Wirt­schaft davon pro­fi­tie­ren kön­nen.