Auf dem Weg in die di­gi­ta­le Zu­kunft

Für die Di­gi­ta­li­sie­rung un­se­res Lan­des ist die Schaf­fung einer elek­tro­ni­schen Iden­ti­tät (E-ID) ent­schei­dend. Diese stellt die Grund­la­ge für die Wei­ter­ent­wick­lung der di­gi­ta­len Schweiz dar. Bis heute fehlt ein In­stru­ment, um Per­so­nen im In­ter­net ein­deu­tig zu iden­ti­fi­zie­ren. Dies kann bei wich­ti­gen Kauf­ge­schäf­ten oder bei Kon­tak­ten mit den Be­hör­den von gros­ser Be­deu­tung sein. Wäh­rend alle Län­der um uns herum be­reits eine E-ID haben, hinkt die Schweiz ge­fähr­lich hin­ter­her.

Diese Ver­zö­ge­rung ist haus­ge­macht: Wir hat­ten auf das fal­sche Pferd ge­setzt. Be­reits vor knapp 20 Jah­ren war der erste Vor­stoss für eine lan­des­wei­te di­gi­ta­le Iden­ti­tät ein­ge­reicht wor­den. Der Stän­de­rat hat nun die Chan­ce, dem Ge­setz für die staat­lich ge­prüf­te elek­tro­ni­sche Iden­ti­tät end­lich zum Durch­bruch zu ver­hel­fen. Ver­pas­sen wir diese Chan­ce, ge­ra­ten wir in­ter­na­tio­nal noch wei­ter ins Hin­ter­tref­fen. Das Par­la­ment for­der­te den Bun­des­rat be­reits im Jahr 2000 auf, Vor­schlä­ge dazu zu er­ar­bei­ten, wie er in Zu­sam­men­ar­beit mit pri­va­ten An­bie­tern für jeden Ein­woh­ner eine di­gi­ta­le Iden­ti­tät ga­ran­tie­ren kann. Der Bun­des­rat an­er­kann­te zwar die Wich­tig­keit des An­lie­gens, lan­cier­te aber erst zehn Jahre spä­ter die Su­is­seID. Die­ses Kon­zept ver­fehl­te trotz mil­lio­nen­schwe­rer Sub­ven­tio­nie­rung seine Ziel­set­zun­gen. Eine Eva­lua­ti­on des In­sti­tuts für Wirt­schafts­stu­di­en Basel zeig­te 2016 zu tiefe Nut­zer­zah­len und zu wenig An­wen­dungs­mög­lich­kei­ten, weil die Nut­zung auf den öf­fent­li­chen Be­reich be­schränkt war.

Eine rein staat­li­che E-ID führt nicht zum Er­folg.

Die ge­rin­ge Markt­durch­drin­gung der Su­is­seID sowie in­ter­na­tio­na­le Er­fah­run­gen zeig­ten, dass eine rein staat­li­che E-ID nicht zum Er­folg führt. Der Ent­wurf des Bun­des­ge­set­zes für die elek­tro­ni­schen Iden­ti­fi­zie­rungs­diens­te geht des­halb rich­ti­ger­wei­se von einer Auf­ga­ben­tei­lung zwi­schen Staat und Pri­va­ten aus. Der Staat ist der Her­aus­ge­ber der E-ID, und die Pri­va­ten sor­gen für deren Ein­satz­mög­lich­kei­ten. In­ter­na­tio­nal er­folg­rei­che Bei­spie­le hier­für sind vor allem die skan­di­na­vi­schen Län­der: In Dä­ne­mark liegt die Nut­zung bei na­he­zu 100 Pro­zent, in Finn­land bei mehr als 60 Pro­zent, in Nor­we­gen bei mehr als 70 Pro­zent, und in Schwe­den ver­zeich­net die E-ID eine Markt­durch­drin­gungs­ra­te von rund 75 Pro­zent und wird somit von 7,2 Mil­lio­nen Schwe­din­nen und Schwe­den be­nützt. Rein staat­li­che Lö­sun­gen wie unter an­de­rem in Deutsch­land und Gross­bri­tan­ni­en haben eine Nut­zungs­ra­te von bloss etwa fünf Pro­zent.

E-ID


Die Zeit ist reif für eine breit ein­setz­ba­re E-ID – auch in der Schweiz. Jede wei­te­re Ver­zö­ge­rung hätte ne­ga­ti­ve Aus­wir­kun­gen für die Bür­ge­rin­nen und Bür­ger, aber auch für die Wirt­schaft: Für zahl­rei­che öf­fent­li­che Dienst­leis­tun­gen müss­ten wir wei­ter­hin per­sön­lich an den Schal­ter. Wir könn­ten im In­ter­net keine Ver­trä­ge ab­schlies­sen, ohne vor­her eine Kopie un­se­res Aus­wei­ses zu er­stel­len und ein­zu­sen­den. Zahl­rei­che wei­te­re Er­schwer­nis­se blie­ben be­ste­hen. Aus volks­wirt­schaft­li­cher Sicht las­sen sich ohne E-ID keine Ef­fi­zi­enz­ge­win­ne rea­li­sie­ren, und im in­ter­na­tio­na­len Stand­ort­wett­be­werb ge­rie­te die Schweiz in Sa­chen Di­gi­ta­li­sie­rung noch wei­ter ins Hin­ter­tref­fen.

Eine staat­lich ge­prüf­te elek­tro­ni­sche Iden­ti­tät bie­tet Schutz vor Be­trugs­fäl­len.

Eine staat­lich ge­prüf­te elek­tro­ni­sche Iden­ti­tät ge­hört zur Ba­sis­in­fra­struk­tur für die di­gi­ta­le Schweiz. Dar­auf kön­nen wei­te­re Dienst­leis­tun­gen – so­wohl in den Be­rei­chen des E-Go­vern­ments als auch der Pri­vat­wirt­schaft – auf­ge­baut wer­den. Zudem ver­bes­sert sich mit der staat­lich ge­prüf­ten elek­tro­ni­schen Iden­ti­tät der Schutz vor Be­trugs­fäl­len im di­gi­ta­len Raum. Der Na­tio­nal­rat hat dem lö­sungs­ori­en­tier­ten Ge­set­zes­ent­wurf in der Früh­jahrs­ses­si­on 2019 mit deut­li­cher Mehr­heit zu­ge­stimmt. Der Stän­de­rat hat in der Som­mer­ses­si­on die Chan­ce, hier nach­zu­zie­hen.

Die­ser Bei­trag er­schien am 4. Juni 2019 in der «NZZ».