Technik und IT: Frauen, wo seid ihr?
Die Frauen sind das grösste Potenzial in den Ingenieurwissenschaften zur Linderung des Fachkräftemangels, doch die Frauenanteile bei Studienbeginn sind jüngst sogar gesunken statt gestiegen.
Die Sozioökonomen von Rütter Soceco haben im Auftrag von IngCH eine neue Studie erstellt, die aufzeigt, dass der Frauenanteil in den Ingenieurwissenschaften an Schweizer Universitäten seit 2016 auf mittlerweile 27,5 Prozent gesunken ist. Die Frauenanteile an Fachhochschulen liegen mit 20,1 Prozent noch tiefer als an universitären Hochschulen, verzeichneten in den letzten Jahren aber immerhin einen leichten Trend nach oben. Innerhalb der Ingenieurstudien variieren diese Anteile aber kräftig: Sowohl an Fachhochschulen wie auch an Universitäten sind sie gerade in der Technik und der IT sehr tief.
Frauenanteile beim Schweizer Ingenieurnachwuchs, 2019 (Quelle: Rütter Soceco, 2019 )
Es ist schon frustrierend: Die öffentliche Hand, Hochschulen, Gymnasien und die Privatwirtschaft unternehmen seit Jahren viel, um Kinder und Jugendliche für Ingenieurberufe zu begeistern. «MINT-Camps», tolle Unterrichtsmaterialien, Programmiersprachen für Kinder, Robotik-Meisterschaften oder Experimentierkoffer werden zur Verfügung gestellt und vielfach mit grossem Erfolg auch eingesetzt. Viele dieser Programme versuchen gerade auch die Mädchen zu adressieren. Die Rückmeldungen sind denn auch in aller Regel positiv: Mädchen sind genauso talentiert wie Jungs und lassen sich für technische Fragen begeistern. Doch trotzdem ergreifen sie später diese Berufe nicht.
Die Wirtschaft weist permanent auf den Fachkräftemangel in den technischen Berufen hin.
Die Jobaussichten im digitalen Zeitalter sind nicht nur gut, sondern in etlichen Fällen wie bei den Informatikern sogar ausgezeichnet. Spezialisten etwa in Cyber Security werden direkt nach dem Studium zu äusserst attraktiven Jobbedingungen angeworben. Und dennoch bleibt der Frauenanteil an Schweizer Universitäten im Informatikstudium mit 14 Prozent weiterhin sehr tief. 2018 waren lediglich 110 von total 774 Studienanfängern in diesem Fach weiblich. Ähnlich selten sind Elektro- oder Maschineningenieurinnen oder Frauen in der Mikrotechnik.
Auch an den Fachhochschulen sind die Frauenanteile gerade in Technik und IT sehr tief.
Welche Schlüsse sollen wir daraus ziehen? Es wäre falsch, mit dem Engagement zur MINT-Förderung aufzuhören. Denn allen soziokulturellen Prägungen zum Trotz ist es alles andere als aussichtslos, junge Frauen für technische Berufe zu begeistern. So liegen die Frauenanteile im Ausland in Technik und IT vielfach deutlich höher als in der Schweiz. Zudem tickt die Uhr der demografischen Entwicklung. Es wird für den Wirtschaftsstandort Schweiz entscheidend sein, ob wir den Fachkräftebedarf künftig decken können. Besonders in der Technik und in der IT liegt bei talentierten Frauen derzeit noch viel zu viel Potenzial brach, das in Zukunft ausgenutzt werden muss.