Der vor­mund­schaft­li­che Staat – Zu viel Schutz und Len­kung füh­ren zu Plan­wirt­schaft

Ich ver­mis­se an­hal­ten­den, lau­ten Pro­test. Oder zu­min­dest häu­fi­ge­ren ent­schie­de­nen Wi­der­spruch. Kaum eine Woche ver­geht, da nicht ent­we­der im Par­la­ment oder in der Ver­wal­tung min­des­tens eine neue Idee aus­ge­brü­tet wird, wie man den Bür­gern und Kon­su­men­ten die­ses Lan­des noch mehr Für­sor­ge an­ge­dei­hen las­sen könn­te. Neh­men diese ei­gent­lich das schlei­chen­de Gift einer immer stär­ker wer­den­den Be­vor­mun­dung noch wahr? Oder hat man sich schon lang­sam an die star­ke staat­li­che Hand ge­wöhnt, die ge­setz­li­che Für­sor­ge bis in jeden Win­kel des Wohn­zim­mers und des Wirt­schafts­le­bens treibt? Eine zu­sätz­li­che De­kla­ra­ti­ons­vor­schrift für Le­bens­mit­tel hier, eine Wer­be­ein­schrän­kung für Ta­bak­pro­duk­te oder Kos­me­tik dort…

Ein ak­tu­el­les Bei­spiel für ideo­lo­gisch ge­trie­be­nen In­ter­ven­tio­nis­mus und eine er­neu­te ord­nungs­po­li­ti­sche Ab­wei­chung ist die ge­plan­te Sen­kung des Höchst­zins­sat­zes für Kon­sum­kre­di­te. Die Idee mag gut klin­gen: Wenn Kon­su­men­ten we­ni­ger für ihre Kre­di­te be­zah­len müs­sen, lau­fen sie we­ni­ger Ge­fahr, sich zu über­schul­den. Die Wirk­lich­keit sieht je­doch an­ders aus: Der gut ge­mein­te Ein­griff führt ers­tens nicht zum Ziel und wirkt sich – schlim­mer noch – ne­ga­tiv auf die Ge­samt­wirt­schaft aus. Zu die­sem Schluss kommt auch eine vom Staats­se­kre­ta­ri­at für Wirt­schaft (Seco) in Auf­trag ge­ge­be­ne Stu­die: Es wäre mit einem spür­ba­ren Ab­fall des Bin­nen­kon­sums und einem tie­fe­ren Wirt­schafts­wachs­tum zu rech­nen. Zudem wäre die Aus­wir­kung der Höchst­zins­satz­sen­kung auf Über­schul­dun­gen der­art minim, dass sie eine Ein­schrän­kung der Ver­trags­frei­heit, der Kon­su­men­ten­sou­ve­rä­ni­tät und des (heute of­fen­sicht­lich spie­len­den) Wett­be­werbs nicht recht­fer­tigt. Das viel wich­ti­ge­re In­stru­ment gegen Ver­schul­dung ist die be­ste­hen­de und ge­setz­lich vor­ge­schrie­be­ne Kre­dit­fä­hig­keits­prü­fung. Ein re­strik­ti­ver Höchst­zins­satz ist hin­ge­gen der fal­sche An­satz. Er führt nur dazu, dass der Wett­be­werb unter den An­bie­tern be­schränkt wird und laut Ge­setz kre­dit­wür­di­ge Per­so­nen vom An­ge­bot aus­ge­schlos­sen wer­den. Die Folge wäre eine Kon­so­li­die­rung unter den An­bie­tern. We­ni­ger An­bie­ter und ein er­schwer­ter Markt­ein­tritt für neue Wett­be­wer­ber be­deu­ten aber letzt­lich hö­he­re Prei­se und we­ni­ger Aus­wahl für die Kon­su­men­ten.

Vor lau­ter viel­leicht gut ge­mein­ter Vor­sor­ge bleibt uns Kon­su­men­ten immer we­ni­ger Raum für freie Ent­schei­dun­gen.

Mischt sich der Staat in die markt­kon­for­me Preis­bil­dung zwi­schen An­ge­bot und Nach­fra­ge ein, kommt es zu schäd­li­chen Fehl­steue­run­gen und Markt­ver­zer­run­gen. Gegen un­zu­läs­si­ge Wett­be­werbs­be­schrän­kun­gen durch Un­ter­neh­men geht die Wett­be­werbs­kom­mis­si­on (WEKO) vor. 

Durch einen tie­fe­ren Ma­xi­mal­zins­satz für Kon­sum­kre­di­te wer­den so­wohl Schuld­ner wie auch Gläu­bi­ger durch den Ge­setz­ge­ber be­vor­mun­det. Kre­di­te zu einem hö­he­ren Zins wären ver­bo­ten, auch wenn beide Sei­ten ein­ver­stan­den sind. Wie weit wol­len wir noch gehen? Was ist als Nächs­tes dran? Wel­che Ver­hal­tens­wei­se gilt als zu ris­kant, als un­ver­nünf­tig oder un­ge­sund – so­dass sie zwangs­läu­fig un­ter­bun­den ge­hört? Vor lau­ter viel­leicht gut ge­mein­ter Vor­sor­ge bleibt uns Kon­su­men­ten immer we­ni­ger Raum für freie Ent­schei­dun­gen. Und vor lau­ter Len­kung lan­den wir lang­fris­tig in der Plan­wirt­schaft.

Daher blei­be ich dabei: An­ge­sichts der staat­li­chen Ein­grif­fe in die freie Ge­sell­schaft und Markt­wirt­schaft an allen Ecken und Enden wäre ein brei­te­rer laut­star­ker Pro­test durch­aus an­ge­bracht.