Die Drei ??? und die En­er­gie­vi­si­on 2050

Meine Kin­der lieb­ten die Ge­schich­ten der Drei ???. Die eif­ri­gen Freun­de lösen ge­mein­sam Rät­sel und Ge­heim­nis­se aller Art. Auch die En­er­gie­stra­te­gie 2050 des Bun­des­rats stellt uns vor Rät­sel: Aus­stieg aus der Kern­ener­gie, Sen­kung des En­er­gie­ver­brauchs und Aus­bau der neuen er­neu­er­ba­ren En­er­gi­en. Die Ziele sol­len mit einem kräf­ti­gen Schuss Sub­ven­tio­nen, etwas Plan­wirt­schaft und einer Prise guten Glau­bens er­reicht wer­den. Wie mit die­sem Re­zept eine zahl­ba­re und kon­stan­te Ver­sor­gungs­si­cher­heit ge­währ­leis­tet wer­den soll, bleibt ein gros­ses Fra­ge­zei­chen. Ob­wohl die Schäd­lich­keit die­ser Zu­ta­ten für die Wirt­schaft längs­tens be­kannt ist, fin­det das alt­be­kann­te Am­men­mär­chen immer wie­der Zu­hö­rer.

Span­nen­de Er­zähl­a­ben­de mit Kin­dern in Ehren, hier geht es um die Grund­la­ge un­se­res Wohl­stands. Mit der Sta­bi­li­tät des Wirt­schafts­stand­orts Schweiz darf nicht ge­spielt wer­den. Meine Kin­der sol­len eine Zu­kunft in der Schweiz haben. Des­halb be­steht drin­gen­der An­pas­sungs­be­darf die­ses kost­spie­li­gen Ex­pe­ri­ments.

Es war ein­mal

Er­neu­er­ba­re En­er­gie aus Was­ser­kraft ist in der Schweiz seit vie­len Jahr­zehn­ten er­folg­reich. Um 1960 er­kann­ten die Schwei­zer Strom­ver­sor­gungs­un­ter­neh­men je­doch, dass Was­ser­kraft al­lei­ne nicht mehr aus­reicht für eine si­che­re En­er­gie­ver­sor­gung. Zu­sätz­lich wurde des­halb auf Kern­ener­gie ge­setzt, auch, weil damit die Ab­hän­gig­keit von Erdöl und kli­ma­schäd­li­che Emis­sio­nen re­du­ziert wer­den konn­ten. Dies nicht zu­letzt durch SP-Bun­des­rat Willy Spüh­ler, einem der stärks­ten Be­für­wor­ter der Kern­ener­gie. Mit der En­er­gie­stra­te­gie soll diese Ent­wick­lung nun wie­der rück­gän­gig ge­macht und durch er­neu­er­ba­re En­er­gi­en wie Solar- und Wind­strom er­setzt wer­den. Die neuen er­neu­er­ba­ren En­er­gi­en wer­den seit sechs Jah­ren mit Hun­der­ten Mil­lio­nen Fran­ken über das In­stru­ment der kos­ten­de­cken­den Ein­spei­se­ver­gü­tung (KEV) sub­ven­tio­niert. Trotz­dem tra­gen sie auch heute erst 3,8 Pro­zent zu un­se­rer Strom­ver­sor­gung bei. Ein we­sent­li­cher Grund dafür ist ihre star­ke Wet­ter­ab­hän­gig­keit. In ab­seh­ba­rer Zeit ste­hen sie uns nicht als aus­rei­chen­de und kon­stan­te En­er­gie zur Ver­fü­gung. Genau dar­auf ist die Wirt­schaft je­doch an­ge­wie­sen, denn be­reits ein Strom­aus­fall von 15 Mi­nu­ten ver­ur­sacht in der Schweiz einen wirt­schaft­li­chen Scha­den von 250 Mil­lio­nen Fran­ken. 

Lesen Sie die Pa­ckungs­bei­la­ge

In der Schweiz gehen auf­grund des star­ken Fran­kens jede Woche Ar­beits­plät­ze ver­lo­ren. Viele Un­ter­neh­men schrei­ben rote Zah­len oder müs­sen eng kal­ku­lie­ren. Wie so oft in wirt­schaft­lich fros­ti­gen Zei­ten, wird die Wirt­schaft auch noch von einer Grip­pe ge­plagt. Sie heisst Sub­ven­tio­ni­tis und löst Hus­ten, Schnup­fen oder bei stra­pa­zier­tem Im­mun­sys­tem gar hohes Fie­ber aus. In der In­dus­trie­bran­che ist die bit­te­re Me­di­zin meist Abbau von Ar­beits­plät­zen oder die Ver­la­ge­rung von Pro­duk­ti­ons­stand­or­ten ins Aus­land. Mit güns­ti­gen, sta­bi­len Rah­men­be­din­gun­gen könn­ten wir uns gut auf wirt­schaft­li­che Win­ter­zei­ten vor­be­rei­ten. Bei mei­nen Kin­dern sorge ich ja auch dafür, dass sie bei Mi­nus­tem­pe­ra­tu­ren mit Mütze und Hand­schu­hen nach draus­sen gehen. Wird es bit­ter­kalt, lege ich ihnen lie­ber noch einen Pull­over mehr an. Die­ses Prin­zip soll­te auch in der Wirt­schaft gel­ten. Doch Un­ter­neh­men noch mit zu­sätz­li­chen Kos­ten zu be­las­ten ist, als würde ich meine Kin­der bar­fuss in den Schnee schi­cken. Genau das haben Bun­des­rat und Par­la­ment im Mo­ment vor. Sie wol­len die Wirt­schaft in schwie­ri­gen Zei­ten mit noch hö­he­ren Kos­ten be­las­ten. Ge­ra­de letz­ten Monat hat der Bun­des­rat die CO2-Ab­ga­be per 2016 um 40 Pro­zent er­höht. Mit der En­er­gie­stra­te­gie sol­len auch wei­te­re Ab­ga­ben wie die KEV er­höht und – noch schlim­mer- über Jahre wei­ter­ge­zo­gen wer­den. Das hat un­ge­sun­de Markt­ver­zer­run­gen zur Folge. Wer­den bei einer Krank­heit Me­di­ka­men­te ein­ge­setzt, ist die Do­sie­rung ent­schei­dend. Genau so ver­hält es sich bei der fi­nan­zi­el­len Un­ter­stüt­zung neuer Tech­no­lo­gi­en. Eine kurze, ge­ziel­te An­schubs­fi­nan­zie­rung kann eine Vit­amin­sprit­ze für neue Tech­no­lo­gi­en sein, um diese markt­fä­hig zu ma­chen. Lang­zeit­sub­ven­tio­nie­run­gen hin­ge­gen ver­gif­ten die Wirt­schaft. Des­halb gilt auch bei der En­er­gie­stra­te­gie: Lesen Sie die Pa­ckungs­bei­la­ge! 

Zu­rück in die Zu­kunft gibt’s nur in Hol­ly­wood

Die En­er­gie­stra­te­gie will nicht nur die Kos­ten er­hö­hen, son­dern auch En­er­gie spa­ren. Bis 2035 soll der En­er­gie­ver­brauch auf den Stand der 1960er- und 1970er-Jahre ge­senkt wer­den. So in­ter­es­sant eine kurze Rück­blen­de in die Zeit der Er­fin­dung der Drei ??? ist, eine Zeit­rei­se in die Ver­gan­gen­heit wird in der Rea­li­tät schwie­rig. Die Wirt­schaft ist ex­po­nen­ti­ell ge­wach­sen, die An­zahl Ma­schi­nen und elek­tro­ni­scher Ge­rä­te hat zu­ge­nom­men. Ten­denz stei­gend. Zu­rück in die Zu­kunft gibt’s nur in Hol­ly­wood.

Eine kurze, ge­ziel­te An­schub­fi­nan­zie­rung kann eine Vit­amin­sprit­ze für neue Tech­no­lo­gi­en sein, um diese markt­fä­hig zu ma­chen. Lang­zeit­sub­ven­tio­nie­run­gen hin­ge­gen ver­gif­ten die Wirt­schaft.

Bes­ser ist es, die Zu­kunft mit dem Rea­li­täts­sinn eines Er­wach­se­nen, aber auch mit viel Of­fen­heit und Er­fin­der­geist zu be­schrei­ten. Die Wirt­schaft tut gut daran, sich für eine Viel­zahl tech­no­lo­gi­scher und nach­hal­ti­ger Ent­wick­lun­gen zu in­ter­es­sie­ren. Aber Pro­to­ty­pen müs­sen ge­tes­tet und neue Ent­wick­lun­gen fak­ten­ba­siert ana­ly­siert wer­den. Dann soll­te neu­tral be­ur­teilt wer­den, für wel­chen Be­reich die Tech­no­lo­gie ein­setz­bar und wo sie un­zu­rei­chend ist. Genau so müs­sen die ver­schie­de­nen En­er­gie­sys­te­me fak­ten­ba­siert ver­glei­chen wer­den – ohne ideo­lo­gi­sche Scheu­klap­pen. 

En­er­gie­träu­me­rei­en und an­de­re Kin­der­ge­schich­ten

Zu­ge­ge­ben, ich wäre auch gerne ein De­tek­tiv. Ich möch­te her­aus­fin­den, wie ein Bü­ro­kra­tie­mons­ter En­er­gie­ef­fi­zi­enz her­bei­führt und gleich­zei­tig den En­er­gie­ver­brauch in kur­zer Zeit um fan­tas­ti­sche 40 Pro­zent senkt. Dafür fehlt mir aber die Ein­bil­dungs­kraft. Tat­sa­che ist, dass die Wirt­schaft im Som­mer wie im Win­ter be­zahl­ba­ren, kon­stan­ten Strom braucht. Die Be­las­tung von Un­ter­neh­men mit zu­sätz­li­chen Ab­ga­ben ist eine gif­ti­ge In­fu­si­on für den Pro­duk­ti­ons­stand­ort Schweiz. Nur we­ni­ge strom­in­ten­si­ve Un­ter­neh­men kön­nen sich diese Ab­ga­ben rück­erstat­ten las­sen, wenn sie sich zu En­er­gie­ef­fi­zi­enz­zie­len ver­pflich­ten. Für eine aus­rei­chen­de Di­ver­si­fi­zie­rung der Schwei­zer Wirt­schaft brau­chen wir je­doch eine star­ke In­dus­trie. Des­halb darf die KEV-Ab­ga­be nicht er­höht wer­den und es muss für weit mehr Un­ter­neh­men Rück­erstat­tungs­mög­lich­kei­ten mit­tels Ver­ein­ba­rung von En­er­gie­ef­fi­zi­enz­zie­len ge­schaf­fen wer­den. Die En­er­gie­stra­te­gie in ihrer ak­tu­el­len Ver­si­on ist aus wirt­schaft­li­cher Per­spek­ti­ve bü­ro­kra­tisch, teuer und nicht ziel­füh­rend.