Herbstsession 2020

Zwar hinter Plexiglasscheiben, aber wieder unter der Bundeshauskuppel hielten die Eidgenössischen Räte vom 7. bis 25. September die an Vorlagen dicht befrachtete Herbstsession ab. Dringliche Covid-19-Vorlagen prägten die Debatten genauso wie langjährige Reformprojekte. Für economiesuisse fällt die Bilanz grundsätzlich erfreulich aus.

Die Session im Überblick

Verabschiedet hat das Parlament das revidierte CO2-Gesetz. economiesuisse begrüsst das Ziel des Gesetzes, in der Umsetzung geht es in einigen Bereichen aber sehr weit. Erfreulich ist, dass künftig alle Unternehmen sogenannte «Zielvereinbarungen» abschliessen können.

Nach dreijähriger Debatte und langer Vorarbeit konnte auch die Datenschutzrevision endlich abgeschlossen werden. Zwar hat sich das Parlament für eine wenig praktikable Regelung beim Profiling ausgesprochen, bei der die Wirtschaft auf eine pragmatische Umsetzung angewiesen ist. Entscheidend ist aber, dass die Schweiz nun ein modernes Datenschutzgesetz hat, welches auch gleichwertig mit den Regeln in der EU ist.

Erfreulich und ein wichtiges Signal – speziell in der Corona-Krise – ist der Entscheid des Ständerats, auf die Vorlage Abschaffung der Industriezölle einzutreten. Als nächster Schritt muss sich nun die Kommission des Ständerats für deren definitive Abschaffung aussprechen.

Geglückt und unter Dach und Fach ist auch das Abkommen zwischen der Schweiz und Grossbritannien über die Rechte der Bürgerinnen und Bürger infolge des Austritts des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union und des Wegfalls des Freizügigkeitsabkommens: Dieses Abkommen ermöglicht in diesem Bereich die Fortsetzung der guten Beziehungen der Schweiz mit den Vertragspartnern für die Zeit nach dem Brexit.

Ebenfalls positiv zu werten ist die klare Absage beider Kammern, Palmöl bei den Freihandelsabkommen mit Malaysia und Indonesien auszuklammern. Nicht der Zollschutz, sondern eine regelbasierte Liberalisierung beim Import von nachhaltig produziertem Palmöl in die Schweiz stärkt die nachhaltige Entwicklung.

Zukunftsorientiert zeigten sich beide Räte ferner bei der sehr deutlichen Verabschiedung der Blockchain-Vorlage. Sie schafft die Voraussetzungen, damit die Schweiz sich als ein führender, innovativer und nachhaltiger Standort für Blockchain-/Distributed-Ledger-Technologie (DLT)-Unternehmen weiterentwickeln kann.

Auch das Gesetz über die internationale Zusammenarbeit und Mobilität in der Bildung haben die Räte zur Zufriedenheit von economiesuisse verabschiedet. Dass künftig beim Bildungsaustausch neben der Assoziierung an internationale Förderprogramme auch Schweizer Programme gleichwertig umgesetzt und gefördert werden können, ist genauso begrüssenswert wie der Verzicht auf die Schaffung neuer Fördertatbestände. Auf der Zielgeraden befindet sich die BFI-Botschaft, die Räte müssen allerdings noch wenige Differenzen bereinigen.

Die Schlussabstimmungen passiert haben ferner mehrere Covid-19-Vorlagen. Mit dem Covid-19-Gesetz selbst sollen die Corona-Notverordnungen – wo notwendig – in ordentliches Recht überführt werden. Unter politischem Druck hat das Parlament insgesamt sehr umfangreiche Nothilfe und weitgehende Härtefallregeln verabschiedet. economiesuisse erwartet, dass die verantwortlichen Behörden deren Umsetzung in der Praxis restriktiv handhaben, deren Richtigkeit überprüfen und auch stichprobenartige Kontrollen durchführen. Missbrauch soll keine Chance haben.

Die Revision des Geldwäschereigesetzes ist noch nicht abgeschlossen. Sie geht nach der Behandlung im Ständerat zurück an den Nationalrat. Hier muss der Fokus im Interesse des Finanzstandorts Schweiz auf dem Eintreten auf die Vorlage sowie dem Ausscheiden aus dem sogenannten «intensivierten Folgeprozess» der FATF liegen.

Statt die Motion im ersten Schritt zu versenken, hat der Ständerat das Begehren zur Errichtung eines Staatsfonds an die Kommission zur ausführlichen Behandlung verwiesen. economiesuisse wird sich gegen das Vorhaben vehement wehren. Denn unabhängig davon, wie ein solcher geäufnet wird, wäre die Unabhängigkeit der Schweizerischen Nationalbank betroffen. Diese ist für economiesuisse jedoch unantastbar.

Richtigerweise keine Chance hatte im Nationalrat schliesslich die überaus schädliche 99%- Initiative. Geht es nach der Grossen Kammer, soll sie Volk und Ständen ohne Gegenvorschlag zur Abstimmung vorgelegt werden. Diesem klaren Votum sollte sich auch der Ständerat anschliessen. Die Vorlage will Kapitaleinkommen über einem noch zu bestimmenden Schwellenwert im Umfang von 150 Prozent besteuern, was insbesondere mittelständische Unternehmen vor gravierende Probleme stellen und dem Wirtschaftsstandort Schweiz schaden würde. economiesuisse wird das Vorhaben mit aller Kraft bekämpfen.

Zu Beginn der Herbstsession kehren die eidgenössischen Räte am 7. September wieder unter die Bundeshauskuppel zurück. Pandemiebedingt hatte das Parlament während zweier Sessionen «extra muros» getagt. Möge diese Rückkehr Zeichen dafür sein, dass auch inhaltlich wieder etwas Normalität einkehrt. Statt hitziger Diskussionen um abenteuerliche Ideen, wie den Auswirkungen der Pandemie beizukommen sei, braucht es nun die Rückbesinnung auf Prinzipien und Grundregeln, die das Erfolgsmodell der Schweizer Wirtschaftspolitik ausmachen. Und mithin die Voraussetzung bilden, dass die Schweiz bis heute im Vergleich zu den meisten anderen Ländern besser durch die Krise gekommen ist.

Die wirtschaftliche Erholung darf nun durch nichts gefährdet werden. Die Schweiz darf und kann sich keine Experimente leisten: Das gilt mit Blick auf die Beschlüsse des Parlaments als auch an der Urne – zu denken ist hier etwa an die Kündigungsinitiative oder an die Unternehmens-Veranwortungs-Initiative, die demnächst zur Abstimmung gelangen.

In der Herbstsession gilt es deshalb, weder den Stimmen zu folgen, die steuerliche Massnahmen zur Finanzierung der Krisenlasten fordern, noch jenen, die aus ähnlichen Gründen einen Staatsfonds errichten wollen. Beides ist keine gute Idee und muss – Letzteres vom Ständerat – abgelehnt werden. Die Corona-Krise darf kein Freipass für finanzpolitische Unvernunft sein. Die Covid-19-Pandemie führt zu immensen, präzedenzlosen Herausforderungen für die öffentlichen Finanzen. Deshalb gilt es auch unter allen Umständen, an der Schuldenbremse festzuhalten.

Die Weichen richtig stellen sollte der Ständerat insbesondere bei der Abschaffung der Industriezölle. Der Rat muss nun auf die Vorlage eintreten und sie auch annehmen. Importzölle verteuern Beschaffungskosten künstlich, sie schützen unsere Industrie nicht, sondern bremsen Produktivität, Innovationsfähigkeit und Wettbewerbsfähigkeit hiesiger Unternehmen gegenüber der ausländischen Konkurrenz. Gerade in schwierigen Zeiten wie heute ist es zentral, die Wirtschaft wieder auf Touren zu bringen.

Annehmen sollte der Ständerat ausserdem die Vorlage, mit der die internationale Zusammenarbeit im Bereich der Bildung sowie der Berufsbildung neu geregelt wird. Die Revision stellt unter anderem die Beteiligung an europäischen Bildungsprogrammen und autonome Lösungen der Schweiz gleich. Auch die Mittel für die Förderung von Bildung, Forschung und Innovationen in den Jahren 2021 bis 2024 sollten gemäss Bundesratsvorschlag gesprochen werden. Damit wird der Schweizer Bildungs- und Forschungsplatz gestärkt. Der Bundesrat beantragt dafür knapp 28 Milliarden Franken.

Die Kleine Kammer sollte ferner – entgegen dem Nationalrat – auf die Revision des Geldwäschereigesetzes eintreten. Will der Finanzplatz international anerkannt bleiben, braucht es eine Anpassung der hiesigen Regeln an internationale Standards. International abgestimmte Lösungen braucht es auch beim Datenschutz, und zwar ohne einen Swiss Finish. Die Revision befindet sich bereits in der Differenzbereinigung. Noch offen ist die zentrale Frage nach der Regelung des sogenannten Profiling. Der Wirtschafts-, Forschungs- und Innovationsstandort Schweiz ist hier auf eine praktikable Lösung angewiesen, welche die Schweiz nicht ins Abseits manövriert. Deshalb sollte der Nationalrat bei seiner ursprünglichen Fassung bleiben.

Differenzen müssen auch beim CO2-Gesetz noch bereinigt werden – voraussichtlich von beiden Räten. Das heutige Gesetz wird totalrevidiert, weil es nur regelt, wie die Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2020 reduziert werden sollen. Für die Zeit nach 2020 hat der Bundesrat deshalb Vorschläge zur weiteren Verminderung der Treibhausgasemissionen präsentiert. Die Vorlage wurde von den Räten um einige Punkte verschärft. Umso wichtiger ist es, dass zum Beispiel bei der noch offenen Frage nach dem sogenannten Inlandteil eine für die Wirtschaft tragbare Lösung gefunden wird. Während der Bundesrat vorschlägt, dass 60 Prozent der Treibhausgasemissionen durch Massnahmen im Inland reduziert werden sollen, schlägt der Nationalrat 75 Prozent vor. Aus Sicht der Wirtschaft ist bereits der Bundesratsvorschlag ambitioniert.

Ohne Gegenvorschlag ablehnen sollte der Nationalrat ferner die linke 99%-Initiative (Volksinitiative «Löhne entlasten, Kapital gerecht besteuern»). Sie will, dass Kapitaleinkommen wie Zinsen und Dividenden über einem noch zu bestimmenden Schwellenbetrag im Umfang von 150 Prozent versteuert werden: also um 50 Prozent höher als andere Einkommensarten. Die Vorlage verstösst gleich gegen mehrere Prinzipien der Verfassung. Sie ist nur schon deswegen abzulehnen. Ausserdem würde sie mittelständischen Unternehmen und dem Wirtschaftsstandort gravierend schaden, und dies ohne sachliche Notwendigkeit.

Ebenso klar eine Absage erteilen sollte der Nationalrat den drei Vorstössen, die einen Ausschluss von Palmöl aus den Freihandelsabkommen (FHA) mit Indonesien respektive Malaysia verlangen. Diese Freihandelsabkommen wurden sorgfältig und mit weitgehenden Bestimmungen zur Nachhaltigkeit ausgehandelt. Dies stellt einen Verhandlungserfolg dar, der durch falschen Protektionismus gefährdet würde.

Gutheissen sollte die Grosse Kammer hingegen das Abkommen der Schweiz mit dem Vereinigten Königreich von Grossbritannien und Nordirland, welches die im Rahmen des Freizügigkeitsabkommens erworbenen Rechte für Schweizer sowie UK-Bürger für die Zeit nach dem Brexit sichert (z.B. Aufenthaltsrechte, Vorsorgeguthaben usw.). Das Abkommen zielt darauf ab, die gegenwärtigen Beziehungen zwischen der Schweiz und dem Vereinigten Königreich auch nach dessen Austritt aus der EU soweit als möglich zu bewahren oder allenfalls in gewissen Bereichen sogar auszubauen.

Unbestrittenermassen anzunehmen ist auch die sogenannte Blockchain-Vorlage: Mit dem Bundesgesetz zur Anpassung des Bundesrechts an Entwicklungen der Technik verteilter elektronischer Register werden verschiedene bestehende Bundesgesetze punktuell angepasst, um die Voraussetzungen weiter zu verbessern, damit die Schweiz sich als ein führender, innovativer und nachhaltiger Standort für Blockchain-/Distributed-Ledger-Technologie (DLT)-Unternehmen weiterentwickeln kann. Mit der Vorlage werden die Rahmenbedingungen für Unternehmen gestärkt.

Last but not least unterstützt die Wirtschaft das Covid-19-Gesetz, welches in beiden Räten behandelt wird. Die dem Bundesrat darin erteilten umfassenden Kompetenzen werfen jedoch staatsrechtliche Fragen auf. economiesuisse erwartet deshalb, dass dem Bundesrat mit der Vorlage grundsätzlich keine über die bestehenden Notrechtsbestimmungen hinausgehenden Eingriffe und Massnahmen eingeräumt werden sollen.

Detailausführungen zu ausgewählten Vorlagen lesen Sie nachstehend.

Beide Räte

WIRTSCHAFTSFREUNDLICHE UMSETZUNG IST ESSENZIELL

Das geltende CO2-Gesetz regelt, wie die Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2020 reduziert werden sollen. Für die Zeit nach 2020 muss der Bundesrat deshalb Vorschläge zur weiteren Verminderung der Treibhausgasemissionen ausarbeiten. Mit der Genehmigung des Übereinkommens von Paris hat sich die Schweiz verpflichtet, dass die Treibhausgasemissionen bis 2030 um 50 Prozent gegenüber 1990 vermindert werden. Gemäss bundesrätlichem Entwurf sollen mindestens drei Fünftel der Einsparungen im Inland und maximal zwei Fünftel im Ausland erfolgen.

Der Bundesrat erwartet, dass mit dem revidierten CO2-Gesetz mindestens 26,9 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente gesenkt werden können. Insbesondere sollen die Treibhausgasemissionen im Inland bis 2030 um 18,5 Millionen Tonnen gesenkt werden. Ausserdem verspricht sich der Bundesrat vom Übergang zu einer treibhausgasarmen Wirtschaft Wachstumschancen und Anreize für Innovationstätigkeiten. Gleichzeitig räumt der Bundesrat aber ein, dass die Erhöhung der CO2-Abgabe einen negativen Effekt auf das Bruttoinlandprodukt haben wird.

Position economiesuisse

economiesuisse empfiehlt, die Vorlage mit Änderungen anzunehmen.

Zu hoher Inlandanteil widerspricht gesamtwirtschaftlichem Interesse

Von den verbleibenden wenigen Differenzen ist insbesondere der sogenannte Inlandanteil zu erwähnen. Während der Bundesrat ein 60-Prozent-Inlandziel vorschlägt, möchte der Nationalrat, dass die Verminderung der Treibhausgasemissionen zu mindestens 75 Prozent mit Massnahmen im Inland erfolgt. Das Inlandziel gemäss Nationalrat ist aus Sicht der Wirtschaft zu hoch. Der Einsatz internationaler Marktmechanismen ist ein integraler Bestandteil des Übereinkommens von Paris. Für die Wirtschaft ist für die Zielerreichung Flexibilität entscheidend. Daher sollte das Inlandziel nicht zu hoch angesetzt werden. Ein 60-Prozent-Inlandziel ist ambitioniert genug. Ein zu hoher Inlandanteil würde sich negativ auf die Wirtschaftsleistung und die Beschäftigungslage in der Schweiz auswirken und dem gesamtwirtschaftlichen Interesse widersprechen.

Stand der Beratungen

Die Vorlage befindet sich in der Differenzbereinigung. In der Herbstsession 2020 beraten beide Räte das Geschäft erneut.

Die UREK-SR hat einen grossen Teil der Differenzen zum Nationalrat ausgeräumt. Es ist daher davon auszugehen, dass die Vorlage in dieser Session fertig beraten werden kann (inklusive Schlussabstimmung).

In der Sommersession 2020 ist der Nationalrat in der Differenzbereinigung den Vorschlägen der Kleinen Kammer weitestgehend gefolgt, sodass nun ein Gesetzesentwurf vorliegt, der noch ambitionierter ist als der ursprüngliche Vorschlag des Bundesrats.

Beurteilung der Beratungen

Nach langjähriger Beratung hat das Parlament das CO2-Gesetz für das laufende Jahrzehnt verabschiedet. Den ursprünglichen Vorschlag des Bundesrats hat das Parlament zu einem ambitionierten Gesetz ausgestaltet. Für die Schweizer Wirtschaft fällt das Resultat gemischt aus: Einerseits begrüsst sie das Ziel, andererseits gehen die Beschlüsse in mehreren Bereichen sehr weit. Mit dem neu geschaffenen Klimafonds, der Flugticketabgabe und einem hohen Inlandziel werden wirtschaftsverträgliche Lösungen erschwert. Gleichzeitig wurden aber auch wichtige Anliegen wie die Öffnung des Modells der Zielvereinbarungen aufgenommen.

Die ausführliche Stellungnahme der Wirtschaft zum CO2-Gesetz finden Sie hier.

WIRTSCHAFT UNTERSTÜTZT COVID-19-GESETZ IM GRUNDSATZ – UMFASSENDE KOMPETENZEN DES BUNDESRATS WERFEN JEDOCH FRAGEN AUF

Der Bundesrat hat seit dem 13. März 2020 verschiedene Verordnungen zur Bewältigung der Covid-19-Epidemie erlassen. Damit jene Verordnungen, die er direkt auf Artikel 185 Absatz 3 der Bundesverfassung abgestützt hat, nach sechs Monaten nicht automatisch ausser Kraft treten, muss der Bundesrat dem Parlament rechtzeitig eine Botschaft zu den gesetzlichen Grundlagen dieser Verordnungen unterbreiten.

Der vorliegende Covid-19-Gesetzesentwurf schafft nun die rechtlichen Grundlagen (Delegationsnormen), damit der Bundesrat diejenigen notverordnungsrechtlich beschlossenen Massnahmen aufrechterhalten kann, die für die Bewältigung der Covid-19-Epidemie weiterhin erforderlich sind. Er schreibt vor, was der Bundesrat zur Bewältigung der Covid-19-Epidemie tun darf, um die Auswirkungen der Epidemie auf Gesellschaft, Wirtschaft und Behörden zu bekämpfen. Das Gesetz betrifft die Gesundheitsversorgung, den Arbeitnehmerschutz, den Ausländer- und Asylbereich, die Entschädigung des Erwerbsausfalls und die Arbeitslosenversicherung.

Position economiesuisse

economiesuisse empfiehlt, dem Gesetzesentwurf grundsätzlich zuzustimmen.

Die Wirtschaft kann das vorgeschlagene Gesetz im Lichte der herausfordernden Situation unterstützen. Allerdings ist dabei darauf hinzuweisen, dass die Kompetenzen, die mit dem Gesetz dem Bundesrat eingeräumt werden sollen, umfassend sind und aus einer staatspolitischen Sicht Fragen aufwerfen.

Keine über die Notrechtsbestimmungen hinausgehenden Eingriffe und Massnahmen economiesuisse hat – im Wissen, dass künftige Entwicklungen nicht absehbar sind – die klare Erwartung, dass mit der vorliegenden Gesetzesvorlage die bisher über die COVID-19 Notverordnung beschlossenen Massnahmen des Bundesrates gemeint sind und dem Bundesrat keine Kompetenzen zur Ergreifung darüberhinausgehender, neuer oder grundsätzlich andersartiger Massnahmen eingeräumt werden sollen.

Im Bereich der nicht unmittelbar aus den Notrechtsbestimmungen herausgehenden Kompetenzen dürfen ohne eingehende parlamentarische Diskussion keine Eingriffe der Exekutive in die Grundrechte, darunter die Wirtschaftsfreiheit, erfolgen. Aus gesamtwirtschaftlicher Sicht schliesslich, sind unverhältnismässige Massnahmen oder solche, bei welchen sich ihre Zweckmässigkeit zur Bekämpfung der Ausbreitung der Epidemie oder der kurzfristigen Dämpfung der wirtschaftlichen und sozialen Folgen nicht unmittelbar erschliesst, unbedingt zu verhindern.

economiesuisse geht schliesslich davon aus, dass mit zunehmender nationaler und internationaler Erforschung und damit Kenntnis der Besonderheiten des SARS-CoV-2-Virus auch gezieltere, weniger umfassende und punktuelle Massnahmen möglich werden und diese Möglichkeiten vom Bundesrat bzw. unter Respektierung einer möglichst hohen Entscheidautonomie der Kantone konsequent berücksichtigt werden.

Stand der Beratungen

Der Gesetzesentwurf wird in der Herbstsession 2020 von beiden Räten behandelt. Der Nationalrat ist als erster an der Reihe.

Die SGK-NR empfiehlt ihrem Rat mit 18 zu 6 Stimmen, die Vorlage anzunehmen, stellt diesem allerdings einige Anträge, die vom Entwurf des Bundesrates abweichen.

Beurteilung der Beratungen

Unter hohem politischem Druck hat das Parlament in den letzten Monaten verschiedene Covid-Vorlagen beraten und sehr umfangreiche Nothilfe und Härtefallregeln beschlossen. Deren Ausgestaltung ist potenziell sehr weitgehend und die Beträge sind substanziell hoch. Mit dem Covid-19-Gesetz selbst sollen die Corona-Notverordnungen – wo notwendig – in ordentliches Recht überführt werden.

economiesuisse erwartet, dass die verantwortlichen Behörden (in erster Linie auf kantonaler Ebene, jedoch unterstützt durch den Bund) die Anspruchsberechtigungen für die Auszahlungen von Nothilfe bzw. die Härtefallhilfen genau kontrollieren. Die Richtigkeit der Angaben müssen durch Stichproben überprüft werden. So wie es das Gesetz verlangt. Ansonsten wird Missbrauch Tür und Tor geöffnet. Das gilt es unbedingt zu vermeiden. Bei den Härtefallhilfen ist darüber hinaus mit Augenmass vorzugehen. Die Hilfe ist auf effektive Härtefälle im Sinne des Wortes zu beschränken.

Nationalrat

EINE PRAKTIKABLE LÖSUNG BEIM PROFILING IST ENTSCHEIDEND FÜR DIE SCHWEIZER WIRTSCHAFT

Mit dieser Vorlage unterbreitet der Bundesrat dem Parlament die Totalrevision des Datenschutzgesetzes (DSG) und die Änderung weiterer Erlasse zum Datenschutz. Er verfolgt dabei hauptsächlich zwei Zielsetzungen. Erstens soll der Datenschutz an die technologischen Entwicklungen angepasst werden und zweitens soll der internationalen Rechtsentwicklung Rechnung getragen werden.

So ist unter anderem seit dem 25. Mai 2018 die Datenschutz-Grundverordnung der EU (DSGVO; auch grenzüberschreitend) anwendbar. Die EU hat damit faktisch einen neuen internationalen Standard für den Datenschutz geschaffen. Dies betrifft Länder weltweit, die ihre Datenschutzgesetze im Nachgang angepasst haben, mitunter auch die Schweiz. Die gesamte Wirtschaft hat ein Interesse daran, dass die Schweiz als mit diesem neuen Datenschutzstandard vergleichbar und als angemessen reguliertes Land wahrgenommen wird, um den Datenaustausch mit Personen und Unternehmen in der EU zu gewährleisten und keinen Wettbewerbsnachteil zu erleiden. Zwecks Aufrechterhaltung des EU-Angemessenheitsbeschlusses, über den die Schweiz momentan verfügt, ist nicht nur die Modernisierung des Datenschutzgesetzes notwendig, sondern auch der Beitritt zur Datenschutzkonvention SEV 108. Das Parlament hat mit Abschluss des Geschäfts «19.068 Schutz des Menschen bei der automatisierten Verarbeitung personenbezogener Daten. Übereinkommen», die notwendigen Voraussetzungen für die Ratifikation geschaffen. Das kürzlich ergangene sogenannte Schrems-II-Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) führt betreffend Äquivalenz der Schweiz zu zusätzlicher Unsicherheit in der Wirtschaft, weshalb ein zeitnaher Abschluss der Vorlage nach wie vor notwendig ist. Gemäss diesem Urteil hat der EuGH den EU-US Privacy Shield mit sofortiger Wirkung für nichtig erklärt, womit der einheitliche Daten-raum zwischen der EU und der USA nicht mehr gewahrt ist und Datentransfers erschwert.

Die Vorlage befindet sich im Rahmen der Differenzbereinigung auf der Zielgeraden. Die zentrale verbleibende Differenz betrifft nach wie vor die Regelung des Profiling. Der Wirtschafts-, Forschungs- und Innovationsstandort Schweiz ist auf eine praktikable Lösung angewiesen, welche die Schweiz nicht ins Abseits manövriert. Profiling hat zahlreiche positive Anwendungsformen, deren Bedeutung mit zunehmender Digitalisierung zunehmen: Steigerung der Effizienz, Bekämpfung von Kreditkartenmissbrauch, personalisierte Angebote sowie Ressourceneinsparungen sind bloss wenige Beispiele dafür.

Position economiesuisse

economiesuisse empfiehlt, die Vorlage gemäss der Mehrheit der SPK-NR anzunehmen.

Für die Unternehmen zentral ist ein administrativ tragbares Gesetz ohne Swiss Finish (im Verhältnis zur EU überschiessende Bestimmungen), welches international abgestimmt ist. Wie vorne erwähnt führt das kürzlich ergangene Schrems-II-Urteil des EuGH betreffend Äquivalenz zu zusätzlicher Verunsicherung in der Schweizer Wirtschaft, weshalb ein zeitnaher Abschluss der Vorlage nach wie vor wichtig ist.

Im Rahmen der Differenzbereinigung haben der Nationalrat und die SPK-NR die Vorlage in wesentlichen Punkten vorangebracht und aus Sicht der Wirtschaft angemessene Lösungen gefunden. economiesuisse empfiehlt, die wenigen verbleibenden Differenzen gemäss unten stehenden Ausführungen weiter zu beraten. Wichtiger, noch offener Punkt ist dabei die Regelung des Profiling. Hier gilt es aus Sicht der digitalen Wirtschaft unbedingt, der Fassung des Nationalrats den Vorzug zu geben:

Keine unnötig verschärfenden Bestimmungen bei der Regelung des Profiling (entspricht Mehrheit SPK-NR in Art. 4 lit. fbis, Art. 5 Abs. 7 und Art. 27 Abs. 2 lit. c Ziff. 1): Die Wirtschaft empfiehlt mit Nachdruck, bei der Regelung des Profiling an der Mehrheit SPK-NR festzuhalten. Folgende Punkte sprechen für diese ursprüngliche Version des Nationalrats (keine zusätzliche Definition von Profiling mit hohem Risiko): 

  • Das aktuell geltende Schutzniveau im Datenschutzgesetz wird gerade nicht durch den Begriff des Persönlichkeitsprofils geschaffen: Das Persönlichkeitsprofil nach geltendem Recht stützt sich auf die bereits seit Jahren bestehende, jedoch unklare Definition «wesentliche Aspekte der Persönlichkeit». Dieser Begriff ist weder im Gesetz noch durch die Rechtspraxis klar definiert und wird in der Botschaft aufgrund der technologischen Entwicklung als «überholt» bezeichnet (vgl. Botschaft, S. 6971, 7021). Die Bestimmungen zu den Persönlichkeitsprofilen gelangen daher bereits heute kaum zur Anwendung und tragen dementsprechend wenig zum Schutz der Persönlichkeit bei. Mit dem Profiling sollte das Persönlichkeitsprofil deshalb durch ein modernes, international anerkanntes Konzept aus der DSGVO ersetzt werden. Damit in diesem Punkt Rechtssicherheit und entsprechend ein angemessenes Schutzniveau geschaffen bzw. etabliert werden kann, muss diese Übernahme aber möglichst 1:1 erfolgen. Gemäss Minderheit SPK-NR am Konzept des ausgedienten Persönlichkeitsprofils (teilweise) festzuhalten, wäre dagegen nicht konsequent und würde weiterhin mit einer grossen Rechtsunsicherheit einhergehen, ohne dass dadurch der Schutz der Persönlichkeit gestärkt würde.
  • Das Konzept des Persönlichkeitsprofils braucht es nicht, um ein hohes Schutzniveau zu erreichen: Der erhöhte Schutz von Persönlichkeitsprofilen in der Schweiz unter dem bestehenden DSG beruht auf der Überlegung, dass durch die systematische Zusammenstellung von an sich nicht besonders schützenswerten Daten sensitive Bereiche einer Person erschlossen werden können und dass die betroffenen Personen vom Bestehen eines solchen Profils oft keine Kenntnis hatten und somit dessen Richtigkeit und Verwendung nicht kontrollieren konnten. Es bestand damit eine Informationsasymmetrie in Bezug auf solche Daten, die (in ihrer Gesamtheit) als besonders schützenswert angesehen werden. Diese Informationsasymmetrie wird mit der Revision und dem damit übernommenen Konzept der DSGVO aber aufgehoben: So wird einerseits die geltende Informationspflicht des Verantwortlichen auf die Beschaffung aller Personendaten (also auch die Beschaffung «gewöhnlicher» Personendaten, nicht wie bisher nur besonders schützenswerter Personendaten/Persönlichkeitsprofile) ausgedehnt. Andererseits wird das Auskunftsrecht der betroffenen Personen gegenüber dem Verantwortlichen gestärkt. Das Schutzbedürfnis der betroffenen Personen ist mit Blick auf diese Sachverhalte im neuen Recht also bedeutend weniger gross als unter geltendem Recht. Mit anderen Worten wird das aktuelle Schutzniveau durch die Fassung Nationalrat nicht unterschritten. Schutzbedürfnis und Schutzniveau halten sich die Waage und die Beibehaltung des Konzeptes des Persönlichkeitsprofils aus dem alten Datenschutzrecht führte vielmehr zu erheblicher Unklarheit.

Neues Widerspruchsrecht gemäss Minderheit Glättli systematisch und inhaltlich ungeeignet (Art. 5 Abs. 8): Art. 5 E-DSG äussert sich zu den allgemeinen Bearbeitungsgrundsätzen (z.B. Rechtmässigkeit, Treu und Glauben). Die Minderheit Glättli will nun mit einem neuen Abs. 8 ein Widerspruchsrecht gegen das Profiling für betroffene Personen separat und explizit im Gesetz verankern und zusätzlich eine entsprechende Informationspflicht des Verantwortlichen neu einführen. Eine neue Informationspflicht müsste systematisch jedoch bei den Informationspflichten ab Art. 17 ff. E-DSG angesiedelt werden, bei welchen zwischen den Räten jedoch keine Differenz mehr besteht.

Zudem wäre inhaltlich eine andere Ausgestaltung notwendig, weil die Bestimmung an neue Begrifflichkeiten wie zum Beispiel an «zwingend schutzwürdige Gründe» anknüpft und auch in sich nicht konsistent formuliert ist. Mit der jetzigen Formulierung könnten schutzwürdige Gründe nur (oder gerade) bei Vorliegen eines erhöhten Risikos vorgebracht werden, womit die Bestimmung nicht zielführend ist. Die DSGVO sieht ein Widerspruchsrecht vor (Art. 21 DSVO), falls die Bearbeitung auf «berechtigte Interessen» (also insbesondere nicht auf einer Einwilligung) beruht. Dieses Widerrufsrecht gilt nach der Schweizer Datenschutzgesetzgebung ebenfalls, weil Personendaten nicht «entgegen der ausdrücklichen Willenserklärung der betroffenen Person bearbeitet werden» dürfen (Art. 26 Abs. 2 lit. b E-DSG).

Nutzungsfrist bei der Bonitätsprüfung mindestens auf 10 Jahre verlängern (Art. 27 Abs. 2 lit. c Ziff. 3): Für die Länge der Nutzungsfrist von Personendaten bei der Kreditwürdigkeitsprüfung möchten der Nationalrat und die aktuelle Mehrheit SPK-NR die Frist von 5 Jahren (= Entwurf des Bundesrats, bis anhin der Ständerat und die aktuelle Minderheit SPK-NR) auf 10 Jahre erhöhen. Die Bearbeitung von Daten zwecks Kreditwürdigkeitsprüfung muss aus praktischen Gründen weiterhin zulässig sein, auch wenn diese älter als 5 Jahre sind. Zudem hat der Kunde selbst ein Interesse daran, auf Rechnung bezahlen zu können. Selbst eine Betreibungsauskunft umfasst einen längeren Zeitraum als 5 Jahre, da alle noch offenen und nicht verjährten Verlustscheine angezeigt werden (auch wenn diese älter als 5 Jahre sind). Verlustscheine verjähren erst nach 20 Jahren. Deshalb ist die Minderheit SPK-NR abzulehnen und bei der Mehrheit zu bleiben.

Stand der Beratungen

In der Herbstsession 2020 berät der Nationalrat die Vorlage in der dritten Runde der Differenzbereinigung.

Die zentrale verbleibende Differenz zwischen National- und Ständerat betrifft das Profiling. Die SPK-NR beantragt ihrem Rat mit 13 zu 12 Stimmen, an seiner ursprünglichen Lösung festzuhalten. Danach ist auf zusätzlich verschärfende Voraussetzungen für das Profiling zu verzichten, namentlich auf die ausdrückliche Einwilligung der betroffenen Person. Die Version des Ständerats lehnt die Kommission ab. Die Einführung des Begriffs «Profiling mit hohem Risiko» hält sie nicht für überzeugend und befürchtet bei einem entsprechenden Swiss Finish negative Folgen für die Schweizer Wirtschaft. Eine Kommissionsminderheit hingegen findet die Lösung des Ständerats zufriedenstellend.

Des Weiteren hat die SPK-NR mit 15 zu 10 Stimmen einen Antrag auf Einführung eines Widerspruchsrechts gegen das Profiling abgelehnt. Bei der Frage, wie lange die Daten zur Prüfung der Kreditwürdigkeit zurückverfolgt werden dürfen, hält die SPK-NR mit 15 zu 10 Stimmen an der Differenz zur Kleinen Kammer fest. Eine Minderheit beantragt, auch hier dem Ständerat zu folgen.

Beurteilung der Beratungen

Nach über drei Jahren intensiver Debatte in den Räten konnte die Totalrevision des Datenschutzgesetzes endlich abgeschlossen werden. Aufgrund globaler Entwicklungen war eine Modernisierung notwendig geworden, damit auch weiterhin der uneingeschränkte Datenaustausch mit unseren wichtigsten Handelspartnern gewährleistet ist und die Schweizer Unternehmen keinen Wettbewerbsnachteil erhalten. Dass National- und Ständerat die Totalrevision bereinigen konnten, ist ein Erfolg. Gleichwohl ist die in der Einigungskonferenz verabschiedete Lösung zur Regelung des Profiling unnötig umständlich ausgefallen.

VERHANDLUNGSERFOLGE FÜR HANDEL UND NACHHALTIGKEIT NICHT DURCH FALSCHEN PROTEKTIONISMUS GEFÄHRDEN

Die Initiativen der Kantone Freiburg (18.320) und Bern (18.317) verlangen, dass Palmöl aus einem allfälligen Freihandelsabkommen mit Malaysia ausgeschlossen wird. Die Initiative des Kantons Jura (18.325) fordert zudem einen Palmölausschluss vom Abkommen mit Indonesien.

Position economiesuisse

economiesuisse empfiehlt, die drei Standesinitiativen abzulehnen.

Weitgehende Nachhaltigkeitsbestimmungen für Palmöl vorhanden

Der Schweiz ist es gelungen, mit Indonesien ein umfassendes Freihandelsabkommen (FHA) auszuhandeln, welches grosses Potenzial für gegenseitige Handelsgewinne birgt. Neben dem Marktzugang ist das FHA auch aufgrund der weitgehenden Bestimmungen zur Nachhaltigkeit ein beachtlicher Verhandlungserfolg – insbesondere bezüglich des Anbaus von pflanzlichen Ölen. Ausser gegenüber der Schweiz hat sich Indonesien bisher gegenüber keinem anderen Partner zu solchen Verpflichtungen bereit erklärt. Auch im Rahmen der laufenden Verhandlungen für ein FHA mit Malaysia wurden Bestimmungen zur Förderung eines nachhaltigen Handels zwischen den Parteien vorgeschlagen. Der nachhaltigen Produktion von Palmöl wird somit in beiden Fällen Rechnung getragen.

Zudem stammen die Palmöleinfuhren der Schweizer Importeure bereits heute nahezu ausschliesslich aus zertifiziertem Anbau. Das macht die Schweiz zu einem interessanten Markt für Produzenten von nachhaltigem Palmöl. Gleichzeitig ist aber auch festzuhalten, dass die Schweiz global betrachtet marginale Mengen einführt. 2019 waren es gesamthaft 31'307 Tonnen, davon 34 Tonnen aus Indonesien und 5'353 Tonnen aus Malaysia. Das entspricht 0,03 Prozent der weltweiten Produktion.

Die Schweiz handelt keine Abkommen aus, welche die hiesige Landwirtschaft unverhältnismässig stark belasten oder den Nachhaltigkeitszielen in anderen Bereichen entgegenlaufen. Dies wird auch aus dem Text des FHA mit Indonesien deutlich. Entsprechend sind die Vorstösse 18.317, 18.320 sowie 18.325 nicht erforderlich. Hingegen rauben die starren Vorgaben und protektionistischen Forderungen der Standesinitiativen der Schweiz die Möglichkeit, auch in Zukunft gute und umfassende FHA mit wichtigen Partnern wie Malaysia auszuhandeln, welches nicht zuletzt auf Importe von Maschinen, Papierprodukten, Farbstoffen und diversen verarbeiteten Landwirtschaftsprodukten hohe bis sehr hohe Zölle erhebt.

Protektionistisch motivierte Massnahmen schaden dem hiesigen Wohlstand

Eine konstruktive Aussenwirtschaftspolitik ist für die Schweizer Unternehmen von herausragender Bedeutung, da rund 40 Prozent der hiesigen Wertschöpfung im Ausland nachgefragt werden. Da der internationale Handel hoch dynamisch ist, müssen die Rahmenbedingungen für Schweizer Exporteure kontinuierlich verbessert werden können. Deshalb ist der Schaden für den Wohlstand – und damit letztlich auch für die Umwelt – in unserem Land beträchtlich, wenn der Schweizer Aussenwirtschaftspolitik mit rein innenpolitisch und protektionistisch motivierten Vorstössen unnötig Verhandlungsspielraum genommen würde. Vielmehr erzielen Schweizer Unternehmen mit ihren vergleichsweise hohen Nachhaltigkeitsstandards den grösstmöglichen positiven Einfluss auf die globale nachhaltige Entwicklung, indem sie exportieren, importieren und im Ausland investieren.

Stand der Beratungen

Der Nationalrat berät die drei Standesinitiativen in der Herbstsession 2020 als Zweitrat.

Die APK-NR hat mit den nachfolgenden Stimmenverhältnissen beschlossen, den Standesinitiativen keine Folge zu geben: der Initiative des Kantons Jura (18.325) mit 15 zu 4 Stimmen bei 5 Enthaltungen, der Initiative des Kantons Freiburg (18.320) mit 15 zu 9 Stimmen bei 1 Enthaltung und jener des Kantons Bern (18.317) mit 15 zu 8 Stimmen bei 2 Enthaltungen.

In der Wintersession 2019 hat der Ständerat alle drei Standesinitiativen klar verworfen – jene des Kantons Jura mit 33 zu 8 Stimmen bei 3 Enthaltungen, die des Kantons Freiburg mit 28 zu 13 Stimmen bei 3 Enthaltungen und jene des Kantons Bern mit 33 zu 8 Stimmen bei 3 Enthaltungen.

Beurteilung der Beratungen

Nach dem Ständerat hat nun auch der Nationalrat einer Ausklammerung von Palmöl bei den Freihandelsabkommen mit Malaysia und Indonesien eine klare Absage erteilt. Nicht der Zollschutz, sondern eine regelbasierte Liberalisierung beim Import von nachhaltig produziertem Palmöl in die Schweiz stärkt die nachhaltige Entwicklung. Das heutige Resultat der Grossen Kammer ist im Sinne der Wirtschaft.

Die ausführliche Stellungnahme der Wirtschaft finden Sie hier.

JA ZU EINER DYNAMISCHEREN FÖRDERPOLITIK DES BUNDES

Das Bundesgesetz vom 8. Oktober 1999 über die internationale Zusammenarbeit im Bereich der Bildung, der Berufsbildung, der Jugend und der Mobilitätsförderung soll totalrevidiert werden. Es ist 20-jährig und bildet noch heute die Grundlage des Bundes für die Förderung der internationalen Zusammenarbeit in der Bildung. Über die letzten zwei Jahrzehnte wurde das Gesetz punktuell und uneinheitlich weiterentwickelt. Ein Grund hierfür war der wechselnde Beteiligungsstatus der Schweiz an den sich dynamisch verändernden europäischen Bildungsprogrammen.

Die aktuelle Förderpraxis zeigt die Grenzen des heutigen gesetzlichen Rahmens auf: Die Koppelung der Hauptförderinstrumente an eine Beteiligung an den europäischen Bildungsprogrammen steht nicht mehr im Einklang mit der Internationalisierung der Bildung. Gesetzlich fehlt insbesondere eine gleichwertige Verankerung der zwei alternativen Instrumente (die Assoziierung an internationale Förderprogramme und die Umsetzung von eigenen Schweizer Programmen). Auch die Möglichkeit, eine nationale Agentur mit wesentlichen Umsetzungsaufgaben zu beauftragen, ist gegenwärtig an eine Beteiligung an den europäischen Programmen geknüpft. Inhaltlich fehlen zudem grundlegende Angaben über den Zweck und die Grundsätze der Förderpolitik. Aus diesen Gründen hält der Bundesrat eine Totalrevision für nötig.

Position economiesuisse

economiesuisse empfiehlt, die Vorlage gemäss der Mehrheit der WBK-NR anzunehmen.

Gleichwertige Verankerung von Beteiligungen an Bildungsprogrammen und Eigenlösungen

Die Revision stellt die Beteiligung an europäischen Bildungsprogrammen und autonome Eigenlösungen der Schweiz gesetzlich gleich. Sie entkoppelt die internationale Zusammenarbeit und Mobilität in der Bildung von der Beteiligung an einem europäischen Bildungsprogramm. Aus Sicht der Wirtschaft ist diese Entkoppelung zielführend. Dadurch wird eine gesetzliche Grundlage geschaffen, um den Studierenden in der Schweiz unabhängig von einer allfälligen Beteiligung an Erasmus den internationalen Austausch zu ermöglichen.

Mandatierung der SFAM als nationale Förderagentur

Für die Umsetzung soll eine nationale Förderagentur mandatiert werden. Gemäss dem Erläuterungstext zur Gesetzesrevision gilt die Schweizerische Stiftung für Austausch und Mobilität (SFAM/Movetia), die vom Bund und den Kantonen getragen wird, als einzige Organisation, welche die Voraussetzungen zur Übernahme der Aufgaben einer nationalen Förderagentur erfüllt. Sie ist gegenwärtig als privatrechtliche Stiftung organisiert und soll in eine öffentlich-rechtliche Anstalt überführt werden. Die als nationale Förderagentur mandatierte Institution muss neben Fachexpertise und Kapazitäten auch möglichst kosteneffizient arbeiten. Daher ist zu prüfen, ob eine öffentliche Ausschreibung möglich und zielführend wäre. In diesem Zusammenhang ist auch die Überführung der SFAM von einer privatrechtlichen zu einer öffentlich-rechtlichen Organisation gründlich zu prüfen und nur falls sinnvoll durchzuführen. Diese Frage ist allerdings nicht Gegenstand der vorliegenden Totalrevision, sondern soll in einer gesonderten Vorlage festgehalten werden.

Für die Wirtschaft ist es wichtig, dass mit der Revision keine neuen Fördertatbestände geschaffen werden. Auch erachten wir es als essenziell, dass die Kompetenzen für die strategischen und finanziellen Entscheide über die Ausrichtung der Förderpolitik weiterhin bei der Bundesversammlung bleiben.

Stand der Beratungen

Der Nationalrat behandelt die Vorlage in der Herbstsession 2020 als Zweitrat.

Die WBK-NR beantragt ihrem Rat einstimmig, die Vorlage mit einer einzigen Änderung gegenüber dem Ständerat anzunehmen. So hat die Kommission mit Stichentscheid des Präsidenten beschlossen, dem Zweckartikel einzuschreiben, dass die internationale Zusammenarbeit dazu beitragen soll, dass der Bildungsraum Schweiz an internationalen Programmen teilnehmen kann.

In der Sommersession 2020 hat der Ständerat die vom Bundesrat vorgeschlagenen Gesetzesänderungen gutgeheissen. Nach neuer Regelung soll die Regierung einer privatrechtlichen oder öffentlich-rechtlichen Institution Aufgaben übertragen können. Die Kleine Kammer hat dazu im Gesetz ergänzt, dass das zuständige Staatssekretariat dieser Agentur auch die Vergabe von Beiträgen übertragen kann. Zudem sollen die Struktur und Rechtsform der Agentur genannt werden.

Beurteilung der Beratungen

Das Gesetz über die internationale Zusammenarbeit und Mobilität konnte von den Räten bereinigt werden. Die gesetzliche Verankerung, dass neben der Assoziierung an internationale Förderprogramme gleichwertig auch Schweizer Programme umgesetzt und gefördert werden können, begrüsst die Wirtschaft. Dass dabei auf die Schaffung neuer Fördertatbestände verzichtet wurde, ist ebenfalls richtig und wichtig.

BFI-BOTSCHAFT DES BUNDESRATS STÄRKT DEN SCHWEIZER BILDUNGS- UND FORSCHUNGSPLATZ

Mit der vorliegenden Botschaft beantragt der Bundesrat 27,9 Milliarden Franken für die Förderung von Bildung, Forschung und Innovation (BFI) in den Jahren 2021 bis 2024. Die Schweiz soll in diesem für die Wohlfahrt des Landes fundamentalen Bereich eine führende Stellung behalten und aktuelle Herausforderungen, wie die digitale Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft, meistern. Nebst den finanziellen Mitteln für die nächsten vier Jahre beantragt der Bundesrat schliesslich auch punktuelle Anpassungen in den gesetzlichen Grundlagen.

Mit knapp 28 Milliarden Franken beantragt der Bundesrat rund 2 Milliarden mehr als in der vorangehenden BFI-Periode (2017 bis 2020). Dies entspricht bei den heutigen Teuerungsannahmen einem durchschnittlichen jährlichen Wachstum von 2,2 Prozent (nominal) beziehungsweise einem realen Wachstum von durchschnittlich jährlich 1,5 Prozent. Darin nicht enthalten sind die Mittel für eine allfällige Beteiligung an den EU-Programmen, da dafür zurzeit weder der Umfang noch die Teilnahmemöglichkeiten bekannt sind.

Position economiesuisse

economiesuisse empfiehlt, die Vorlage grundsätzlich gemäss dem bundesrätlichen Entwurf anzunehmen, wenn, dann nur sehr selektiv davon abzuweichen und daher einen grossen Teil der Anträge der WBK-NR abzulehnen.

Die Qualität des Bildungssystems ist ein entscheidender Standortfaktor. Dies gilt für Bildung und Forschung. Zudem sind Hochschulen und Wirtschaft aufeinander angewiesen und hochstehende öffentliche Forschung ist eine wichtige Voraussetzung für hochstehende Forschung in der Privatwirtschaft. Insbesondere dem MINT-Bereich kommt eine hohe Bedeutung zu.

Die BFI-Botschaft des Bundesrats stärkt den Schweizer Bildungs- und Forschungsplatz. Sie ist gut begründet und ausgewogen. economiesuisse begrüsst, dass die BFI-Mittel weiterhin priorisiert werden und dass über alle Bereiche hinweg moderate Wachstumsraten geplant sind. Auch dass Effizienz- und Effektivitätssteigerungen explizit angesprochen werden und transversale Themen im Rahmen der bestehenden Förderinstrumente behandelt werden, ist im Sinne der Wirtschaft.

Der Ständerat hat mehr Mittel insbesondere für den Schweizerischen Nationalfonds (SNF) und die Innosuisse beschlossen, was grundsätzlich im Sinne der Wirtschaft ist, ist doch die wettbewerbliche Forschungsförderung auf nationaler Ebene ein wesentlicher Treiber für die Qualität der Forschung. Weitere Budgeterhöhungen hingegen, wie sie die WBK-NR vorschlägt, lehnt economiesuisse mit einer Ausnahme ab. Diese betrifft den ETH-Bereich, welcher durch die Kreditsperre stärker als andere Bereiche belastet wird. Wenn der Nationalrat nun, wie vom Bundesrat vorgeschlagen, die Kreditsperre gutheisst, sind zusätzliche Mittel in der Höhe von 15 Millionen Franken für den ETH-Bereich zweckmässig. Lehnt er aber die Kreditsperre ab, sind die zusätzlichen Mittel in der Höhe von 15 Millionen Franken (wie alle anderen Erhöhungsanträge auch) abzulehnen.

Grundsätzlich gilt es zudem, mittelfristig zwei Probleme des BFI-Bereichs zu lösen: 

  • Erstens muss der grosse Anteil an gebundenen Ausgaben reduziert werden. Im BFI-Bereich sind die Ausgaben für die Berufsbildung, für die Fachhochschulen und für die Universitäten gesetzlich gebunden. Allfällige Budgetkürzungen betreffen daher die ETHs, den SNF und die Innosuisse überproportional. Dies ist jedoch problematisch, denn gerade diese Bundesinstitutionen sind für die Qualität des hiesigen Forschungsplatzes von grosser Bedeutung. 
  • Zweitens müssen die Institutionen der wettbewerblichen Forschung mehr finanzielle Flexibilität erhalten. Etliche Projekte des SNF oder der Innosuisse laufen mehrjährig. Starre Regeln verhindern, dass die beiden Institutionen das Geld flexibler einsetzen können. Oft bleiben am Ende des Jahres daher nicht ausgenutzte Kreditreste übrig. Diese Problematik muss künftig im Rahmen des Forschungs- und Innovationsgesetzes gelöst werden.

Stand der Beratungen

Der Nationalrat berät die Vorlage in der Herbstsession 2020 als Zweitrat.

Die WBK-NR empfiehlt ihrem Rat, in den nächsten vier Jahren 28,2 Milliarden Franken in die Bildung, Forschung und Innovation zu investieren. Dies entspricht einer Erhöhung von 58,4 Millionen Franken im Vergleich zum vom Ständerat in der Sommersession 2020 beschlossenen Betrag von knapp 28,1 Milliarden Franken. Die Kleine Kammer hat den Betrag gegenüber dem bundesrätlichen Entwurf um 188,2 Millionen Franken aufgestockt. Die WBK-NR hat darüber hinaus verschiedene Anträge und Minderheitsbeschlüsse eingereicht.

Die FK-NR beantragt ihrem Rat, sich beim Finanzvolumen den Beschlüssen des Ständerats anzuschliessen.

Beurteilung der Beratungen

Die Beratungen zur BFI-Botschaft 2021–2024 befinden sich auf der Zielgeraden. Die Differenzen zwischen den Räten sind relativ klein. Grundsätzlich ist die Ständeratsvorlage zielführend, stehen doch auch ohne weitere Erhöhungen umfangreiche Mittel zur Verfügung.

Bereits die Schlussabstimmung passiert haben das Hochschulförderungs- und -koordinationsgesetz (HFKG), das Bundesgesetz über die Förderung der Forschung und der Innovation (FIFG) und das Bundesgesetz über die Meldepflicht und die Nachprüfung der Berufsqualifikationen von Dienstleistungserbringerinnen und -erbringern in reglementierten Berufen (BGMD).

WILLKÜRLICHE INITIATIVE OHNE SACHLICHE NOTWENDIGKEIT UND MIT GRAVIERENDEN SCHÄDEN FÜR MITTELSTÄNDISCHE UNTERNEHMEN

Die Volksinitiative «Löhne entlasten, Kapital gerecht besteuern» (inoffiziell «99%-Initiative») fordert, dass Kapitaleinkommen (Zinsen, Dividenden usw.) über einem vom Gesetzgeber zu bestimmenden Schwellenbetrag im Umfang von 150 Prozent zu versteuern sind – also um 50 Prozent höher als andere Einkommensarten. Der sich daraus ergebende Mehrertrag ist für die Ermässigung der Besteuerung von Personen mit tiefen oder mittleren Arbeitseinkommen oder für Transferzahlungen zugunsten der sozialen Wohlfahrt einzusetzen.

Der Initiativtext lässt in Bezug auf eine allfällige Ausführungsgesetzgebung einen Interpretationsspielraum offen. Dies betrifft insbesondere den Begriff des Kapitaleinkommens, die Höhe des zu bestimmenden Betrags, ab dem die höhere Besteuerung zum Tragen kommt, und die Ausgestaltung der Rückverteilung der resultierenden Mehrerträge.

Position economiesuisse

economiesuisse empfiehlt, die Volksinitiative ohne Gegenentwurf abzulehnen.

Extreme Unbestimmtheit verunmöglicht freie Willensbildung

Die Stimmberechtigten müssen wissen, worüber sie abstimmen. Die freie Willensbildung und unverfälschte Stimmabgabe sind verfassungsmässig garantierte, politische Rechte (Art. 34 Abs. 2 BV). Besonders potenziell betroffene Kreise haben das Recht zu erfahren, was auf sie zukommt. Die Juso-Initiative ist jedoch in allen wesentlichen Punkten unbestimmt. Dies betrifft die Definition von Kapitaleinkommen, die Höhe des Schwellenbetrags, die Steuerfolgen unterhalb dieses Schwellenbetrags, die Höhe des Mehrertrags und die Art der Rückverteilung über Sozialtransfers. Der vorgeschlagene Verfassungstext erlaubt unzählige Interpretationen, und die Umverteilungswirkung (die eigentliche materielle Klammer der Initiative) bleibt damit weitestgehend unklar.

Willkürliche Besteuerungsregeln widersprechen Grundnormen der Bundesverfassung

Die von der Initiative geforderte, höhere Besteuerung von Kapital- gegenüber Lohneinkommen ist per se willkürlich. So ist einem Franken Kapitaleinkommen dieselbe Leistungsfähigkeit beizumessen wie einem Franken Arbeitseinkommen. Zudem begrenzt die Verfassung die Besteuerung der Einkommen natürlicher Personen beim Bund. Die von der Volksinitiative verlangte überhöhte Steuerbarkeit von Kapitaleinkommen hätte im Ergebnis die Überschreitung und damit die Missachtung dieser Begrenzung zur Folge.

Breite Betroffenheit; irreführendes «1 Prozent»-Argument

Nach Darstellung der Initiantinnen und Initianten betrifft die Volksinitiative ungefähr ein Prozent der Steuerpflichtigen – nämlich jene mit einem Vermögen von über drei Millionen Franken. Diese Aussage ist irreführend. Erstens muss davon ausgegangen werden, dass auch Veräusserungsgewinne im Privatvermögen unter die Regelung fallen, wobei der Schwellenbetrag auch im Mittelstand oft überschritten würde. Zweitens hat der Schwellenbetrag in der Auslegung der Initiantinnen und Initianten gar nicht die vorgegebene limitierende Wirkung. So wären Dividenden und private Veräusserungsgewinne generell, das heisst auch unterhalb des Schwellenbetrags, vollumfänglich im Umfang von 100 Prozent zu besteuern. Betroffen sind damit Familienbetriebe und Start-up-Gründer, KMU und Gewerbe, Kleinanleger sowie Wohneigentümer und Landwirte.

Gravierende Schäden für mittelständische Unternehmen und den Wirtschaftsstandort

Die überhöhte Kapitaleinkommensbesteuerung wirkt insbesondere gravierend aufgrund der Kumulation mit der Vermögenssteuer. Firmen drohten dadurch, bereits im laufenden Betrieb kapitalmässig «entleert» zu werden, ihre Möglichkeiten zu investieren würden deutlich geschwächt, bei schmaleren Kapitalpolster sänke zudem die Widerstandsfähigkeit in Krisen.

Gar existenzielle Fragen stellen sich bei der Unternehmensnachfolge. Vier Fünftel der Schweizer Firmen sind Familiengesellschaften, und bei der Hälfte davon erfolgt die Unternehmensnachfolge im Kreis der Familie. Bei der Übergabe wird dabei ein Schwellenwert von 100'000 Franken selbst in kleineren Verhältnissen überschritten. Der Kapitalgewinn müsste gemäss Initiative in erheblichem Umfang als Steuerzahlung abgeführt werden. Familienunternehmen würden damit in einer ohnehin kritischen Phase massiv zusätzlich belastet und Nachfolgelösungen gefährdet.

Auch Start-up-Unternehmen wären von der Initiative besonders betroffen. Jungfirmen verfügen in aller Regel nicht über die Mittel, hohe Löhne auszuzahlen. Ihre Attraktivität für den Gründerkreis sowie angestellte Spezialisten beruht auf Mitarbeiterbeteiligungen, die sich bei Gedeihen des Unternehmens zu einem späteren Zeitpunkt auszahlen. Würden private Kapitalgewinne in der Schweiz einer exzessiven Besteuerung von 150 Prozent unterworfen, würde den Start-ups die betriebswirtschaftliche Basis entzogen und die Schweiz als Start-up-Standort uninteressant.

Überdurchschnittlich hohe Vermögensbesteuerung

Die Initiative geht von der Behauptung aus, dass Kapitaleinkommen in der Schweiz steuerlich privilegiert seien. Diese Behauptung ist falsch. Die Teilbesteuerung von KMU-Dividenden (über 10 Prozent Kapitalanteil) trägt der Tatsache Rechnung, dass Gewinne auf Stufe Unternehmen durch die Gewinnsteuer erfasst werden, bevor sie als Dividenden ausgeschüttet und im Rahmen der Einkommenssteuer ein zweites Mal besteuert werden. Die Besteuerung von Vermögen ist in der Schweiz im Vergleich der OECD-Staaten gar überdurchschnittlich hoch (über 6 Milliarden Franken). Die Vermögenssteuer erfasst dabei als Sollertragssteuer ein «Standardkapitaleinkommen» und ersetzt so die Besteuerung privater Kapitalgewinne.

Stand der Beratungen

Der Nationalrat behandelt die Volksinitiative in der Herbstsession 2020 als Erstrat.

Die WAK-NR empfiehlt ihrem Rat mit 17 zu 8 Stimmen, die Initiative ohne Gegenentwurf abzulehnen.

Beurteilung der Beratungen

Mit 123 zu 62 Stimmen hat der Nationalrat die Initiative der Juso Volk und Ständen ohne Gegenentwurf zur Ablehnung empfohlen. Die Wirtschaft begrüsst dieses klare Verdikt, zumal die von der Initiative geforderte, höhere Besteuerung von Kapital- gegenüber Lohneinkommen absolut willkürlich und für die Firmen schädlich ist. So wären bei einer Annahme gerade Familienunternehmer und Start-up-Gründer massgeblich negativ betroffen – fernab der vermögendsten ein Prozent, wie die Initiative fälschlicherweise suggeriert.

Ständerat

EINTRETEN ERFORDERLICH ZWECKS ERHALT EINES INTERNATIONAL ANERKANNTEN FINANZPLATZES SCHWEIZ

Die Financial Action Task Force (FATF) (französisch Groupe d’action financière, GAFI) hat Empfehlungen ausgearbeitet, die den internationalen Standard zur Bekämpfung der Geldwäscherei, der Terrorismus- und der Proliferationsfinanzierung bilden.

Am 7. Dezember 2016 hat die FATF den vierten Länderbericht zur Schweiz veröffentlicht. Darin erkennt sie die insgesamt gute Qualität des schweizerischen Dispositivs zur Bekämpfung der Geldwäscherei und der Terrorismusfinanzierung. In gewissen Bereichen hat sie jedoch auch Schwachstellen in der Gesetzgebung und der Wirksamkeit der Vorgaben identifiziert und entsprechende Empfehlungen abgegeben.

Ziel dieser Vorlage ist es, einige der wichtigsten Empfehlungen aus dem Länderbericht umzusetzen.

Der Gesetzesentwurf schlägt zunächst die Einführung von Pflichten für Personen vor, die bestimmte Dienstleistungen im Zusammenhang mit Gesellschaften oder Trusts erbringen (Beraterinnen und Berater). Des Weiteren soll die Schwelle für sorgfaltspflichtige Barzahlungen im Bereich des Edelmetall- und Edelsteinhandels gesenkt werden. Auch die Überprüfung der Identität der wirtschaftlich berechtigten Person soll neu ausdrücklich im Gesetz festgehalten werden und es wird eine generelle Pflicht vorgesehen, Kundendaten zu aktualisieren.

Ausserdem werden diverse Anpassungen im Bereich des Meldesystems für Verdachtsmeldungen an die Meldestelle für Geldwäscherei (MROS) vorgeschlagen. Verbessert werden soll auch die Transparenz von Vereinen mit einem erhöhten Risiko der Terrorismusfinanzierung. Darüber hinaus wird vorgeschlagen, einen Kontrollmechanismus für den gewerbsmässigen Ankauf von Altedelmetallen einzuführen. Schliesslich soll das Zentralamt für Edelmetallkontrolle die Aufgabe einer Geldwäschereiaufsichtsbehörde übernehmen.

Position economiesuisse

economiesuisse empfiehlt, auf die Vorlage einzutreten.

Die Wirtschaft begrüsst die Anpassung des Geldwäschereigesetzes (GwG) an die FATF-Standards. Mit den vorgeschlagenen Neuerungen wird das bereits gute Geldwäscherei-Abwehrdispositiv der Schweiz weiter gestärkt. Die vorgeschlagenen Änderungen des GwG sind ein weiterer wichtiger Schritt zur internationalen Abstimmung und tragen dazu bei, dass die Schweiz aus dem intensivierten Folgeprozess der FATF ausscheiden kann. Sie berücksichtigen in angemessener Weise sowohl die Umsetzung als auch den bewährten risikobasierten Ansatz.

Stand der Beratungen

Der Ständerat behandelt die Vorlage in der Herbstsession 2020 als Zweitrat.

Die RK-SR empfiehlt ihrem Rat, auf den bundesrätlichen Entwurf einzutreten und die Bestimmungen zu den Beraterinnen und Beratern zu streichen (8 zu 5 Stimmen). Die Kommission sieht im Gegensatz zum Nationalrat Handlungsbedarf und erachtet es zur besseren Bekämpfung der Geldwäscherei für notwendig, die Empfehlungen der GAFI umzusetzen.

In der Frühjahrssession 2020 hat der Nationalrat mit 107 zu 89 Stimmen knapp entschieden, nicht auf die Vorlage einzutreten.

Beurteilung der Beratungen

Die Schweiz hat in den vergangenen Jahren grosse Schritte in der Bekämpfung der Geldwäscherei und der Terrorismusfinanzierung gemacht. Dies wird auch international anerkannt. Um weitere Verbesserungen umzusetzen, wurde gestern im Ständerat die wichtige Revision des Geldwäschereigesetzes angestossen. Das Parlament will Anwälte und Treuhänder aber nicht stärker dem Geldwäschereigesetz unterstellen und hat der umstrittenen «Beraterklausel» eine Abfuhr erteilt.

ABKOMMEN MIT UK SCHAFFT RECHTSSICHERHEIT FÜR PRIVATPERSONEN UND UNTERNEHMEN NACH BREXIT

Das Abkommen zwischen der Schweiz und dem Vereinigten Königreich (UK) über die Rechte der Bürgerinnen und Bürger schützt die unter dem Freizügigkeitsabkommen (FZA) erworbenen Ansprüche und Anwartschaften von britischen und schweizerischen Staatsangehörigen nach dem Austritt des UK aus der EU. Es handelt sich um rund 34'500 Schweizerinnen und Schweizer im UK und rund 43'000 britische Staatsangehörige in der Schweiz, die sich im Rahmen des FZA jeweils im anderen Land aufhalten.

Das Abkommen wurde am 25. Februar 2019 unterzeichnet und deckt die erworbenen Rechte im Bereich der Freizügigkeit (Anhang I FZA), der Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (Anhang II FZA) und der gegenseitigen Anerkennung von Berufsqualifikationen (Anhang III FZA) ab.

Position economiesuisse

economiesuisse empfiehlt, dem Entwurf zuzustimmen und damit das Abkommen zu genehmigen.

Das vorliegende Abkommen ist im Kontext der «Mind the Gap»-Strategie zu sehen. Diese zielt darauf ab, dass die gegenwärtigen Beziehungen zwischen der Schweiz und dem Vereinigten Königreich auch nach dessen Austritt aus der EU soweit als möglich bewahrt oder allenfalls in gewissen Bereichen sogar ausgebaut werden können. In diesem Zusammenhang hat der Bundesrat auch fünf weitere bilaterale Abkommen in den Bereichen Handel, Land-, Luftverkehr, Versicherungen und Arbeitsmarkt ausgehandelt.

Vor diesem Hintergrund will das vorliegende Abkommen insbesondere Rechtssicherheit für die betroffenen Personen bzw. ihre Unternehmen schaffen, was die Wirtschaft ausdrücklich begrüsst. economiesuisse befürwortet mit Nachdruck, dass mit einem möglichst hürdenfreien Marktzugang und der Beibehaltung der heutigen Vorteile aus dem FZA die enge wirtschaftliche und soziale Bindung mit dem Vereinigten Königreich weitergeführt werden soll.

Stand der Beratungen

In der Herbstsession 2020 berät der Ständerat die Vorlage als Zweitrat.

Die APK-SR empfiehlt ihrem Rat einstimmig, die Vorlage anzunehmen und damit das Abkommen zu genehmigen.

Der Nationalrat ist in der Sommersession 2020 seiner Kommission gefolgt und hat das Abkommen ohne Gegenstimme gutgeheissen.

Beurteilung der Beratungen

Die Wirtschaft begrüsst den einstimmigen Entscheid des Ständerats, das Abkommen zwischen der Schweiz und Grossbritannien zu genehmigen. Es sichert die im Rahmen des Freizügigkeitsabkommens erworbenen Rechte und Pflichten über den Brexit hinaus und schafft für Schweizer Bürgerinnen und Bürger wichtige Rechtssicherheit.

AUSGEWOGENE DLT-RAHMENBEDINGUNGEN STÄRKEN DAS INNOVATIONSPOTENZIAL FÜR SCHWEIZERISCHE UNTERNEHMEN

Mit dem Bundesgesetz zur Anpassung des Bundesrechts an Entwicklungen der Technik verteilter elektronischer Register werden verschiedene bestehende Bundesgesetze punktuell angepasst, um die Voraussetzungen weiter zu verbessern, damit die Schweiz sich als ein führender, innovativer und nachhaltiger Standort für Blockchain-/Distributed-Ledger-Technologie (DLT)-Unternehmen weiterentwickeln kann.

Um den Handel von Rechten mittels manipulationsresistenter elektronischer Register auf eine sichere rechtliche Basis zu stellen, wird eine Anpassung des Wertpapierrechts vorgeschlagen. In der Folge ist im Bucheffektenrecht die Schnittstelle zur neuen Wertpapierkategorie durch punktuelle Anpassungen zu regeln. Zudem wird die Aussonderung kryptobasierter Vermögenswerte im Fall eines Konkurses aus der Konkursmasse gesetzlich geklärt. Die bankinsolvenzrechtlichen Bestimmungen im Bankenrecht werden mit den Anpassungen im allgemeinen Insolvenzrecht abgestimmt. Im Finanzmarktinfrastrukturrecht wird schliesslich eine neue Bewilligungskategorie für DLT-Handelssysteme geschaffen. Damit soll ein angemessener, technologieneutraler und flexibler Rechtsrahmen für die aufgrund der technologischen Entwicklungen neu möglichen Formen von Finanzmarktinfrastrukturen geschaffen werden.

Position economiesuisse

economiesuisse empfiehlt, die Vorlage gemäss der Mehrheit der WAK-SR anzunehmen und damit dem Beschluss des Nationalrats zu folgen.

Gelungener Entwurf des Bundesrats stärkt die Rahmenbedingungen für Unternehmen

Die Wirtschaft begrüsst die gelungene Vorlage bzw. den Entwurf für einen zivilrechtlichen Rahmen für Token und andere DLT-Anwendungen. Durch die Schaffung der neuen Form der Übertragung von Vermögenswerten, wird den Ansprüchen nach Technologieneutralität Rechnung getragen. Zudem wird durch die Minimierung technischer Hindernisse die Rechtssicherheit erhöht und gleichzeitig das Innovationspotenzial am Wirtschaftsstandort Schweiz gefördert. Die durch die Vorlage gesetzten Schwerpunkte wurden gut gewählt und ermöglichen, die Rahmenbedingungen zur Entwicklung von Innovationen in diesem Bereich für die Schweiz zu verbessern. Insbesondere die i) Verwendung einer technologieneutralen Terminologie, ii) der Verzicht auf die Regelung technischer Einzelheiten, iii) die Integration der neuen Gesetzesbestimmungen zwecks Übertragung digitaler Vermögenswerte in den bereits existierenden Rechtsrahmen sowie iv) die Aussonderungsmöglichkeit kryptobasierter Vermögenswerte im Konkursfall, überzeugen.

Als ebenso positiv ist zu werten, dass die Blockchain-Thematik im Rahmen der bestehenden Gesetzestexte integriert und nicht eigens ein DLT-Gesetz geschaffen werden soll.

Durch den Nationalrat beschlossene Neuerungen

economiesuisse begrüsst auch explizit die beiden durch den Nationalrat beschlossenen Bestimmungen (Datenzugang gemäss Art. 242b SchKG, Ombudsstelle gemäss Art. 77 FIDLEG). Insbesondere die Absicht, die DLT-Handelssysteme administrativ zu entlasten und rein professionell Handelnde von der Anschlusspflicht an die Banken-Ombudsstelle (Art. 77 FIDLEG) auszunehmen, liegt zugleich im Interesse der DLT-Handelssysteme, der Ombudsstelle sowie der Bankkunden.

Stand der Beratungen

Der Ständerat behandelt die Vorlage in der Herbstsession 2020 als Zweitrat.

Die WAK-SR empfiehlt ihrem Rat, sich allen Änderungen des Nationalrats anzuschliessen. In der Gesamtabstimmung hat sich die Kommission einstimmig dafür ausgesprochen, das Gesetz in dieser geänderten Fassung anzunehmen.

Der Nationalrat hat in der Sommersession 2020 die vom Bundesrat vorgeschlagenen Gesetzesänderungen angenommen und ist dabei durchgehend seiner vorberatenden Wirtschaftskommission gefolgt. Geändert hat die Grosse Kammer die Vorlage betreffend Datenzugang und Ombudsstellen.

Beurteilung der Beratungen

Nach dem Nationalrat hat auch die Kleine Kammer den Gesetzesänderungen zugestimmt, welche die Rahmenbedingungen für die Blockchain- und Distributed-Ledger-Technologie (DLT) verbessern sollen. Die Wirtschaft begrüsst diesen einstimmigen Entscheid ausdrücklich, zumal die Vorlage durch die Minimierung technischer Hindernisse die Rechtssicherheit erhöht und gleichzeitig das Innovationspotenzial am Wirtschaftsstandort Schweiz fördert.

ABBAU DER INDUSTRIEZÖLLE IST FÜR DIE WIRTSCHAFT WICHTIG – STÄNDERAT MUSS WEICHEN NUN RICHTIG STELLEN

Die Vorlage will die Importzölle für sämtliche Industrieprodukte per 1. Januar 2022 auf null setzen. Der Begriff der Industrieprodukte erfasst alle Güter mit Ausnahme der Agrarprodukte (inkl. Futtermittel) und der Fischereierzeugnisse. Neben der unilateralen Aufhebung der Zölle soll auch die Zolltarifstruktur für Industrieprodukte vereinfacht werden.

Position economiesuisse

economiesuisse hält den Abbau der Industriezölle für wichtig und dringend. Die Wirtschaft empfiehlt mit Nachdruck, der Minderheit Noser zu folgen, auf den Gesetzesentwurf einzutreten und diesen anzunehmen.

Die Schweizer Wirtschaft ist eine der global integriertesten Volkswirtschaften. Ihre Industrie ist stark in grenzüberschreitende Produktionsnetzwerke eingebunden – rund 50 Prozent der Güterimporte und -exporte sind Zwischenprodukte. Die Industrie ist deshalb auf günstige ausländische Vorleistungen angewiesen, und zwar unabhängig davon, ob sie für den Schweizer Markt oder Exportprodukte produziert. Künstlich durch Importzölle verteuerte Beschaffungskosten schützen nicht unsere Industrie, sondern sie bremsen Produktivität, Innovationsfähigkeit und Wettbewerbsfähigkeit hiesiger Unternehmen gegenüber der ausländischen Konkurrenz. Gerade in den aufgrund der Corona-Krise aktuell schwierigen Zeiten ist es umso wichtiger, die Wirtschaft wieder auf Touren zu bringen.

Unser Land steht als Folge der Corona-Pandemie – und wird es auch in den kommenden Jahren tun – vor grossen Herausforderungen. Der historische Rückgang des Schweizer Aussenhandels im zweiten Quartal 2020 zeigt zum Beispiel die immensen Folgeschäden der Corona-Pandemie für die Exportwirtschaft. Die Schweizer Wirtschaft ist angesichts der grossen Unsicherheit auf gezielte Massnahmen zur strukturellen Verbesserung der Rahmenbedingungen angewiesen. Der Abbau der Industriezölle leistet einen entscheidenden Beitrag dazu.

Befreiung der Unternehmen von unnötigen Mehrkosten

Mit der Abschaffung der Importzölle für Industrieprodukte sinken für die Wirtschaft die Be-schaffungskosten jährlich um über 500 Millionen Franken, sowohl für Vorleistungsgüter der Exportindustrie als auch für Konsumgüter für den Schweizer Markt. Die Massnahme entlastet hiesige Unternehmen und auch die Verwaltung sehr, und zwar sowohl in administrativer als auch finanzieller Hinsicht. Davon profitieren insbesondere KMU.

Schweizer Firmen bezahlen heute noch Zollabgaben auf Importe von Industriegütern, obwohl 75 Prozent dieser Abgaben im Prinzip bereits abgeschafft worden sind – im Rahmen von bilateralen Freihandelsabkommen (FHA). Diese Zollersparnisse können jedoch aus verschiedenen Gründen nicht vollumfänglich genutzt werden. Die Abschaffung der Industriezölle stellt deshalb eine wertvolle – und dringend nötige – Ergänzung bei der Umsetzung von FHA dar.

Administrative Entlastung und Wohlfahrtsgewinne – Ausfälle werden grösstenteils gegenfinanziert

Nebst wegfallenden Zollabgaben steht die administrative Entlastung von über 100 Millionen Franken im Zentrum – firmen- und verwaltungsseitig. Davon profitieren 35 Prozent aller Industriegüterimporte. Dies bedeutet konkret: weniger Zollformalitäten, Buchungen oder Bewilligungen und wegfallende aufwendige Zollspezialverfahren (z.B. im Veredelungsverkehr).

Die fehlenden Zolleinnahmen werden durch Wohlfahrtsgewinne von jährlich 860 Millionen Franken mehr als aufgewogen. So kann der Staat durch den mit dem Industriezollabbau verbundenen Wachstumseffekt bei gleichbleibenden Steuersätzen und Pro-Kopf-Einkommen mehr Steuern einnehmen. Somit sind in der dynamischen Betrachtung die geringeren Einnahmen (etwa 300 Millionen Franken gemäss einer Studie von Ecoplan) durch administrative Einsparungen und die positiven gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen des Zollabbaus zu einem grossen Teil gegenfinanziert.

Sinkendes Preisniveau und höhere Einkommen für Konsumenten

Angesichts des hohen Wettbewerbsdrucks ist davon auszugehen, dass die Unternehmen entsprechende Kosteneinsparungen an die Endkunden weitergeben (z.B. Kleider, Schuhe, Autos oder Kosmetika). Zudem sieht das Geschäft ein verwaltungsseitiges Monitoring zur Evaluation der Weitergabe von Preiseffekten auf die nachgelagerten Stufen bzw. die Konsumenten vor. Zusätzlich zum sinkenden Preisniveau in der Höhe von 350 Millionen Franken führt der Industriezollabbau durch die gesteigerte Wirtschaftsleistung zu höheren Einkommen. Für eine vierköpfige Familie resultiert gemäss Schätzungen ein Plus von rund 170 Franken pro Jahr.

Unbegründete Sorge um vermeintlich geschwächte Position bei Freihandelsverhandlungen

Die Sorge um die vermeintlich geschwächte Position der Schweiz bei künftigen Freihandelsverhandlungen ist unbegründet. Der Zollabbau spielt bei modernen FHA im Gegensatz zum Abbau technischer Handelshemmnisse und dem Schutz des geistigen Eigentums eine untergeordnete Rolle. Die Vorteile für beide Vertragsparteien durch ein umfassendes FHA gehen weit über eine Liberalisierung des Güterverkehrs hinaus. Ausserdem zeigen Länder wie Kanada, Norwegen oder Singapur, dass auch ohne Industriezölle substanzielle FHA abgeschlossen werden können.

Überfällige Vereinfachung des weltweit kompliziertesten Zolltarifsystems

Die Schweiz verfügt im WEF-Vergleich über das weltweit komplizierteste Zolltarifsystem. Darum unterstützt die Wirtschaft eine entsprechende Vereinfachung der Tarifstruktur. Dies bringt gerade KMU Vorteile. Die Umstellung geht jedoch mit firmenseitigen Kosten einher. Deshalb muss die Änderung der Tarifstruktur gleichzeitig mit der Revision des harmonisierten Systems der Weltzollorganisation (WZO) erfolgen.

Für ergänzende Informationen verweisen wir gerne auf unser dossierpolitik (09/2019; Die Schweiz ohne Industriezölle: alle profitieren).

Stand der Beratungen

Der Ständerat behandelt die Vorlage in der Herbstsession 2020 als Zweitrat.

Die WAK-SR empfiehlt ihrem Rat denkbar knapp mit 6 zu 6 Stimmen und Stichentscheid des Präsidenten, nicht auf die Vorlage einzutreten. Die Minderheit sieht dies in allen zur Begründung angeführten Punkten genau umgekehrt: Die Abschaffung der Industriezölle sei vor dem Hintergrund der aktuellen wirtschaftlichen Krise dringend und stelle eine sehr zielgerichtete Unterstützungsmassnahme für die Unternehmen dar. Weil die Industriezölle auch ein wesentlicher Grund für die hohen Preise in der Schweiz seien, profitierten die Konsumentinnen und Konsumenten ebenso.

In der Sommersession 2020 ist der Nationalrat mit 108 zu 83 Stimmen knapp nicht auf die Vorlage eingetreten.

Beurteilung der Beratungen

Mit 29 zu 14 Stimmen ist der Ständerat klar auf die Industriezollaufhebung eingetreten. Die Kleine Kammer folgt damit dem Vorschlag des Bundesrats und befürwortet den Abbau von Handelshemmnissen in der Schweiz. Für die Schweizer Wirtschaft ist dies ein notwendiger und richtungsweisender Entscheid, auch angesichts der immensen wirtschaftlichen Herausforderungen mitten in der Corona-Krise.

Es ist nun zu hoffen, dass sich die vorberatende Kommission des Ständerats in der Detailberatung für die Aufhebung der Industriezölle entscheidet.

Die ausführliche Stellungnahme der Wirtschaft finden Sie hier.

FINANZPOLITISCH UNVERNÜNFTIGER STAATSFONDS UNTERLÄUFT DIE SCHULDENBREMSE UND BEFEUERT POLITISCHE PARTIKULARINTERESSEN

Die Motion will den Bundesrat beauftragen, einen Staatsfonds einzurichten. Dieser soll folgende Aufgaben erfüllen: 

  • Beteiligungen von systemrelevanten Unternehmen in der Schweiz übernehmen, die aufgrund der Corona-Krise trotz erfolgreichem Geschäftsmodell nicht in der Lage sind, ohne finanzielle Unterstützung zu überleben und Gefahr laufen, von einem ausländischen Staatsunternehmen übernommen zu werden; 
  • Darlehen für Unternehmen bereitstellen, die für die gesundheitliche und wirtschaftliche Bewältigung der Corona-Krise einen elementaren Beitrag leisten und unverschuldet in finanzielle Schwierigkeiten geraten sind; 
  • den Erhalt und die Funktionsfähigkeit von unverzichtbaren und nachweislich erfolgreichen Wirtschaftszweigen sicherstellen mittels Übernahme von strategischen Sachwerten, insbesondere auch von Infrastrukturen, Immobilien, Patenten oder spezifischen Mobilien; 
  • Finanzierung von Investitionsprogrammen zur Wiederbelebung der Konjunktur und zur Sicherstellung der Standortvorteile der Schweiz, insbesondere der Infrastrukturen in den Bereichen Verkehr, Datennetze, Gesundheitswesen, Produktion und Tourismus sowie Bildung und Forschung.

Der Fonds soll sich über den Kapitalmarkt finanzieren und Kredite von der Nationalbank beziehen können. Er soll durch den Bundesrat beaufsichtigt werden, wobei dieser eine Maximalgrösse festsetzt. Grundsätzlich sollen keine Mehrheitsbeteiligungen angestrebt werden. Leistungsauftrag und strategische Ziele bestimmt der Bundesrat. Zudem soll der Bundesrat den eidgenössischen Räten jährlich über die Aktivitäten des Fonds Bericht erstatten.

Position economiesuisse

economiesuisse empfiehlt, die Motion abzulehnen.

Die Corona-Krise darf kein Freipass für finanzpolitische Unvernunft sein

Die Schweiz gilt weltweit als finanzpolitischer Musterschüler. Besonders dank des viel beachteten und oft kopierten Instruments der Schuldenbremse ist die Staatsverschuldung im Gegensatz zu den meisten anderen Industriestaaten in den letzten Jahren markant gesunken. Aktuell beträgt die Schuldenquote der Schweiz moderate rund 30 Prozent des BIP. Dieser Wert dürfte im Zuge der Corona-Krise deutlich nach oben schnellen. Die grundsätzlich gute Verschuldungsquote ist ein Grund für die hohe Bonität eidgenössischer Schuldverschreibungen.

Der vom Motionär vorgesehene Bundes-Staatsfonds soll sich über den Kapitalmarkt sowie Kredite von der Nationalbank finanzieren. Dieser Staatsfonds würde daher dazu führen, dass der staatliche Fussabdruck in der Schweiz stark anstiege. Ein Staatsfonds hätte auch dramatische Konsequenzen für die Schuldenbremse: Jede zusätzliche Mittelaufnahme am Kapitalmarkt stellt neue Schulden des Bundes dar. Ein schuldenfinanzierter Staatsfonds ist daher nicht mit der Schuldenbremse vereinbar.

Der Staatsfonds wäre Gegenstand politischen Partikularinteressen

Der Staatsfonds könnte für politische Partikularinteressen missbraucht werden. Welche Unternehmen sind systemrelevant? Wer hat einen elementaren Beitrag an der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Bewältigung der Corona-Krise geleistet? Diese und weitere Fragen sind nicht objektiv wissenschaftlich zu beantworten und daher Gegenstand politischer Partikularinteressen. Auch der politische Druck auf die Nationalbank dürfte massiv steigen, dem Fonds günstige Kredite zur Verfügung zu stellen, damit auch das allerletzte Projekt noch finanziert werden kann. Dies hätte fatale Konsequenzen, denn die verfassungsmässig garantierte Unabhängigkeit der Nationalbank wäre gefährdet.

Finger weg von einem Staatsfonds

Ein Staatsfonds wird verständlicherweise rasch zur Projektionsfläche politischer Anliegen und Wunschvorstellungen, besonders wenn die Illusion besteht, dass dieser fast unbegrenzt mit Mitteln ausgestattet werden könnte. Bei nüchterner Betrachtung bleiben die Erfolgsrezepte der schweizerischen Wirtschaftspolitik aber unverändert. Dazu gehören eine unabhängige, der Preisstabilität verpflichtete Nationalbank und eine ausgeglichene Fiskalpolitik unter dem Schutz der Schuldenbremse.

Stand der Beratungen

Der Ständerat behandelt die Motion in der Herbstsession 2020 als Erstrat.

Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.

Beurteilung der Beratungen

Statt die Motion im ersten Schritt zu versenken, hat der Ständerat das Begehren zur Errichtung eines Staatsfonds an die Kommission zur ausführlichen Behandlung verwiesen. economiesuisse wird sich entschieden gegen das Vorhaben zur Wehr setzen. Denn unabhängig davon, wie ein solcher geäufnet wird, würde damit die Unabhängigkeit der Schweizerischen Nationalbank tangiert. Für economiesuisse ist diese Unabhängigkeit unantastbar.