Schwei­zer For­schung pro­fi­tiert als Erste vom bi­la­te­ra­len Früh­ling mit der EU

Für 2024 wurde eine Über­gangs­re­ge­lung ver­ein­bart, die es For­schen­den in der Schweiz er­mög­li­chen soll, an der Aus­schrei­bung ERC Ad­van­ced Grant 2024 teil­zu­neh­men, so­bald die Ver­hand­lun­gen zum Pa­ket­an­satz und zur As­so­zi­ie­rung an das Ho­ri­zon-Paket im Laufe des Jah­res 2024 auf­ge­nom­men wer­den. Diese Über­gangs­re­ge­lung soll für das Pro­gramm­jahr 2025 für alle Aus­schrei­bun­gen von Ho­ri­zon Eu­ro­pe und Eu­ra­tom an­ge­wen­det wer­den, so­fern ein ent­spre­chen­des Ab­kom­men zwi­schen der Schweiz und der EU bis dann pa­ra­phiert wor­den ist.

For­schung In­no­va­ti­on Eu­ro­pa­po­li­tik

Nach dem Ab­bruch der Ver­hand­lun­gen über ein in­sti­tu­tio­nel­les Rah­men­ab­kom­men war die Schwei­zer For­schung das erste Opfer der Span­nun­gen zwi­schen der Schweiz und der EU. Der ETH-Prä­si­dent Joël Mesot sagte da­mals, bei der Teil­nah­me der Schweiz am welt­gröss­ten Wis­sen­schafts­pro­gramm Ho­ri­zon Eu­ro­pe gehe es nicht pri­mär um För­der­gel­der. Viel­mehr gehe es darum, ein at­trak­ti­ves Um­feld für die bes­ten Ta­len­te in der Schweiz zu schaf­fen. Das sei nur unter Be­tei­li­gung an Ho­ri­zon Eu­ro­pe mög­lich. Ohne stehe die In­no­va­ti­ons­kraft der Schweiz auf dem Spiel.

Nach Ab­schluss der Son­die­run­gen geht es plötz­lich schnell: Mit der Wie­der­auf­nah­me der Ver­hand­lun­gen mit der EU wird als ers­tes das Bil­dungs- und For­schungs­dos­sier de­blo­ckiert. 2024 sol­len For­schen­de in der Schweiz ihre Pro­jekt­ide­en wie­der bei der Aus­schrei­bung des Ad­van­ced Grant des pres­ti­ge­träch­ti­gen Eu­ro­päi­schen For­schungs­rat (Eu­ro­pean Re­se­arch Coun­cil, ERC) ein­rei­chen kön­nen. Bei den rest­li­chen Lü­cken geht es noch etwas län­ger: Soll­te bis 2025 ein ent­spre­chen­des As­so­zi­ie­rungs­ab­kom­men zwi­schen der Schweiz und der EU pa­ra­phiert wor­den sein, er­hält die Schweiz auch Zu­gang zu Eu­ra­tom und den rest­li­chen Ho­ri­zon Eu­ro­pe In­stru­men­ten.

Der Aus­schluss der Schweiz aus Ho­ri­zon Eu­ro­pe trifft auch in der Schweiz for­schen­de EU-Bür­ger

Für die EU ist die Nor­ma­li­sie­rung der For­schungs­zu­sam­men­ar­beit kein Ge­schenk für die Schweiz: Eu­ro­pa muss ge­gen­über den an­de­ren Wirt­schafts­re­gio­nen be­ste­hen kön­nen. Dabei darf man bei der For­schung und In­no­va­ti­on nicht ins Hin­ter­tref­fen ge­ra­ten. Die EU kann sich daher den Luxus nicht wei­ter leis­ten, aus po­li­ti­schen Grün­den wich­ti­ge For­schungs­plät­ze Eu­ro­pas von ihrem For­schungs­pro­gramm aus­zu­schlies­sen. Zumal die EU mit dem Aus­schluss auch die ei­ge­ne For­schungs­eli­te trifft. Heute stammt jeder zwei­te For­schen­de in der Schweiz aus dem Aus­land. Die meis­ten davon stam­men aus der EU, auch auf Grund der Per­so­nen­frei­zü­gig­keit. Das­sel­be gilt für die Lehr­kräf­te an den Uni­ver­si­tä­ten: über 50% davon haben kei­nen Schwei­zer Pass.

Gren­zen­lo­se In­no­va­ti­on als Grund­la­ge für den Wohl­stand der Schweiz

Aber auch die Schweiz kann es sich nicht län­ger leis­ten, vom wich­tigs­ten For­schungs- und In­no­va­ti­ons­pro­gramm aus­ge­schlos­sen zu sein. Un­se­re wis­sens­ba­sier­te Wirt­schaft ist von grenz­über­schrei­ten­den In­no­va­tio­nen ab­hän­gig. Trei­ber un­se­res Wohl­stands sind die in­no­va­tivs­ten Wirt­schafts­be­rei­che, wie die Phar­ma­bran­che. Ge­ra­de hier fällt auf, dass zwei Drit­tel der rund 11 000 Be­schäf­tig­ten in der For­schung und Ent­wick­lung aus­län­di­scher Her­kunft sind. Auch bei der Hälf­te der Pa­tent­an­mel­dun­gen in der Schweiz sind aus­län­di­sche Mit­ar­bei­ten­de be­tei­ligt. Die Be­deu­tung der Er­werbs­mi­gra­ti­on für den In­no­va­ti­ons­stand­ort Schweiz hat die Stu­die «Gren­zen­los in­no­va­tiv» von Ave­nir Su­is­se jüngst an­schau­lich dar­ge­stellt.

Ob die Schweiz auch in Zu­kunft wie­der gleich­be­rech­tigt an den EU-Pro­gram­men für For­schung und Ent­wick­lung teil­neh­men kann, hängt we­sent­lich vom Ver­lauf der Ver­hand­lun­gen über die Bi­la­te­ra­len III ab. Soll­ten diese bis Ende 2024 ab­ge­schlos­sen be­zie­hungs­wei­se pa­ra­phiert wer­den, kann die Schweiz 2025 im Rah­men der Über­gangs­re­ge­lung an Ho­ri­zon Eu­ro­pe und Eu­ra­tom teil­neh­men. Des­halb haben wir ein gros­ses In­ter­es­se, die Ver­hand­lun­gen bald zu be­gin­nen und rasch zu einem guten Ende zu brin­gen.