Kein Gegenvorschlag um jeden Preis
Die Rechtskommission des Ständerats RK-S hat an ihrer gestrigen Sitzung beschlossen, dem Ständerat einen indirekten Gegenvorschlag zur Unternehmens-Verantwortungs-Initiative UVI zu unterbreiten. Das Resultat ist nicht befriedigend. Die Initianten haben mit ihren extremen Forderungen in der Kommission eine angemessene, international abgestimmte Lösung und damit einen tauglichen Gegenvorschlag verhindert. Der vorliegende Entwurf schafft Verwirrung und bestraft gerade diejenigen Unternehmen, welche sich korrekt verhalten.
Der weltweite Schutz von Menschenrechten und Umwelt ist auch ein Anliegen der Wirtschaft. Dies lässt sich aber nicht mit den rein juristischen Instrumenten der Initiative und nun auch mit dem Gegenvorschlag der RK-S erreichen. Die Wirtschaft hat sich in den vergangenen Wochen aktiv in die Diskussion eingebracht. economiesuisse bedauert, dass gewichtige Anliegen der Wirtschaft im neuen indirekten Gegenvorschlag nicht aufgenommen worden sind.
Die Wirtschaft verlangt praktikable, international abgestimmte Lösungen
Die Initiative ist eine Bedrohung für rechtsstaatliche Prozesse in der Schweiz. Kein anderes Land kennt eine derart weit gefasste Sorgfaltsprüfungspflicht für Dritte mit Beweislastumkehr, wie von den Initianten verlangt. Eine beklagte Gesellschaft muss den Beweis darüber führen, dass sie einen (unklaren) Sorgfaltsstandard in Bezug auf die Prüfung ihrer Wertschöpfungskette richtig angewandt hat. Die damit verbundene Unklarheit hat eine unmittelbare Erpressbarkeit der Schweizer Unternehmen zur Folge und belastet die Schweizer Gerichte. Die eingeklagten Unternehmen müssten zuerst beweisen, dass sie alle geforderten Massnahmen getroffen haben, um einen Schaden zu verhindern. Selbst wenn das Unternehmen schliesslich freigesprochen wird, würde sein Ruf während eines langen Prozesses erheblich Schaden nehmen. Leider schafft es der nun vorliegende Gegenvorschlag nicht, diese und weitere Konstruktionsfehler der Initiative zu beheben. Länder wie Frankreich und die Niederlande, die im internationalen Vergleich sehr weit gehen, vermeiden in ihren Regelwerken diese Mängel.
Das Problem muss an der Wurzel angepackt werden: Einerseits sollten Klagen für das Verhalten von Dritten in der Schweiz erst möglich sein, wenn am Ort des Geschehens im Ausland keine adäquate Wiedergutmachung erlangt werden kann. Die von der RK-S ins Spiel gebrachte Subsidiaritätsklausel geht in die richtige Richtung. Ein Unternehmen muss aber bereits vor Prozessbeginn Klarheit darüber haben, dass ein Gericht seine Sorgfaltsprüfung als korrekt qualifiziert. Hierzu muss die Bestätigung durch einen unabhängigen Dritten möglich sein; dies würde die Vermutung der korrekten Sorgfaltsprüfung für die Unternehmen bedeuten. Ein Unternehmen hätte so von Anfang an – und nicht erst nach einem über Jahre dauernden Rechtsstreit – Klarheit darüber, dass es seine Sorgfaltsprüfungspflicht wahrgenommen hat. Die hierzu vorgesehene Lösung der RK-S reicht nicht.
Für Abstimmungskampf gerüstet
Die Initianten sind nun gefordert, Klarheit zu schaffen: Wollen sie eine Verbesserung des Schutzes von Menschenrechten und Umwelt oder wollen sie Schweizer Unternehmen erpresserischen, internationalen Klagen aussetzen? Obwohl die Vorlage stark von den Interessen der Initianten geprägt ist, drohen sie in einer ersten Stellungnahme dem Ständerat bereits, die Initiative nicht zurückzuziehen. Letztlich muss aber jeder Gegenvorschlag zu einem Rückzug der Initiative führen. Sonst zieht es die Wirtschaft vor, die Unternehmens-Verantwortungs-Initiative an der Urne zu bekämpfen. Sie ist hierzu bereit.