# 09 / 2019
25.03.2019

Die Schweiz ohne Industriezölle: alle profitieren

Wie die Konsumentinnen und Konsumenten profitieren

Tiefere Preise, grössere Auswahl

Das Leben in der Schweiz ist teuer. Konsumgüter sind 29 Prozent, Investitionsgüter 30 Prozent teurer als in den EU-15. Für die höheren Preise sind auf der Angebots- wie auf der Nachfrageseite Faktoren verantwortlich, staatliche Massnahmen und Beschränkungen des Wettbewerbs tragen ihres dazu bei. Ein Teil dieser Faktoren entspricht einem Bedürfnis (beispielsweise hohe Qualität), lässt sich nicht ändern (etwa die Topografie) oder nur mit massiven Einbussen (beispielsweise hohe Produktivität beziehungsweise das hohe Lohnniveau).

Die Politik kann allerdings verfehlte staatliche Wettbewerbshindernisse abbauen, die die Kosten erhöhen und die Produkte verteuern. Wie die vorangehenden Kapitel zeigen, gehören Zölle in diese Kategorie. 500 Millionen Franken Zollabgaben bedeuten, dass die Importe um mindestens 500 Millionen Franken zu teuer sind. Soweit der Wettbewerb funktioniert, ist davon auszugehen, dass Unternehmen die niedrigeren Kosten beim Import von Kleidern, Autos oder Kosmetika an die Konsumenten weitergeben. Allerdings können nicht nur Konsumgüter, sondern auch Rohstoffe, Halbfabrikate und Investitionsgüter durch die Zollaufhebung günstiger importiert werden. Die tieferen Preise für Vorleistungen haben zur Folge, dass die Produktionskosten der Unternehmen sinken und die Importe zunehmen. Damit wird der Wettbewerb unter den Unternehmen gestärkt, was ebenfalls preissenkend wirkt.

Grafik 4

Konsumgüter, Rohstoffe, Halbfabrikate und Investitionsgüter für die Industrie oder den Agrarsektor könnten dank der Industriezollaufhebung günstiger importiert werden.

Wie stark der Preis eines Produkts aufgrund der Aufhebung der Industriezölle sinkt, ist primär abhängig von den Zollsätzen, der administrativen Belastung und dem Mengenanteil, der heute schon zollfrei importiert wird. Für Letzteres sind verschiedene Gründe verantwortlich – wie administrativer Aufwand, Ursprungsregeln und Herkunft der Ware. Ein weiterer Grund ist jener, dass ausländische Hersteller unabhängigen Importeuren (Parallelimporteuren) teilweise verweigern, den Ursprungsnachweis auszustellen. So kann beispielsweise ein Autohersteller ein Auto über seine Tochterfirma zu einem höheren Preis verkaufen, ohne in Konkurrenz zu den Parallelimporten zu stehen. Da die Industriezollaufhebung den Ursprungsnachweis im Falle der Autoimporte überflüssig macht, können Parallelimporteure gegenüber offiziellen Importeuren künftig nicht mehr benachteiligt werden.

Roger Kunz

Modellrechnungen gehen davon aus, dass die Preise in der Schweiz je nach Produktgruppe um 0,1 bis 2,6 Prozent sinken würden. Aggregiert und über alle Sektoren hinweg sänke das Preisniveau um 0,1 Prozent beziehungsweise 350 Millionen Franken (2016).

Die drei Sektoren Textil, Bekleidung und Leder/Schuhe, bei denen der Zollabbau zu den grössten Entlastungen führt, zeigen gemäss einer Modellrechnung von Ecoplan bei den einheimischen Güterpreisen mit -3,6 Prozent den stärksten Rückgang. Schweizer geben pro Monat im Schnitt 210 Franken für Schuhe und Bekleidung aus (2016). Da der durchschnittliche Zollansatz auf Bekleidung und Schuhe heute 3,6 Prozent beträgt, würden sie durch die Zollaufhebung also jeden Monat ungefähr 7.50 Franken sparen beim Kauf von Schuhen und Kleidern.