# 11 / 2019
11.06.2019

Grosse Dynamik im Jobmarkt: Jede zehnte Stelle verschwindet – und noch mehr kommen dazu

Fazit

Die Daten sprechen eine klare Sprache: In der Schweiz gibt es keine Verknappung von Arbeitsplätzen. Trotzdem nimmt die Angst vor Arbeitslosigkeit zu. Insbesondere im Rahmen der Digitalisierungsdebatten wird vielfach die Frage gestellt, ob uns in Zukunft die Arbeit ausgehen werde. Die Wahrnehmung der Arbeitslosigkeitsthematik ist unter anderem auch durch die Medienberichterstattung geprägt. So entstanden im Jahr 2016 zwar über 40’000 zusätzliche Stellen auf dem Schweizer Arbeitsmarkt. Doch in den Medien wurde dreimal so häufig über abgebaute Stellen berichtet wie über aufgebaute Stellen. Firmenschliessungen und Restrukturierungen führen häufig zu Entlassungen in grossem Umfang. Diese Nachrichten werden viel häufiger von den Medien verbreitet als der Stellenaufbau, der häufig schleichend und in kleinen Schritten vonstattengeht. Grossflächige Entlassungen verfälschen also das sehr gute Gesamtbild des Arbeitsmarktes.

Die grosse Dynamik auf dem Arbeitsmarkt ist das Ergebnis einer laufenden Neuverteilung der Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital. Denn beide Produktionsfaktoren werden durch die Unternehmen in einer optimalen Kombination eingesetzt. Kontraintuitiv und sehr interessant ist die Beobachtung, dass in Branchen mit überdurchschnittlich vielen Unternehmensschliessungen auch überdurchschnittlich viele Stellen geschaffen werden. Per Saldo resultiert daraus in der Regel ein Stellenwachstum. Die im Fokus der Öffentlichkeit stehenden Firmenschliessungen und Restrukturierungen können also nicht als Alarmsignal interpretiert werden, sondern sind Teil der Arbeitsmarktdynamik und des Strukturwandels. So werden jedes Jahr rund zehn Prozent aller Stellen in der Schweiz abgebaut und gut zehn Prozent der Stellen werden neu aufgebaut.

Neue Technologien mögen einzelne Branchen oder Berufe verdrängen, gesamtwirtschaftlich gesehen bringen sie aber grosse Produktivitätssteigerungen mit sich. Auch wenn der Anteil einzelner Akteure am Wirtschaftskuchen kleiner wird, wächst dieser Kuchen gesamthaft. So brachte die Erfindung des Personal Computers (PC) in den 1980er-Jahren die Schreibmaschine immer mehr in Bedrängnis, doch führte sie in anderen Branchen zu erheblichen Produktivitätsgewinnen. Sie ermöglichte dem Bankangestellten, einen Kreditantrag viel schneller zu bearbeiten, die Sekretärin brauchte viel weniger Zeit zur Erstellung und Entsendung eines Briefs, und der Ingenieur konnte seine Berechnungen dank entsprechender Software viel schneller und präziser durchführen. Diese Produktivitätssteigerungen schlugen sich wiederum in höheren Löhnen, kürzeren Arbeitszeiten und/oder tieferen Preisen nieder. Durch das zusätzliche Einkommen stieg die Nachfrage nach weiteren Waren und insbesondere Dienstleistungen. Um diese Nachfrage zu decken, musste wiederum zusätzliche Arbeit geleistet werden, was neue Arbeitsplätze schuf. Dank der hohen Dynamik des Schweizer Arbeitsmarktes erfolgt die notwendige Strukturanpassung aufgrund des technologischen Fortschritts kontinuierlich und nicht abrupt.