Ärtze gehen in einem Spital

Zwei grosse Schritte in Richtung Staatsmedizin

Mitten in der Corona-Krise fällt der Bundesrat zwei Richtungsentscheide als Gegenvorschläge zu den Gesundheitsinitiativen von CVP und SP. Das Ziel ist klar: Der Bund will seinen Einfluss im Gesundheitsbereich ausbauen. Zum einen beschneidet er den Spielraum der Kantone in der Prämienverbilligung. Noch schwerer aber wiegt das beabsichtigte Kostenziel: Hier setzt er nichts weniger als den bewährten Leistungswettbewerb aufs Spiel. Es droht eine Verstaatlichung der Medizin.

Von aussen muss es absurd wirken. Regelmässig belegt das Schweizer Gesundheitswesen in internationalen Rankings Spitzenplätze. Im «Euro Health Consumer Index» hat es im Jahr 2018 zum ersten Mal die Niederlande geschlagen und den ersten Platz erreicht. Trotzdem herrscht politische Hektik. Die Zahl der gesundheitspolitischen Parlamentsgeschäfte hat sich seit der Jahrtausendwende mehr als verfünffacht und insgesamt zu einer Verdoppelung der Gesetztestexte geführt. Die Folge: mehr administrative Aufgaben fürs Gesundheitspersonal und damit auch höhere Kosten.

Einjahresplan für Gesundheitswesen

Die teilweise selbst verschuldete Kostensteigerung will der Bundesrat nun mit einem Einjahresplan in den Griff bekommen. Bund und Kantone sollen jährlich festlegen, wie stark die Kosten in den einzelnen Bereichen der Grundversicherung wachsen dürfen. Dass er dabei die verantwortlichen gesundheitspolitischen Akteure miteinbezieht, macht das Ganze nur noch schlimmer. Er eröffnet damit einen teuren politischen Basar. Wer die beste Lobby hat, wird gewinnen. Verlierer werden die Patienten sein, welche gewisse Leistungen nicht mehr bekommen, sowie die Leistungserbringer, die durch die zunehmenden Vorschriften keine Freude mehr an ihrer Arbeit haben. 

Dabei wäre die Sache so einfach: Die Politik muss nur bestimmen, was über die Grundversicherung finanziert wird. Seit Einführung des Krankenversicherungsgesetzes stieg der Anteil der Grundversicherung an den Gesundheitskosten von 30 Prozent auf 36 Prozent. Wäre das Verhältnis gleichgeblieben, wären heute die Prämien um 21 Prozent tiefer. 

Prämienverbilligung auf Abwegen

Der Bundesrat will den Kantonsbeitrag für die individuelle Prämienverbilligungen an die Gesundheitskosten knüpfen. Damit entmachtet er die Kantone bei der Entlastung der Prämien. Heute finanzieren Bund und Kantone gleichzeitig die Prämienverbilligungen. Diese so genannte Verbundaufgabe hat dazu geführt, dass sich die Kantone teilweise aus der Verantwortung gestohlen haben und so die soziale Abfederung schwächten. Heute hinken die Prämienverbilligungen der Prämienentwicklung nach. Der Bund hätte nun die Möglichkeit gehabt, die Aufgabenteilung zu verbessern und den Kantonen die volle Verantwortung für die Prämienverbilligung zu übergeben. Gleichzeitig hätte er über den Risikoausgleich eine Ausgleichszahlung leisten können. Nun beansprucht er für sich aber «Fünfer und Weggli»: die Kantone müsse immer noch finanzieren, haben dabei aber keinen Spielraum mehr.

Sowohl mit dem Einjahresplan als auch mit den neuen Zuständigkeiten bei den Prämienverbilligungen dehnt der Bund seine Vollmachten in der Gesundheitspolitik spürbar aus. Für eine Schlüsselbranche, die so gross ist wie die Volkswirtschaft von Serbien, sind das schlechte Vorzeichen.