Wirtschaftsmission nach Nigeria und Côte d'Ivoire: grosses Potenzial, aber auch Herausforderungen
Bundesrat Schneider-Ammann besuchte vergangene Woche mit einer Wirtschaftsdelegation Nigeria und Côte d’Ivoire. Mit mehreren Ministern, Kommissionen, lokalen Handelskammern sowie der African Development Bank (AfDB) fanden Gespräche statt. economiesuisse-Präsident Heinz Karrer machte sich für bilaterale Lösungsfindungen stark.
Don’t be afraid of the unknown – but don't underestimate the challenges either.
Treffender könnten die Ergebnisse der fünftägigen Wirtschaftsmission unter Führung von Bundesrat Johann Schneider-Ammann nach Westafrika nicht zusammengefasst werden. Das Statement war auch als Rat für «Neuankömmlinge» im Markt gedacht. Es stammt von einem Unternehmer, der seit mehreren Jahrzenten in verschiedenen Funktionen und Ländern auf dem afrikanischen Kontinent tätig ist. Wie alle anderen Teilnehmenden schätzt er das wirtschaftliche Potenzial von Nigeria und Côte d’Ivoire als enorm ein. Unternehmen sollten seiner Meinung nach auf die Chancen fokussieren, nicht in erster Linie auf die Risiken. Unterschätzen dürfe man die Risiken aber keinesfalls. Wer in Afrika erfolgreich sein will, braucht in der Regel einen langen Atem und Flexibilität.
Nigeria: Wirtschaft möchte Probleme bilateral angehen
In Abuja, der Hauptstadt Nigerias, traf sich die Delegation unter anderem mit Okechukwu Enelamah, dem nigerianischen Minister für Industrie, Handel und Investitionen, bevor sie nach Lagos, der Wirtschaftsmetropole des Landes, weiterreiste. Der Minister betonte die Absicht der Regierung, die Herausforderungen des Landes anzupacken und insbesondere Korruption und Bürokratie zu bekämpfen, aber auch die Infrastrukturprobleme anzugehen. Hier erhoffe man sich Erleichterungen durch die Digitalisierung.
Vertreter der rund 20-köpfigen Wirtschaftsdelegation unter der Leitung von economiesuisse-Präsident Heinz Karrer konnten ihre wichtigsten Anliegen adressieren. Heinz Karrer schlug zur effizienten Behebung der bilateralen Herausforderungen die Gründung einer Joint Commission Nigeria-Schweiz vor. Er betonte ausserdem die Bedeutung eines Doppelbesteuerungsabkommens und begrüsste, dass die Verhandlungen 2018 weitergeführt werden.
Diese Vorschläge und Interessen stiessen auch im Austausch mit Yewande Sadiku, der Geschäftsführerin der Nigerian Investment Promotion Commission, und Botschafter Chiedu Osakwe, Generaldirektor des nigerianischen Büros für Handelsverträge, auf Gehör.
Nigeria ist das bevölkerungsreichste Land Afrikas und seit Kurzem der wichtigste Erdöllieferant der Schweiz. Rund 200 Millionen Menschen leben in dem Land, das 23 Mal so gross ist wie unseres. Rund 45 Schweizer Unternehmen sind in Nigeria ansässig. Das ist verglichen mit dem grossen Potenzial eher wenig. Sie beschäftigen zusammen jedoch mehr als 10'000 Arbeitnehmende.
Trotz Rezession, von der sich Nigeria seit Ende 2017 nun langsam erholt, haben zahlreiche Schweizer Unternehmen weiter ins Land investiert oder sind neu in den Markt eingetreten. «Wir sind gekommen, um zu bleiben», so ein Unternehmensvertreter. Die langfristigen Pläne schliessen Forschungsprojekte ein, aber auch Aus- und Weiterbildungsprogramme für die Arbeitnehmenden – insbesondere auch solche für Junge und Frauen. Viele Unternehmen bilden ihre Mitarbeitenden von der Pike auf aus. Dieses Engagement wurde von nigerianischer Seite sehr gelobt und es wurde mehrfach betont, wie viel das Land vom Schweizer Berufsbildungssystem lernen könne.
Regierung Côte d’Ivoires will Herausforderungen anpacken
Bis kurz vor der Jahrtausendwende galt die Elfenbeinküste aufgrund ihrer exportorientierten Wirtschaftspolitik als Wirtschaftswunder Afrikas. Politische Unruhen und der Fall des Kakaopreises – Côte d’Ivoire produziert weltweit einen Drittel des Kakaos – haben das Land in eine schwere Krise gestürzt: politisch wie wirtschaftlich. 2017 begann der Wirtschaftsmotor wieder anzulaufen. Heute sind über 30 Schweizer Unternehmen in Côte d’Ivoire ansässig.
Am Sitz der Regierung, in Abidjan, traf sich die Schweizer Delegation mit dem Premier- und weiteren Ministern. Bundesrat Johann Schneider-Ammann wurde vorgängig vom Präsidenten zu einem Vieraugengespräch empfangen. Die Regierungsvertreter versicherten den Anwesenden, dass sie ihre Hausaufgaben in Angriff nehmen, ihre Wirtschaft besser diversifizieren, die Infrastrukturprobleme angehen sowie Korruption und Bürokratie bekämpfen wollen.
Im Anschluss an die offiziellen Gespräche trafen sich die Wirtschaftsvertreter zu einem Austausch mit Vertretern der African Development Bank (AfDB). Die Entwicklungsbank finanziert Projekte in ganz Afrika. Sie setzt sich für die Reduktion der Armut und die Verbesserung der Lebensbedingungen ein und will zur wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung des Kontinents beitragen. Projekte der AfDB werden nicht selten in Form einer Public Private Partnership – also unter Einbezug der Wirtschaft – umgesetzt. Die AfDB teilt die Einschätzungen der Wirtschaft hinsichtlich der Herausforderungen, mit denen sich Côte d’Ivoire auseinanderzusetzen hat.
Den Abschluss der Wirtschaftsmission bildete ein Arbeitstreffen mit Teilnehmenden des Africa CEO Forums, einer von der Wirtschaft ins Leben gerufenen Plattform zum Austausch über ökonomische und industrielle Herausforderungen des afrikanischen Kontinents. Das Forum wird alternierend in Abidjan und Genf durchgeführt – unter Schweizer Beteiligung.