Schweizer Wirtschaft in Saudi-Arabien: Chancen und Herausforderungen im Zeichen der Vision 2030
Das Wichtigste in Kürze:
- Eine 16-köpfige Schweizer Wirtschaftsdelegation ist vom 27. bis 28. November mit dem SECO nach Riyadh gereist für die 14. Gemischte Wirtschaftskommission Saudi-Arabien – Schweiz.
- Saudi-Arabien steckt inmitten eines tiefgreifenden wirtschaftlichen Transformationsprozesses, um seine Abhängigkeit vom Öl zu reduzieren. Die Grossprojekte der Vision 2030 bieten für Schweizer Unternehmen zahlreiche Opportunitäten.
- Die Schweizer Delegation konnte hochrangige Kontakte in verschiedene saudische Ministerien knüpfen.
Vom 27. bis 28. November hat economiesuisse gemeinsam mit einer 16-köpfigen Schweizer Wirtschaftsdelegation an der 14. Gemischten Wirtschaftskommission (GWK) in Riyadh teilgenommen. Die Delegation wurde von Andrea Rauber Saxer, Leiterin Bilaterale Wirtschaftsbeziehungen beim SECO, geführt. Vertreter aus Industrie, Pharma und Banking wurden von Sara Al-Sayed, Vizeministerin für Internationale Beziehungen im saudischen Ministerium für Investitionen (MISA), empfangen.
Lösungsorientierter Austausch
Saudi-Arabien ist mit einem Handelsvolumen von rund 6.8 Milliarden Franken (mit Gold) aktuell der zweitwichtigste Handelspartner der Schweiz in Nahen Osten (nach den Vereinigten Arabischen Emiraten). Mehr als 6 Milliarden davon entfallen auf Schweizer Exporte. Ende 2022 hatten Schweizer Firmen ausserdem 1.41 Milliarden Franken in Saudi-Arabien investiert.
Hinsichtlich der rechtlichen Rahmenbedingungen konnte das Freihandelsabkommen zwischen der EFTA und dem Golf-Kooperationsrat (GCC) thematisiert werden, bei dessen Umsetzung es noch Verbesserungen braucht. Andererseits hat sich die Schweizer Wirtschaft gemeinsam mit dem SECO für den raschen Abschluss eines neuen Investitionsschutzabkommens (ISA) ausgesprochen.
Saudi-Arabien inmitten eines fundamentalen Transformationsprozesses
Die 14. GWK war bereits der sechste offizielle Austausch der Schweiz mit dem Wüstenstaat in nur zwei Jahren – und gewissermassen eine Fortsetzung des offiziellen Besuchs von Bundesrat Parmelin diesen Februar. Diese Häufung bilateraler Treffen ist kein Zufall: Mit der Vision 2030 befindet sich Saudi-Arabien derzeit inmitten eines tiefgreifenden wirtschaftlichen Transformationsprozesses. Um die Abhängigkeit von den Öleinnahmen zu reduzieren, welche noch immer rund 40 Prozent des BIP ausmachen, werden unter dem saudischen Kronprinzen Mohamed Bin Salman diverse Giga-Projekte umgesetzt. Dazu gehört NEOM, ein Siedlungsprojekt von der Grösse Belgiens im Nordwesten des Landes, Qiddiya, ein gigantisches Unterhaltungs- und Sportprojekt oder die Riyadh Expo 2030. Allein für NEOM soll Saudi-Arabien rund 500 Milliarden Dollar bereitstellen, mehrheitlich finanziert durch den rund 904 Milliarden Dollar schweren saudischen Staatsfonds (Public Investment Fund, PIF).
Dynamischer Markt mit Opportunitäten, aber lokale Kenntnisse und Netzwerk sind unerlässlich
Schweizer Firmen eröffnet die Vision 2030 zahlreiche Opportunitäten – sowohl bei der Infrastruktur, aber auch in den Bereichen Tourismus, Sport, Unterhaltung, digitale Technologien, Uhren und Schmuck, erneuerbare Energien, Bergbau, Wasserversorgung, Gesundheit oder Bildung. Von den rund 100 in Saudi-Arabien präsenten Schweizer Firmen sind bereits einige im Rahmen der Vision 2030 engagiert.
Zur Mitfinanzierung obgenannter Giga-Projekte zieht Saudi-Arabien aktiv ausländische Investoren an. Angesichts der Konkurrenzsituation mit den Vereinigten Arabischen Emiraten und Katar hat Saudi-Arabien eine ganze Reihe von Massnahmen beschlossen. Dazu gehört einerseits das Regional Headquarters (RHQ) Programm, wonach öffentliche Aufträge nur noch an Unternehmen vergeben werden, welche ihren regionalen Hauptsitz in Saudi-Arabien haben. Allein in diesem Jahr haben rund zehn Schweizer Firmen ihren regionalen Hauptsitz ins Königreich verlegt. Andererseits hat Saudi-Arabien unlängst die Economic Participation Policy (EPP) beschlossen, die bei gewissen Beschaffungsverträgen eine wirtschaftliche Beteiligung in Saudi-Arabien von mindestens 35 Prozent des Wertes der importierten Inhalte verlangt. Schweizer Firmen, welche einen Markteintritt in Saudi-Arabien beabsichtigen, sollten mit diesen neuen Regeln vertraut sein und deren Komplexität nicht unterschätzen.