Wirtschaft fordert Gesamtenergiestrategie

economiesuisse, der Schweizerische Gewerbeverband, Swissmem, SGCI Chemie Pharma Schweiz und die IG Energieintensive Branchen haben heute an einer gemeinsamen Medienkonferenz ihre Forderungen zur Schweizer Energiepolitik dargelegt. Die Vertreter der Schweizer Wirtschaft warnten in Bern eindringlich davor, die zuverlässige, wettbewerbsfähige, unabhängige und umweltfreundliche Stromversorgung mit übereilten energiepolitischen Entscheidungen aufs Spiel zu setzen. Denn die sichere Stromversorgung zu wettbewerbsfähigen Preisen ist ein zentraler Standortfaktor für die Schweizer Wirtschaft. Dazu braucht es vorläufig Kernenergie.
Die Schweiz braucht eine möglichst autonome Versorgung
Bereits heute muss die Schweiz im Winter über 15 Prozent des Stroms aus dem Ausland importieren. Ohne Strom aus Kernkraftwerken würde die Schweiz künftig im Winter einen Selbstversorgungsgrad von unter 40 Prozent erreichen, sagte economiesuisse-Präsident Gerold Bührer. Weil sich in Westeuropa gravierende Probleme in der Stromversorgung abzeichnen, müsse auch in Zukunft eine weitgehend autonome Versorgung der Schweiz gewährleistet werden. Daher sind die Sicherstellung von ausreichenden Stromerzeugungskapazitäten im Inland sowie die Stärkung der erneuerbaren Energien und der Effizienz zentral. Solange keine überzeugende Gesamtenergiestrategie vorliegt, darf die Option Kernenergie nicht aufgegeben werden, so Bührer weiter.

Preiserhöhungen gefährden Arbeitsplätze
Daneben sind wettbewerbsfähige Strompreise ein weiterer zentraler Pfeiler für den Erfolg der Schweiz. Dies gilt insbesondere auch, weil Schweizer Firmen bereits mit dem hohen Frankenkurs zu kämpfen haben, erklärt Magdalena Martullo-Blocher, VR-Delegierte von Ems-Chemie. Steigen die Strompreise um 30 Prozent (rund drei Rappen pro Kilowattstunde), bewirkt dies allein für die Industrie Mehrkosten von über einer halben Milliarde Franken pro Jahr. Für die gesamte Wirtschaft würden die Kosten schätzungsweise um gegen eine Milliarde Franken steigen. Arbeitsplatzabbau und Verlagerungen energieintensiver Betriebe wären die Folgen. Was dies konkret bedeuten kann, zeigt das Beispiel der energieintensiven Betriebe: Jede Strompreiserhöhung um einen Rappen führt zu Kosten von 36 Millionen Franken. Dies entspreche den Kosten von über 400 direkten Arbeitsplätzen, erklärt IGEB-Präsident Frank R. Ruepp.

Chance für die Schweizer Wirtschaft
Die Förderung der Energieeffizienz sei das zentrale Thema für die KMU-Wirtschaft, wie Bruno Zuppiger, Präsident des Schweizerischen Gewerbeverbands (sgv), betonte. Entsprechend seiner Zielsetzung befürwortet der sgv den Ersatz der notwendigen Kernkraftwerke. Die Frage der Stromproduktion stehe immer im Zusammenhang mit der gesamten Umwelt- und Energiepolitik. Für die Wirtschaft ist es deshalb unerlässlich, dass die Thematik gesamtheitlich angegangen wird. Im Bereich der Energieeffizienz und des Klimaschutzes verfügt die Schweizer Wirtschaft mit der Energie-Agentur der Wirtschaft bereits heute über einen guten Leistungsausweis. So haben die Firmen der Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie trotz deutlichem Produktionswachstum ihre CO2-Emissionen seit 1990 um 50 Prozent gesenkt und die Energieeffizienz um 40 Prozent verbessert, erklärt Hans Hess, Präsident Swissmem. Durch weitere Effizienzmassnahmen kann einerseits Energie und damit Kosten eingespart werden, andererseits entstehen Aufträge für Schweizer Unternehmen. Diese Herausforderungen bieten daher auch eine wichtige Chance, die die Schweizer Wirtschaft nicht verpassen dürfe, so Zuppiger. Dazu sind konsequent marktwirtschaftliche Anreize und liberale Bewilligungsverfahren nötig – insbesondere auch bei erneuerbaren Energieprojekten.

Klare Position der Wirtschaft
Vor dem Hintergrund der laufenden Debatte und der bevorstehenden energiepolitischen Weichenstellungen sind für die Wirtschaft die folgenden Punkte zentral, wie die Vertreter der fünf Verbände gemeinsam betonten:

Damit die Energieversorgung langfristig optimal gewährleistet werden kann, muss eine Gesamtenergiestrategie entwickelt werden.

Die Option Kernenergie muss aufrechterhalten werden – insbesondere mit Blick auf ihre technologische Entwicklung, die in verschiedenen Ländern sehr aktiv vorangetrieben wird. Eine vorzeitige Ausserbetriebnahme der bestehenden AKW aus politischen Gründen lehnt die Wirtschaft ab.

Die Wirtschaft unterstützt die Sistierung der anstehenden Gesuche um Ersatzkernkraftkapazitäten. Eine Neubeurteilung muss rechtzeitig vorgenommen werden. Über einen allfälligen Ausstieg aus der Kernenergie darf erst entschieden werden, wenn sichere, zuverlässige, wettbewerbsfähige, auslandsunabhängige und umweltfreundliche Kompensationsmöglichkeiten zur Verfügung stehen.

Alle Massnahmen zur Effizienzsteigerung, zum Sparen und zur Entwicklung von erneuerbaren Energien (Wind, Sonne, Biomasse, Geothermie sowie die Nutzung des Restpotenzials der Wasserkraft) sind zur Gewährleistung der Stromversorgung zu intensivieren. Dabei müssen marktwirtschaftliche Lösungen angewendet werden.

Zur Vermeidung der Versorgungslücke sind Gaskombikraftwerke als Übergangslösung zu ermöglichen. Damit verbunden ist die entsprechende Anpassung des CO2-Gesetzes mit Flexibilität Inland/Ausland.

Mehr Informationen:

Medienmitteilung