Wer­be­ver­bo­te ver­hin­dern den Wett­be­werb

Wer­bung ist eine Vor­aus­set­zung für eine funk­tio­nie­ren­de Markt­wirt­schaft. Sie er­mög­licht An­bie­tern, im Markt ein viel­fäl­ti­ges, in­no­va­ti­ves An­ge­bot be­reit­zu­stel­len, und bringt sie mit der Nach­fra­ge­sei­te zu­sam­men. Wer­bung ist also eine Grund­la­ge für einen funk­tio­nie­ren­den und ef­fi­zi­en­ten Wett­be­werb.

Seit ei­ni­gen Jah­ren zeich­net sich aber eine be­denk­li­che Ent­wick­lung ab – hin zu immer mehr Wer­be­vor­schrif­ten und -ver­bo­ten. Der Staat greift mit un­nö­ti­gen und über­trie­be­nen Re­gu­lie­run­gen in die Wer­be­frei­heit ein; häu­fig unter dem Titel des Ge­sund­heits­schut­zes oder an­de­ren «über­ge­ord­ne­ten Zie­len». Die­ses Ver­hal­ten ist Aus­druck eines zu­neh­men­den Trends, «un­er­wünsch­te» ge­sell­schaft­li­che Frei­hei­ten mit Ge­set­zen ein­schrän­ken zu wol­len. Eine moral­ge­trie­be­ne Ver­bots­ge­setz­ge­bung bringt aber nichts, son­dern be­vor­mun­det Kon­su­men­tin­nen und Kon­su­men­ten und scha­det letzt­lich der Volks­wirt­schaft.

Am 14. Juni wird der Stän­de­rat die Dif­fe­ren­zen zum Na­tio­nal­rat beim Ta­bak­pro­duk­te­ge­setz dis­ku­tie­ren. Die Aus­ge­stal­tung die­ses Ge­set­zes wird ein wich­ti­ges Si­gnal für die Wirt­schafts­ord­nung und die Werte in un­se­rem Land aus­sen­den.

An­ders als der Na­tio­nal­rat emp­fiehlt die Ge­sund­heits­kom­mis­si­on des Stän­de­ra­tes, in Zu­kunft Wer­bung für Tabak- und neue Al­ter­na­tiv­pro­duk­te prak­tisch ganz zu ver­bie­ten. Ob­wohl sol­che Wer­bung be­reits heute stark ein­ge­schränkt ist.

Das wäre ein ge­fähr­li­cher Prä­ze­denz­fall. Wenn heute die Wer­bung für Tabak- und Ni­ko­tin­pro­duk­te gänz­lich ver­bo­ten wird, weil diese ge­sund­heits­schä­di­gend sind, wer ga­ran­tiert dann, dass schon mor­gen nicht auch Wer­bung für Al­ko­hol und für zu­cker­hal­ti­ge Nah­rungs­mit­tel ver­bo­ten wird? Ent­spre­chen­de par­la­men­ta­ri­sche Vor­stös­se zir­ku­lie­ren ja be­reits.

Auch ge­gen­über er­wach­se­nen Kon­su­men­ten sen­det das ge­for­der­te um­fas­sen­de Wer­be­ver­bot für Ta­bak­pro­duk­te ein fa­ta­les Si­gnal aus: «Wir ent­schei­den, was für euch gut ist. Ihr seid dazu nicht sel­ber in der Lage.»

Dass Zi­ga­ret­ten der Ge­sund­heit scha­den, ist heute satt­sam be­kannt. Aber dar­über ent­schei­den, ob man die­ses Ri­si­ko auf sich nimmt, soll – wenn es nach der Ge­sund­heits­kom­mis­si­on des Stän­de­rats geht – in Zu­kunft der Staat. Diese Be­vor­mun­dung passt nicht zu einer frei­en Ge­sell­schaft. Zudem läuft sie auch ihrem er­klär­ten Ziel, die Volks­ge­sund­heit zu ver­bes­sern, ent­ge­gen. Gros­se Ta­bak­kon­zer­ne haben in den ver­gan­ge­nen Jah­ren mas­siv in die Ent­wick­lung von Pro­duk­ten in­ves­tiert, die we­ni­ger schäd­lich sind als her­kömm­li­che Zi­ga­ret­ten.

Das scha­dens­min­dern­de Po­ten­zi­al sol­cher neuen Pro­duk­te wird in­zwi­schen auch von wich­ti­gen Ge­sund­heits­be­hör­den in Eu­ro­pa und den USA an­er­kannt. Den­noch sol­len ge­mäss der stän­de­rät­li­chen Ge­sund­heits­kom­mis­si­on auch sol­che Al­ter­na­tiv­pro­duk­te mit einem um­fas­sen­den Wer­be­ver­bot be­legt wer­den. Auch zahl­rei­che Un­ter­neh­men aus an­de­ren Bran­chen in­ves­tie­ren in ge­sund­heits­ver­träg­li­che­re Al­ter­na­tiv­pro­duk­te. Ziel die­ser Be­mü­hun­gen ist, den Kun­din­nen und Kun­den Pro­duk­te an­zu­bie­ten, die ihren hohen Er­war­tun­gen an Ge­sund­heit und Nach­hal­tig­keit ent­spre­chen.

Um diese In­no­va­tio­nen zu för­dern, soll­te die Po­li­tik mit der Wirt­schaft in ge­eig­ne­tem Rah­men zu­sam­men­ar­bei­ten, an­statt sinn­vol­le Neu­ent­wick­lun­gen durch sinn­lo­se Ver­bo­te zu be­hin­dern. Nur eine sol­che Zu­sam­men­ar­beit för­dert kon­stan­te Ver­bes­se­run­gen und bringt un­se­re Ge­sell­schaft voran.

Dies ist für un­se­re Ge­sund­heits­po­li­tik, un­se­re Wirt­schaft und unser Land der rich­ti­ge Weg.

 

Die Erst­pu­bli­ka­ti­on die­ses Tex­tes er­folg­te als Gast­bei­trag in der «NZZ» vom 11. Mai 2021.