Präzise regulieren statt plump alles verbieten
Die Werbeverbotsinitiative will in der Schweiz mit dem Argument des Jugendschutzes alle Formen von Tabakwerbung verbieten. Völlig egal, ob sie sich an Jugendliche oder Erwachsene richtet. Effektiver Jugendschutz wird aber vielmehr durch den griffigen Gegenvorschlag des Parlaments gewährleistet. Dieser will, dass Werbung verboten wird, wenn sie sich an Kinder und Jugendliche richtet und vermeidet damit überschiessende Verbote.
Unser Leben ist von Gefahren geprägt. Gerade Kinder und Jugendliche benötigen besonderen Schutz. Eltern junger Kinder sichern Steckdosen und schliessen Medikamente weg. Auf der anderen Seite sorgen Schutznormen für Steckdosen und spezielle Verpackungen dafür, dass das Risiko für die Kinder verringert wird. Niemandem käme es in den Sinn, den Medikamentenverkauf an Eltern zu untersagen oder aber Steckdosen völlig zu verbieten. Regulierung erfolgt entlang dem Risiko, für Totalverbote besteht in unserer freien Gesellschaft kein Raum.
Der Jugendschutz ist gewährleistet
Am 13. Februar stimmen wir über die Tabakwerbeverbotsinitiative ab. economiesuisse empfiehlt die Ablehnung dieser extremen Initiative, weil es zum Jugendschutz keine Totalverbote braucht. Das Parlament hat mit dem neuen und strengen Tabakproduktegesetz (TPG), welches bei einer Ablehnung der Initiative in Kraft treten wird, bereits weitgehende Massnahmen zum Jugendschutz beschlossen. Die wichtigste und weitreichendste Einschränkung des Gesetzes ist das national einheitliche Abgabeverbot von Tabakprodukten an unter Achtzehnjährige. Darüber hinaus wird auch Tabakwerbung in der ganzen Schweiz verboten, wenn sie sich an Jugendliche richtet.
Diese wichtigen und zielgerichteten Jugendschutzmassnahmen werden im Abstimmungskampf teilweise bewusst unter den Tisch gekehrt oder auch oft nicht korrekt wiedergegeben.
Werbeeinschränkung ohne totales Werbeverbot
Der neue Artikel 18 im Tabakproduktegesetz sagt klar aus: «Werbung für Tabakprodukte und für elektronische Zigaretten […], die sich an Minderjährige richtet, ist untersagt; insbesondere Werbung: […] in Zeitungen, Zeitschriften oder anderen Publikationen sowie auf Internetseiten, die für Minderjährige bestimmt sind.» Die Initiative will demgegenüber, dass Werbung nicht nur verboten sein soll, wenn sie sich an Minderjährige richtet, sondern auch dann, wenn sie Minderjährige irgendwie erreichen kann. Diese Unterscheidung ist so grundlegend wie die gesicherte Steckdose im Verhältnis zum Totalverbot. Denn das eine ist ein unsinniges und einschränkendes Verbot, das andere eine sinnvolle und zielgerichtete Schutzmassnahme.
Leider ist auch das offizielle Abstimmungsbüchlein in dieser Frage nicht ausreichend klar. Dort wird zwar im Text geschrieben: «Tabakwerbung, die sich an Minderjährige richtet, ist verboten», in der Vergleichstabelle weiter unten aber sieht dies anders aus. So heisst es, dass die Initiative Inserate (Presse) und Werbung im Internet verbieten soll, wenn sie für Minderjährige zugänglich ist. Beim indirekten Gegenvorschlag sei aber solche Werbung «erlaubt». Das stimmt nicht. Das Gesetz verbietet Werbung, wenn sie sich an Minderjährige richtet. Die Initiative dagegen verbietet Tabakwerbung auch umfassend im Internet, auch auf Seiten, die sich an Erwachsene richten. Dies nur, weil nicht restlos auszuschliessen ist, dass auch Jugendliche diese Werbung sehen könnten. Eine solch missverständliche Aussage im für die Abstimmung entscheidensten Punkt ist für ein Abstimmungsbüchlein höchst unglücklich gewählt. Die folgende Formulierung wäre klarer:
Keine totalen Werbeverbote für legale Produkte
Was würde eine Annahme der Initiative bedeuten? Tabakwerbung in Zeitungen und Internet würde generell und umfassend verboten. Ein solches Verbot erfordert eine Anpassung des Gesetzestextes, der vom Parlament wiederum verabschiedet werden müsste. Bis zu seinem Inkrafttreten dürfte einige Zeit vergehen. Bei Ablehnung der Initiative würde dagegen das neue Gesetz, wie jetzt vom Parlament vorgeschlagen, schnell in Kraft treten. Demnach würde Tabakwerbung nicht komplett verboten, dafür aber in Zeitungen und auf Internetseiten, die sich an Jugendliche richten bzw. von Jugendlichen oft eingesehen werden. Aus dem öffentlichen Raum verschwindet die Werbung aufgrund des Gesetzes sowieso.
Wem es mit Jugendschutz ernst ist, der sagt Nein zur überschiessenden Werbeverbotsinitiative und ermöglicht damit den indirekten Gegenvorschlag. Dieser bietet Jugendschutz ohne ein totales Werbeverbot und ist damit die richtige Antwort auf die Frage, wie wir Werbung für legale Produkte in unserem Land regulieren wollen.