Aufgestreckte Hände von Menschen verschiedener Herkunft mit Weltkarte im Vordergrund

Welt­bank-Stu­die: We­ni­ger Armut dank glo­ba­len Wert­schöp­fungs­ket­ten

Kaum eine Woche ver­geht ohne Schlag­zei­le, die die Ver­lie­rer der Glo­ba­li­sie­rung be­klagt. Un­ter­neh­men aus dem rei­chen Nor­den wür­den Ent­wick­lungs­län­der aus­beu­ten und dort die Armut ver­stär­ken. Eine Welt­bank-Stu­die zeigt nun, dass diese Sicht falsch ist: Un­ter­neh­men in armen Län­dern, die in glo­ba­le Wert­schöp­fungs­ket­ten in­te­griert sind, er­hö­hen die Ein­kom­men und re­du­zie­ren damit Armut im Land.

Der welt­wei­te Han­del wird oft zur Ziel­schei­be von Glo­ba­li­sie­rungs­geg­nern. Ihre These lau­tet: Die Men­schen in Ent­wick­lungs­län­dern wür­den von Gross­kon­zer­nen aus­ge­beu­tet und da­durch wei­ter ver­ar­men. Die Glo­ba­li­sie­rung nütze nur den weis­sen rei­chen Ka­pi­tal­be­sit­zern, die die Ge­win­ne der tie­fe­ren Pro­duk­ti­ons­kos­ten auf dem Bu­ckel der Ent­wick­lungs­län­der ein­strei­chen wür­den.

Dass diese These einer nä­he­ren Prü­fung nicht stand­hält, hat eco­no­mie­su­is­se be­reits 2018 mit der Pu­bli­ka­ti­on «Wohl­stand: Der un­ter­schätz­te Wert der Glo­ba­li­sie­rung» de­tail­liert auf­ge­zeigt.

Hö­he­re Be­schäf­ti­gung, vor allem für Frau­en

Eine frisch ver­öf­fent­lich­te Stu­die der Welt­bank do­ku­men­tiert nun, dass eine ein­pro­zen­ti­ge Er­hö­hung der Teil­nah­me an glo­ba­len Wert­schöp­fungs­ket­ten das Brut­to­in­land­pro­dukt pro Kopf um ein Pro­zent er­höht. Das ist fünf­mal so viel wie im Stan­dard­han­del, wo ein Pro­dukt kom­plett in einem Land pro­du­ziert und dann in ein an­de­res Land ver­kauft wird. Fir­men, die Teil einer glo­ba­len Wert­schöp­fungs­ket­te wer­den, sind pro­duk­ti­ver und ka­pi­tal­in­ten­si­ver als an­de­re Fir­men. So sind zum Bei­spiel Un­ter­neh­men in Äthio­pi­en, die Teil glo­ba­ler Wert­schöp­fungs­ket­ten sind, im Schnitt dop­pelt so pro­duk­tiv wie Fir­men, die im Be­reich des Stan­dard­han­dels ope­rie­ren. Da­durch er­höht sich auch die Be­schäf­ti­gung in die­sen Un­ter­neh­men. Ins­ge­samt kommt es zu einer Um­ver­tei­lung von Ar­beits­kräf­ten von we­ni­ger pro­duk­ti­ven in pro­duk­ti­ve­re Bran­chen. Das Re­sul­tat ist we­ni­ger Armut. Eben­falls in­ter­es­sant: Fir­men, die Teil einer glo­ba­len Wert­schöp­fungs­ket­te sind, stel­len über­durch­schnitt­lich viel Frau­en ein.

Pro­tek­tio­nis­mus be­droht glo­ba­le Wert­schöp­fungs­ket­ten

Seit der Fi­nanz­kri­se sta­gniert aber der Han­del in glo­ba­len Wert­schöp­fungs­ket­ten. In den letz­ten Jah­ren ist sogar eine Ab­nah­me zu be­ob­ach­ten. Ein Grund dafür be­steht in der Ver­lang­sa­mung des Welt­wirt­schafts­wachs­tums, ins­be­son­de­re der In­ves­ti­ti­ons­tä­tig­keit. Die Welt­bank warnt be­son­ders vor der Zu­nah­me von pro­tek­tio­nis­ti­schen Mass­nah­men, die sich zu­letzt deut­lich ver­stärkt hat. Wie die ak­tu­el­le Stu­die na­he­legt, lei­den dar­un­ter ge­ra­de die Ent­wick­lungs­län­der, denen die Aus­sicht auf Wohl­stand ge­raubt wird.

Die Schwei­zer Un­ter­neh­men be­schäf­ti­gen aus­ser­halb von Eu­ro­pa und Nord­ame­ri­ka rund 800'000 Per­so­nen. In den al­ler­meis­ten Fäl­len sind sie in die glo­ba­len Wert­schöp­fungs­ket­ten in­te­griert. Sie zah­len hö­he­re Löhne und bie­ten bes­se­re Ar­beits­be­din­gun­gen als lo­ka­le Fir­men und hel­fen da­durch mit, die Ein­kom­men in Ent­wick­lungs­län­dern zu er­hö­hen. Diese Er­folgs­ge­schich­te wird mo­men­tan durch die Un­ter­neh­mens­ver­ant­wor­tungs-In­itia­ti­ve in Frage ge­stellt. Es ist höchs­te Zeit, die gros­sen Vor­tei­le der Glo­ba­li­sie­rung ins rich­ti­ge Licht zu rü­cken.

Eben­so un­lau­ter, wie die Glo­ba­li­sie­rung zu ver­teu­feln, wäre es aber, sie naiv zu ver­herr­li­chen. Das welt­wei­te Wirt­schafts­wachs­tum geht lei­der noch zu stark mit einer stei­gen­den Um­welt­ver­schmut­zung ein­her. Hier sind die Staa­ten ge­for­dert, durch in­ter­na­tio­na­le Ko­or­di­na­ti­on die Rah­men­be­din­gun­gen zu ver­än­dern, damit Um­welt­be­las­tun­gen ihren Preis er­hal­ten. Die Schwei­zer Wirt­schaft un­ter­stützt daher die Ziele der Kli­ma­kon­ven­ti­on von Paris.