Weder im Miet- noch im Kli­ma­be­reich gibt es die ein­fa­chen Pa­tent­lö­sun­gen

Diese Woche lan­de­te in mei­ner Inbox ein Auf­ruf, das Re­fe­ren­dum zum «Schutz des Miet­rechts» zu un­ter­schrei­ben. Ab­sen­der war eine linke Sam­mel­or­ga­ni­sa­ti­on. Auf den ers­ten Blick ist es mehr als ver­ständ­lich, dass die­ses Thema an­ge­gan­gen wird. Seit gut 50 Jah­ren stei­gen die Miet­prei­se in der Schweiz an, ge­samt­haft zwi­schen 25-50% in die­sem Zeit­raum. In der Stadt Zü­rich sind die Mie­ten al­lei­ne zwi­schen 2000 und 2022 um über 22% ge­stie­gen. Ich selbst werde meine Woh­nung in Zü­rich auch nicht mehr so schnell auf­ge­ben, da ich kaum etwas preis­wer­te­res finde.

Auf den zwei­ten Blick be­stä­tigt sich al­ler­dings die etwas ge­mei­ne Un­ter­stel­lung, dass linke Po­li­tik­vor­schlä­ge viel­leicht öfter vom Her­zen, aber sel­te­ner vom Ver­stand ge­lei­tet sind.

Zum einen hat sich in der Schweiz und im Aus­land immer wie­der ge­zeigt, dass ein De­ckel für die Mie­ten zwar nach einer ein­fa­chen und guten Lö­sung klingt, aber in Wirk­lich­keit oft das Ge­gen­teil be­wirkt. Bei star­kem Mie­te­rin­nen­schutz klam­mern sich Men­schen an ihren Woh­nun­gen und ver­knap­pen so das An­ge­bot. Zah­len zei­gen: Wer in Städ­ten mit star­ken Mie­ter­schutz Woh­nun­gen wech­selt, muss ent­we­der ewig su­chen (wie in Ber­lin) oder kräf­tig drauf­zah­len (wie in Genf). Und Im­mo­bi­li­en­fir­men hören auf zu in­ves­tie­ren, was den drin­gend not­wen­di­gen Woh­nungs­bau hemmt und damit die Mie­ten wei­ter ver­teu­ert.

Zum an­de­ren ist stren­ger Miet­schutz ein Kil­ler für Kli­ma­mass­nah­men bei Ge­bäu­den. Fast ein Drit­tel der CO2 Emis­sio­nen stammt aus dem Ge­bäu­de­be­reich, vor allem durchs Hei­zen. Des­halb ist die Ge­bäu­de­sa­nie­rung einer der wich­tigs­ten Kli­ma­he­bel der Schweiz. Durch stren­gen Mie­ter­schutz loh­nen sich aber In­ves­ti­tio­nen nicht mehr und Ge­bäu­de wer­den nicht sa­niert, wes­halb Ge­bäu­de we­ni­ger ge­dämmt und fos­si­le Hei­zun­gen we­ni­ger er­setzt wer­den. Das ist nicht stump­fe Theo­rie, son­dern harte Rea­li­tät, wie das ab­sur­de Bei­spiel von Basel-Stadt zeigt.

Basel hat sich mit 2037 ein sehr am­bi­tio­nier­tes Netto-Null Ziel ge­setzt – zum Ver­gleich: das na­tio­na­le Ziel ist Netto-Null bis 2050, und be­reits das wird ein „Ho­se­lupf“. Wenn Basel die­ses Ziel wirk­lich ernst nimmt, müss­ten Ge­bäu­de eher ges­tern als heute re­no­viert wer­den. Gleich­zei­tig hat der Stadt­kan­ton aber ge­ra­de den Mie­ter­schutz er­heb­lich rauf­ge­setzt. Das Er­geb­nis: Seit das Wohn­schutz­ge­setz gilt, gin­gen die An­fra­gen und Hy­po­the­ken für Kli­ma­sa­nie­run­gen bei der Bas­ler Kan­to­nal­bank um 70-80% zu­rück. Wie die not­wen­di­ge Sa­nie­rung des Ge­bäu­de­parks nun mög­lich sein soll, ist mir wirk­lich schlei­er­haft.

Vor die­sem Hin­ter­grund wirkt die Sam­mel­ak­ti­on für den Miet­schutz fast schon zy­nisch. Denn man muss wis­sen: die Per­so­nen hin­ter dem Auf­ruf waren zu­gleich mass­geb­lich an der «Glet­scher­initia­ti­ve» be­tei­ligt, wel­che am­bi­tio­nier­te Kli­ma­schutz­mass­nah­men vor­ge­se­hen hat – ins­be­son­de­re im Ge­bäu­de­be­reich. Mit dem Ein­satz für den Miet­schutz sägen sie am Ast, auf den sie ihre Kli­ma­po­li­tik ge­setzt haben.

Weder im Miet- noch im Kli­ma­be­reich gibt es die ein­fa­chen Pa­tent­lö­sun­gen. Wer meint mit Preis­de­ckeln, Ver­bo­ten oder Zie­len sei die Ar­beit ge­macht, macht es sich etwas zu ein­fach und be­wirkt oft das Ge­gen­teil. Statt hohe Mie­ten zu be­kämp­fen, soll­ten wir si­cher­stel­len, dass es genug Woh­nun­gen gibt. Statt laut­stark Ge­bäu­de­sa­nie­run­gen zu for­dern, soll­ten wir ge­währ­leis­ten, dass sich sol­che auch loh­nen. Sonst ist die Po­li­tik viel­leicht gut ge­meint, aber si­cher nicht gut ge­macht.

 

Die Erst­pu­bli­ka­ti­on die­ses Bei­trags er­folg­te am 5. No­vem­ber 2023 auf nau.​ch.