Vereinfachung der Mehrwertsteuer: Unverständlicher Entscheid das Nationalrats

Der Nationalrat hat beschlossen, die Vorlage zur Vereinfachung der Mehrwertsteuer an den Bundesrat zurückzuweisen. Dieser Entscheid ist unverständlich, widersprüchlich und inakzeptabel. Die vom Bundesrat vorgeschlagenen Vereinfachungen hätten die Administrativkosten jährlich um 300 Millionen Franken gesenkt sowie das Wirtschaftswachstum und die Kaufkraft der Privathaushalte gestärkt. Die vom Nationalrat verlangte Variante zementiert die heutigen Probleme und vergrössert die Verzerrungen noch.

2005, zehn Jahre nach Einführung der Mehrwertsteuer, war sich das Parlament einig: Die wichtigste Steuer des Bundes sollte radikal vereinfacht werden. Eine Bestandesaufnahme des Bundesrats hatte es zuvor an den Tag gebracht: Das Monster Mehrwertsteuer verschlingt jährlich Milliarden an administrativen Kosten und Volksvermögen. Das Parlament verlangte deshalb vom Bundesrat, die Probleme an der Wurzel zu packen. „Folgende Vorhaben“, so der verbindliche Auftrag des Parlaments an den Bundesrat, fänden Unterstützung: „Erstens. Vereinheitlichung der Sätze und Abbau der Ausnahmen“ (05.3466). Von all dem will der Nationalrat nun nichts mehr wissen. Gegen den Antrag einer Minderheit beschloss er, die vom Bundesrat auftragsgemäss ausgearbeitete Vorlage zurückzuweisen und stattdessen eine neue Vorlage zu verlangen, die, statt Reformen zu bringen, die Probleme der heutigen Mehrwertsteuer im Wesentlichen zementiert und die bestehenden Verzerrungen noch verschlimmert. Die gravierenden Probleme der Mehrwertsteuer sind ausgewiesen und dokumentiert. Der Bundesrat hat einen detaillierten und ausgereiften Lösungsvorschlag vorgelegt. Von der Rückweisung der Vorlage ist keine bessere Lösung zu erwarten. Der lange Katalog von Steuerausnahmen, den der Nationalrat erneut vom Bundesrat fordert, und das Begehren, die Liste der extra tief besteuerten Leistungen gegenüber heute noch auszuweiten, lässt nur einen Schluss zu: Der Nationalrat ist weniger an Vereinfachungen und nachhaltigen Systemverbesserungen interessiert als an der Aufrechterhaltung von Privilegien und der kostspieligen Durchsetzung von Sonderinteressen. Eine Vorlage, wie sie der Nationalrat fordert, hätte Steuerausfälle von 700 bis 800 Millionen Franken jährlich zur Folge.

Die Vereinfachung der Mehrwertsteuer führt vor allem bei den KMU zu einer substanziellen administrativen Entlastung, wie sie gegenwärtig von keiner anderen Reform zu erwarten ist. Breite Kreise der Wirtschaft unterstützen deshalb den Einheitssatz. Dieser nützt auch den Konsumenten, weil er zu tieferen Kosten führt und die Kaufkraft der privaten Haushalte stärkt. Die Vorteile einer einfachen, einheitlichen Mehrwertsteuer sind in einer sachlichen Beurteilung kaum zu bestreiten. economiesuisse erwartet, dass die längst fällige Grundsatzdiskussion der Mehrwertsteuer ohne weitere Verzögerung aufgenommen wird.