Und sie be­wegt sich doch: Teil­er­folg für die WTO in Nai­ro­bi

Mor­gen geht in Ke­ni­as Haupt­stadt Nai­ro­bi die 10. Mi­nis­ter­kon­fe­renz der Welt­han­dels­or­ga­ni­sa­ti­on WTO zu Ende. Am Mitt­woch­abend haben die Schweiz und 52 wei­te­re WTO-Mit­glieds­län­der das im Som­mer ver­ein­bar­te «In­for­ma­ti­on Tech­no­lo­gy Agree­ment» ver­ab­schie­det. Das Ab­kom­men ist ein wich­ti­ger Bei­trag zur wei­te­ren Li­be­ra­li­sie­rung des Welt­han­dels.
WTO

Auch wenn in vie­len Be­rei­chen des Welt­han­dels mul­ti­la­te­ra­le Li­be­ra­li­sie­rungs­schrit­te ins Sto­cken ge­ra­ten sind, konn­te Nai­ro­bi in­zwi­schen einen Teil­er­folg ver­zeich­nen: Mit dem er­wei­ter­ten «In­for­ma­ti­on Tech­no­lo­gy Agree­ment» (ITA) wird das erste WTO-Zoll­re­duk­ti­ons­ab­kom­men seit 18 Jah­ren ver­ab­schie­det. 

Das ITA bringt die Ein­fuhr­zöl­le auf elek­tro­ni­schen Ge­rä­ten zu Fall. Kon­kret be­deu­tet das, dass rund 200 Ta­rif­li­ni­en zoll­be­freit wer­den, was einem Han­dels­vo­lu­men von 1300 Mil­li­ar­den US-Dol­lar ent­spricht. Das sind im­mer­hin rund sie­ben Pro­zent des glo­ba­len Wa­ren­han­dels. 89 Pro­zent der Zölle sol­len in­ner­halb der ers­ten drei Jahre ab­ge­schafft wer­den, die rest­li­chen elf Pro­zent spä­tes­tens bis im Som­mer 2024. Wie schon das gel­ten­de ITA wird auch die Zoll­be­frei­ung des re­vi­dier­ten ITA von den der­zeit 53 be­tei­lig­ten WTO-Mit­glie­dern auf der Grund­la­ge des Meist­be­güns­ti­gungs­prin­zips (MFN) ge­gen­über allen an­de­ren WTO-Mit­glie­dern gel­ten. 

Schwei­zer Un­ter­neh­men pro­fi­tie­ren 

Für die Schweiz ist die mit ITA ver­bun­de­ne wei­te­re Li­be­ra­li­sie­rung des Han­dels mit IT-Pro­duk­ten wich­tig: Unter den 53 Ver­trags­par­tei­en ist die Schweiz in den Top 10 der Ex­port­na­tio­nen jener Pro­duk­te, die durch das re­vi­dier­te ITA-Ab­kom­men von Zöl­len be­freit wer­den. Chan­cen er­ge­ben sich ins­be­son­de­re für Schwei­zer An­bie­ter von High­tech­ge­rä­ten, Lei­ter­plan­ken-, Laser- und Mess­tech­no­lo­gi­en oder che­mi­schen und phy­si­ka­li­schen Ana­ly­se­ge­rä­ten. Sie sind in­ter­na­tio­nal schon heute stark auf­ge­stellt und pro­fi­tie­ren nun zu­sätz­lich vom zoll­frei­en Zu­gang zu den Märk­ten der Län­der, die die­ses Ab­kom­men un­ter­zeich­net haben. 

Das Zu­stan­de­kom­men des IT-Ab­kom­mens zeigt, dass trotz schwie­ri­ger Ver­hand­lun­gen und ver­här­te­ter Fron­ten Ver­ein­ba­run­gen zur Markt­öff­nung auf Teil­ge­bie­ten mög­lich sind. Für die Schweiz als klei­ne Ex­port­na­ti­on sind Li­be­ra­li­sie­run­gen im grenz­über­schrei­ten­den Han­del ent­schei­dend – ins­be­son­de­re jene, wel­che im Rah­men der WTO zu­stan­de kom­men. Nur über den mög­lichst frei­en Zu­gang zu frem­den Märk­ten kön­nen Schwei­zer Un­ter­neh­men im glo­ba­len Wett­be­werb be­ste­hen.

Schwung für wei­te­re Han­dels­er­leich­te­run­gen

In Nai­ro­bi wird auch um das wei­te­re Vor­ge­hen in der Doha-Ent­wick­lungs­run­de ge­run­gen. Die Aus­gangs­la­ge ist schwie­rig: Wäh­rend vor allem In­dus­trie­län­der auf einen Neu­be­ginn drän­gen, be­har­ren Ent­wick­lungs- und Schwel­len­län­der auf dem bis­he­ri­gen Weg. Ins­be­son­de­re im Agrar­be­reich lie­gen die Po­si­tio­nen weit aus­ein­an­der. 

Zur Dis­kus­si­on steht hier etwa die Ab­schaf­fung von wett­be­werbs­ver­zer­ren­den Ex­port­sub­ven­tio­nen für Land­wirt­schafts­gü­ter. In dem Be­reich ist auch die Schweiz kein gutes Bei­spiel. Denn wir sub­ven­tio­nie­ren Teile un­se­rer Agrar­ex­por­te (z.B. Scho­ko­la­de, Milch­pul­ver oder Bis­kuits) über das so­ge­nann­te «Schog­gi­ge­setz» und ver­zö­gern damit drin­gend be­nö­tig­te Struk­tur­an­pas­sun­gen im Agrar­sek­tor. Das Par­la­ment hat diese Sub­ven­tio­nen die­sen Mitt­woch für 2016 gar auf rund 95 Mil­lio­nen Fran­ken er­höht. 

Har­zig lau­fen ge­gen­wär­tig auch An­stren­gun­gen um das nö­ti­ge Quo­rum (Ra­ti­fi­ka­ti­on von zwei Drit­teln der WTO-Mit­glie­der) für ein um­fas­sen­des Han­dels­er­leich­te­rungs-Ab­kom­men (TFA) im Zoll­be­reich. Ein­mal in Kraft, würde das TFA die Kos­ten im Wa­ren­ver­kehr etwa für Ent­wick­lungs­län­der um über 14 Pro­zent sen­ken. 

Es ist des­halb zu hof­fen, dass das ITA-Ab­kom­men den wei­te­ren Ver­hand­lun­gen in Nai­ro­bi den nö­ti­gen Schwung ver­leiht, um beim TFA das nö­ti­ge Quo­rum für ein In­kraft­tre­ten zu er­rei­chen oder um wei­te­re Han­dels­bar­rie­ren zu re­du­zie­ren.