Rauch über Industrie

Schwei­zer CO₂-Grenz­aus­gleich der­zeit keine ge­eig­ne­te Lö­sung

eco­no­mie­su­is­se spricht sich der­zeit gegen die Ein­füh­rung eines CO2-Grenz­aus­gleichs der Schweiz ge­gen­über Dritt­staa­ten aus. Die Ge­samt­wirt­schaft un­ter­stützt damit die Po­si­ti­on des Bun­des­ra­tes. Für den hie­si­gen nach­hal­ti­gen Pro­duk­ti­ons­stand­ort wäre ein sol­ches In­stru­ment ins­ge­samt nicht ziel­füh­rend. Dro­hen­de Wett­be­werbs­nach­tei­le für ge­wis­se Fir­men auf­grund kli­ma­po­li­ti­scher Ver­schär­fun­gen müs­sen je­doch adres­siert wer­den.

Ab dem 1. Ok­to­ber 2023 führt die EU einen CO2-Grenz­aus­gleichs­me­cha­nis­mus (EU-CBAM) ge­gen­über Dritt­staa­ten ein. Ze­ment, Eisen und Stahl, Alu­mi­ni­um, Dün­ger, Elek­tri­zi­tät und Was­ser­stoff sol­len des­we­gen künf­tig bei der Ein­fuhr in die EU mit einem CO2-Preis­auf­schlag be­legt wer­den. Eine Rück­erstat­tung der CBAM-Ab­ga­be beim Ex­port sieht die EU aus han­dels­recht­li­chen Grün­den hin­ge­gen nicht vor. Der EU-CBAM dient als Aus­gleich zu den weg­fal­len­den kos­ten­lo­sen Emis­si­ons­rech­ten im Rah­men des EU-Emis­si­ons­han­dels­sys­tem (EU EHS). Die EU will ver­hin­dern, dass die emis­si­ons­in­ten­si­ve Pro­duk­ti­on in Län­der mit we­ni­ger stren­gen Kli­ma­vor­ga­ben ver­la­gert wird («Car­bon Le­a­ka­ge»).

In An­leh­nung an den EU-CBAM sind nun auch hier­zu­lan­de po­li­ti­sche For­de­run­gen zur Ein­füh­rung eines CO2-Grenz­aus­gleichs der Schweiz ge­gen­über Dritt­staa­ten (CH-CBAM) laut ge­wor­den. Im vor­lie­gen­den Po­si­ti­ons­pa­pier spricht sich eco­no­mie­su­is­se zum jet­zi­gen Zeit­punkt gegen die Ein­füh­rung eines CH-CBAM ge­gen­über Dritt­staa­ten aus. Die Wirt­schaft un­ter­stützt damit den Be­richt des Bun­des­rats vom 16. Juni 2023 zu den Aus­wir­kun­gen von CO2-Grenz­aus­gleichs­me­cha­nis­men auf die Schweiz.

Ge­samt­wirt­schaft­li­che Be­trach­tungs­wei­se zwin­gend

Die Ein­füh­rung eines CH-CBAM würde für emis­si­ons­in­ten­si­ve Sek­to­ren das Ri­si­ko von «Car­bon Le­a­ka­ge» tat­säch­lich re­du­zie­ren. Einem gros­sen und wert­schöp­fungs­star­ken Teil der Schwei­zer Wirt­schaft wür­den dar­aus hin­ge­gen er­heb­li­che Wett­be­werbs­nach­tei­le er­wach­sen (z.B. auf­grund ver­teu­er­ter Vor­leis­tun­gen und feh­len­der Ab­zieh­bar­keit beim Ex­port). Vor dem Hin­ter­grund der­zei­ti­ger Roh­stoff­knapp­heit und stei­gen­der En­er­gie­prei­se wäre die Ein­füh­rung eines CH-CBAM ge­gen­über Dritt­staa­ten also ins­ge­samt kon­tra­pro­duk­tiv für den hie­si­gen Pro­duk­ti­ons­stand­ort.

Kein uni­la­te­ra­les Vor­pre­schen

Die Schwei­zer Wirt­schaft for­dert in der Kli­ma­po­li­tik einen in­ter­na­tio­nal ab­ge­stimm­ten An­satz. Der EU-CBAM trägt hin­ge­gen zu einer wei­te­ren Frag­men­tie­rung der welt­wei­ten Sys­te­me zur CO2-Be­prei­sung bei. Aus­ser­dem wirft der EU-CBAM kurz vor des­sen In­kraft­tre­ten am 1. Ok­to­ber noch zu viele Fra­gen auf. Viele eu­ro­päi­sche Fir­men sind nach­weis­lich mit gros­sen Schwie­rig­kei­ten und Un­si­cher­hei­ten kon­fron­tiert. In­so­fern wäre ein uni­la­te­ra­les Vor­pre­schen der Schweiz kon­tra­pro­duk­tiv. Mitte 2026 kann auf­grund der Zwi­schen­bi­lanz der EU der Hand­lungs­be­darf für die Schweiz neu über­prüft wer­den.

WTO-Kom­pa­ti­bi­li­tät nach wie vor frag­lich

Bei der Ein­füh­rung eines CH-CBAM sind Kla­gen und Ge­gen­mass­nah­men wich­ti­ger Han­dels­part­ner zu er­war­ten. Die Schweiz als Ex­port­na­ti­on ist leich­ter an­greif­bar als die EU mit ihrem gros­sen Bin­nen­markt. Ge­gen­über dem EU-CBAM haben wich­ti­ge Han­dels­part­ner der EU be­reits scharf Kri­tik ge­äus­sert – öf­fent­lich aber auch in­ner­halb ver­schie­de­ner WTO-Gre­mi­en. Das WTO-Recht er­laubt bei un­zu­läs­si­gen Han­dels­ver­zer­run­gen Ge­gen­mass­nah­men der be­trof­fe­nen Län­der.

Un­güns­ti­ges Kos­ten-Nut­zen-Ver­hält­nis

Ein CH-CBAM hätte neue und kom­ple­xe ad­mi­nis­tra­ti­ve Hür­den zur Folge. Dazu ge­hört ins­be­son­de­re die Be­rech­nung von Emis­sio­nen oder die Be­schaf­fung und Ein­rei­chung di­ver­ser Do­ku­men­te (u.a. für den Ur­sprungs­nach­weis oder die Be­schaf­fung der CO2-Nach­wei­se). Aus heu­ti­ger Sicht er­war­tet die Wirt­schaft daher bei der Ein­füh­rung eines CH-CBAM ein un­güns­ti­ges Kos­ten-Nut­zen-Ver­hält­nis.

Auf­recht­er­hal­tung der EHS-Ver­knüp­fung

Die Schweiz will ihr Emis­si­ons­han­dels­sys­tem (CH EHS) im Gleich­schritt mit jenem der EU an­pas­sen, damit die bei­den Sys­te­me wei­ter­hin ver­knüpft blei­ben kön­nen. Auch für die Schwei­zer Wirt­schaft ist die EHS-Ver­knüp­fung wich­tig, da Ex­por­te mit nicht-prä­fe­ren­zi­el­len Ur­sprung Schweiz nach EU-Re­geln da­durch vom EU-CBAM aus­ge­nom­men blei­ben. Wie der Bun­des­rat fest­hält, be­steht je­doch im Zu­sam­men­hang mit dem EHS-Ab­kom­men keine Ver­pflich­tung für die Schweiz, einen CH-CBAM ge­gen­über Dritt­staa­ten ein­zu­füh­ren.

Lö­sun­gen zum Er­halt der Wett­be­werbs­fä­hig­keit

Un­ge­ach­tet der oben auf­ge­führ­ten Punk­te an­er­kennt eco­no­mie­su­is­se, dass emis­si­ons­in­ten­si­ve Schwei­zer Fir­men von den künf­ti­gen Ver­schär­fun­gen des EU EHS (z.B. Ab­schaf­fung der kos­ten­lo­sen Emis­si­ons­rech­te) be­trof­fen sein wer­den. eco­no­mie­su­is­se setzt sich des­halb dafür ein, mit den be­trof­fe­nen Un­ter­neh­men in der Schweiz ge­ziel­te Aus­gleichs­mass­nah­men zur Er­hal­tung derer in­ter­na­tio­na­ler Wett­be­werbs­fä­hig­keit zu er­ar­bei­ten.

Für die Wirt­schaft ist klar, dass die Dekar­bo­ni­sie­rung nur ge­lin­gen kann, wenn Un­ter­neh­men die Emis­sio­nen in ihren Lie­fer­ket­ten ef­fi­zi­ent re­du­zie­ren kön­nen. Der wirk­sams­te Weg dahin führt über eine glo­ba­le CO2-Ab­ga­be bis hin zu einem welt­wei­ten Emis­si­ons­han­del. In­ter­na­tio­nal ver­gleich­ba­re Ab­ga­ben auf Treib­haus­ga­sen ma­chen Kli­ma­z­öl­le ob­so­let.

 

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