Münzen und Glühbirne

Stei­gen­de En­er­gie- und Treib­stoff­prei­se: Was be­deu­tet das für Schwei­zer Haus­hal­te?

Die En­er­gie- und Treib­stoff­prei­se legen welt­weit deut­lich zu, auch in der Schweiz. Kon­su­men­tin­nen und Kon­su­men­ten zah­len im Ver­gleich zum Vor­jahr rund 25 Pro­zent mehr. Nun wer­den ver­mehrt For­de­run­gen nach Sub­ven­tio­nen laut. Doch der Preis­zu­wachs kos­tet den durch­schnitt­li­chen Schwei­zer Haus­halt je nach Ent­wick­lung zwi­schen einem und vier Fran­ken pro Tag. Dies recht­fer­tigt kei­nen ord­nungs­po­li­ti­schen Sün­den­fall.

Alles wird der­zeit teu­rer, be­son­ders aber En­er­gie und Treib­stoff. Am of­fen­sicht­lichs­ten zeigt sich das beim Tan­ken: Ein Liter Die­sel kos­tet rund 40 Rap­pen mehr als noch An­fang Jahr. In­ner­halb eines Jah­res sind in der Schweiz die En­er­gie- und Treib­stoff­prei­se um etwa 25 Pro­zent ge­stie­gen. Dies be­las­tet die Haus­hal­te, was wie­der­um die Po­li­tik auf den Plan ruft. Ver­mehrt wird ge­for­dert, dass für Ent­las­tung ge­sorgt wer­den müsse. An Ideen man­gelt es nicht: Von der Sen­kung der Mi­ne­ral­öl­steu­er über Steu­er­ab­zü­ge wer­den rege For­de­run­gen ge­stellt. Doch was be­deu­tet die Er­hö­hung der En­er­gie- und Treib­stoff­kos­ten kon­kret für die Haus­hal­te?

Vier Fran­ken Mehr­kos­ten pro Haus­halt und Tag im Worst-case-Sze­na­rio

Die Rech­nung ist schnell ge­macht. Die En­er­gie- und Treib­stoff­prei­se sind ge­mäss Lan­des­in­dex der Kon­su­men­ten­prei­se (LIK) des Bun­des­amts für Sta­tis­tik (BFS) von Ja­nu­ar bis April 2022 um 7,1, re­spek­ti­ve 17,4 Pro­zent ge­stie­gen. Da nie­mand weiss, wie sie sich in den nächs­ten Mo­na­ten ent­wi­ckeln wer­den, gehen wir von einem Worst-Case-Sze­na­rio aus. Neh­men wir an, die En­er­gie­prei­se wür­den im sel­ben Mass wie in der jün­ge­ren Ver­gan­gen­heit wei­ter an­stei­gen. Mit einer sol­chen li­nea­ren Ent­wick­lung be­trägt die Teue­rung für En­er­gie- und Treib­stoff im lau­fen­den Jahr 26,2 (En­er­gie) und 67,4 (Treib­stoff) Pro­zent.

Das klingt nach sehr viel. Doch was heisst das in Fran­ken? Dazu neh­men wir die Daten der Haus­halts­bud­get­be­fra­gung (HABE) des Bun­des­amts für Sta­tis­tik zu Hilfe. Ein ty­pi­scher Schwei­zer Haus­halt gab zwi­schen 2015 und 2019 ge­mäss HABE durch­schnitt­lich 122 Fran­ken pro Monat für En­er­gie am Haupt­wohn­sitz und 127 Fran­ken für Treib­stof­fe aus. Aufs Jahr ge­rech­net er­gibt das Kos­ten von 1464 Fran­ken für En­er­gie am Haupt­wohn­sitz und 1524 Fran­ken für Treib­stoff.

Stei­gen die Prei­se nun ge­mäss dem skiz­zier­ten Worst-case-Sze­na­rio, müss­te ein durch­schnitt­li­cher Haus­halt für das Jahr 2022 rund 700 Fran­ken mehr be­zah­len. Wenn die Prei­se 2023 sogar auf die­sem hohen Ni­veau ver­har­ren, wür­den die Mehr­kos­ten auf 1410 Fran­ken stei­gen. Gehen wir nun davon aus, dass die ak­tu­ell hohen Prei­se an­hal­ten, aber nicht mehr wei­ter stei­gen. Dann be­tra­gen die durch­schnitt­li­chen Mehr­aus­ga­ben im Jahr 2022 etwa 310 Fran­ken.

Kurz­um: Falls die Prei­se auf dem heu­ti­gen Ni­veau blei­ben, zah­len die Haus­hal­te im Jah­res­durch­schnitt rund einen Fran­ken mehr pro Tag. Falls sie aber bis Ende Jahr li­ne­ar wei­ter in die Höhe klet­tern – was zur­zeit eher un­wahr­schein­lich zu sein scheint –, fal­len für einen durch­schnitt­li­chen Haus­halt Mehr­kos­ten von rund vier Fran­ken pro Tag an.

Giess­kan­nen­prin­zip: Sub­ven­tio­nen grei­fen am fal­schen Ort

Es lässt sich also fest­hal­ten, dass die ge­stie­ge­nen En­er­gie­prei­se dem durch­schnitt­li­chen Schwei­zer Haus­halt keine we­sent­li­chen Pro­ble­me be­rei­ten. Zwi­schen einem und vier Fran­ken Mehr­aus­ga­ben pro Tag sind zwar un­schön, aber ver­kraft­bar. Sie si­gna­li­sie­ren die Knapp­heit der En­er­gie. Es wäre daher schäd­lich, wenn die Po­li­tik in den Preis­me­cha­nis­mus ein­greift und die Prei­se künst­lich ver­bil­ligt. Dies wäre nicht nur teuer für die Staats­kas­se, son­dern würde auch fal­sche An­rei­ze set­zen. Oder soll der Staat den Por­sche Ca­yenne-Fah­rer oder den Haus­be­sit­zer sub­ven­tio­nie­ren, der bis­her aus Kos­ten­grün­den an einer Öl­hei­zung fest­hält? Von einem Giess­kan­nen­prin­zip pro­fi­tier­ten die Fal­schen: Eine Er­hö­hung der Steu­er­ab­zü­ge auf Fahrt­kos­ten kommt ins­be­son­de­re Viel­fah­re­rin­nen und Viel­fah­rern mit hö­he­ren Ein­kom­men zu­gu­te. Von der Re­duk­ti­on der Mi­ne­ral­öl­steu­er pro­fi­tiert der pen­sio­nier­te SUV-Fah­rer deut­lich mehr als die Pfle­ge­fach­frau, die mit ihrem spar­sa­men Auto zur Nacht­schicht fährt.

Klar sind die En­er­gie­prei­se nicht die ein­zi­gen Prei­se, die der­zeit stei­gen. Und lei­der ist auch klar, dass Haus­hal­te mit einem klei­nen Bud­get stär­ker unter der In­fla­ti­on lei­den, weil neben En­er­gie auch Nah­rungs­mit­tel und Güter des täg­li­chen Be­darfs teu­rer wer­den. Die all­ge­mei­ne In­fla­ti­on macht sich denn auch in der Schweiz be­merk­bar – doch zum Glück viel we­ni­ger laut als in den Nach­bar­staa­ten. Soll­ten aber künf­tig auf­grund einer hö­he­ren In­fla­ti­on arme Haus­hal­te in Be­dräng­nis ge­ra­ten, sind so­zi­al­po­li­ti­sche Mass­nah­men di­rekt bei den Ärms­ten an­zu­set­zen. Die der­zeit im Raum ste­hen­den po­li­ti­schen Vor­stös­se aber sind keine Lö­sung. Das Giess­kan­nen­prin­zip ist die fal­sche Ant­wort.